Zigeuner
Zigeuner und fahrendes Volk genießen einen ambivalenten Ruf: Oft sind sie als Diebe und Kindesentführer verschrien; andererseits sind sie oft erstklassige Unterhaltungskünstler - Musiker, Erzähler und Gaukler. Wenn sie in ein abgelegenes Dorf kommen, ist es oft das Ereignis des Jahres. Und selbst in großen Städten haben sie ihren Platz, sei es durch künstlerische Darbietungen oder Wahrsagerei. Für manchen Helden sind sie es, die ihm eine große Zukunft vorhersagen oder vor Gefahr warnen - und längst nicht alle Zigeuner sind Scharlatane.
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Zigeuner als fahrendes Volk
Die häufigste Erscheinungsform von Zigeunern in der Fantasy ist als Gaukler oder fahrendes Volk. Oft werden die beiden Begriffe auch gleich gesetzt. Kommt der Jahrmarkt in die Stadt, ist es häufig eine Zigeunertruppe - und nur selten sind Zigeuner allein unterwegs. Das dient häufig auch ihrem eigenen Schutz, denn die Wahrnehmung der Zigeuner ist höchst ambivalent.
Einerseits sind es diese Reisenden, die Lockerheit in den langweiligen Alltag bringen: Sie sind Meister der Unterhaltung, sei es Schauspiel, Jonglage, kleinere Zaubertricks, Artistik oder eine andere Art der Bühnenaufführung. Sie werden oft als äußerst lebensfroh dargestellt und genießen das Schöne, wobei sie für Ihre Kunst durchaus hart arbeiten.
Andererseits gelten Zigeuner als Diebe, insbesondere Kinderdiebe. Sie sind fremd, nicht sesshaft und entziehen sich dem, was für viele das normale Leben ist. Dies und ihre Fremdheit machen sie von Beginn an suspekt. Oft wird ihnen Unglück zugeschrieben, da sie wenig Möglichkeiten haben, sich zu wehren und zu einem guten Teil außerhalb des normalen Rechtsraums stehen. Unter Zigeunern gibt es überdies einen hohen Anteil an Wahrsagern, was sie mit dem Okkulten in Verbindung bringt. Aberglaube ist eine Eigenschaft, die Zigeunern oft zugeschrieben wird. Viele schmücken sich mit Amuletten und Talismanen, die sie auch als Schutzamulett verkaufen - seien sie nun echte Magie oder nicht.
Ob Zigeuner gut oder böse sind, hängt stark von der Darstellung ab - wie bei allen anderen Menschengruppen auch. Meist ist ihnen eine gewisse Verschlagenheit und Weltgewandtheit gemein. Diese benötigen sie auch, da sie allzu leicht Ziel oder Opferlamm der ortsansässigen sind und keinen festen Rückzugsort besitzen. Einige Zigeuner sind tatsächlich geschickte Diebe - und lassen wenig Vorsicht walten, da sie ohnehin weiterziehen. Allerdings gilt dies genauso für wandernde Nicht-Zigeuner. Wenn eine Sippe gut von ihrer Schaustellerkunst leben kann, welchen Grund hätte sie, sich illegal in Nöte zu bringen? So kommt es nicht selten zutage, dass die "Entführung" manch junger Maid in Wahrheit eine Flucht war, sei es aus romantisiertem Straßenleben oder zur Vermeidung einer ungewünschten Ehe.
Bekannte Zigeuner
- Kvothe und die Edema Ruh aus der Königsmörder-Chronik: Fahrendes Volk, das mit allen negativen Vorurteilen über Zigeuner bedacht wird, diese aber nicht erfüllt - im Gegensatz zu manchen, der die Vorurteile ausnutzt. Edema Ruh gelten als die größten Geschichtenerzähler.
- Esmeralda: Zigeunerin aus dem Glöckner von Notre Dame, die als Tänzerin besonderer Schönheit arbeitet und ihrer Mutter als Kind gestohlen wurde.
Realer Hintergrund
Zigeuner ist eine Bezeichnung für Menschen, die bestimmten Stereotypen genügen. Einerseits werden als Zigeuner Personen ohne festen Wohnort beschrieben, d. h. Fahrendes Volk oder "Nomaden", die sich von den Normen des Bürgertums absetzten. Das ist genau genommen inkorrekt.
Denn die Bezeichnung trägt eine ethnische Komponente. In Deutschland trifft dies vor allem auf die Gruppe der Sinti und Roma zu und Zigeuner wird nicht zuletzt aufgrund des Nationalsozialismus meist als negativ konnotiert wahrgenommen. Viele Betroffene differenzieren aber durchaus, wie der Begriff verwendet wird. Es existiert eine Romantisierung des Zigeunerdaseins. So ist auch die Bezeichnung "Du alter Zigeuner!" (im Sinne von "Du alter Herumtreiber!") nicht eindeutig positiv oder negativ belegt.
Historisch wurde Zigeunern meist skeptisch-ablehnend bis offen feindselig begegnet. Nicht nur hoben sich die Zigeuener durch Verhalten und Kleidungsstil von dem ab, was in Europa üblich war, ihnen wurde auch unterstellt, generell und ohne Ausnahme aus Dieben, Betrügern und ähnlichem zwielichtigen Gesindel zu bestehen.
Der Begriff Zigeuner wird im offiziellen Sprachgebraucht in Deutschland in aller Regel vermieden und durch genauere ethnische Bezeichnungen ersetzt. Dies ist meist Roma - und wurde 1978 auf dem Welt-Roma-Kongress als Ersatz für Zigeuner festgelegt. Dabei sehen sich nicht alle Mitglieder dieser Bevölkerungsgruppen immer eingeschlossen. Während international Roma dominiert, sehen die meisten deutschen Zigeuner sahen sich lange eher als Sinti, inzwischen ist Sinti und Roma als Begriffspaar etabliert.
Quellen und Verweise
Titelbild von WenPhotos, via Pixabay, CC0
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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