Low Magic
Für manche gehört Magie untrennbar zur Fantasy. In Low Magic Settings ist sie jedoch kaum oder gar nicht vorhanden - und hat gerade daher ihren Preis. Wenn Magie dann doch einmal auftaucht, hat sie meist große Wirkung, sei es wegen ihres Effekts oder weil sie so selten ist. Einig Leser mögen Low Magic Welten, weil diese unserer ähnlicher sind.
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Was ist Low Magic?
Es gibt keine gute oder universal gültige Definition für Low Magic. Das liegt einerseits daran, dass keine absolute Aussage ist, sondern eine Skala zwischen keine Magie und mächtige Magie überall im Alltag. Andererseits dass es verschiedene Merkmale gibt, auf die sich das "Low" beziehen kann.
Diese 3 Merkmale sind:
- Verfügbarkeit und Verbreitung von Magie: Sind Magie und magische Artefakte selten oder allgegenwärtig? Werden magische Gegenstände von Zauberschulen "industriell" produziert? Wie "billig" ist Magie?
- Macht der Magie: Beschränkt sich die Magie auf minimale Effekte wie magisches Licht oder verändert Magie nahezu täglich das Antlitz der Welt, entscheidet Schlachten oder erschafft, was auf andere Art unmöglich wäre?
- Einfluss der Magie und Welt und Gesellschaft: Schafft Magie, was anderweitig unmöglich wäre oder repliziert sie nur, was mit vorhandener Technologie auch problemlos ohne Magie erreicht werden könnte? Ist Magie quasi ein Handwerk, das wie andere erlernt werden kann?
Gerade das dritte Merkmal ist dabei als Hilfsmerkmal zu betrachten, die anderen beiden können auf durchaus unterschiedliche Richtungen laufen. Hier kommt die Wirkung hinzu:
- Allseits verfügbare Magie mit geringen Effekten (z. B. magische brennende Lampen) kann Low Magic sein, auch weil Kerzen oder Fackeln ebenso möglich wären. Allerdings darf es nicht überhand nehmen und nicht alles mit Magie funktionieren.
- Mächtige Magie, die hingegen selten ist, wirkt eher wie Low Magic - wobei weltbewegende Effekte auch hier selten vorkommen und/oder zusäztliche Bedingungen erfordern, da diese als Fremdkörper im Setting wirken.
Der dritte Faktor wird interessant, wenn Magie und Technologie einander vergleichbar sind und in Summe gleich mächtig - nur in Einzelsituationen mal besser und mal schlechter. Auch ein solches Setting wirkt oft wie Low Magic, solange die Magie nicht übermäßig präsent ist. Dies gilt auch für Welten, in denen Magie gewissermaßen nur eine Zutat in komplexeren Dingen ist, z. B. bei Alchemie.
Am Ende kommt viel auf das Gefühl an, das die Welt vermittelt. Bei vielen Werken ist es ziemlich klar, ob sie Low Magic sind oder nicht, aber in den großen Grauzonen geht es vor allem darum, wie es sich anfühlt - und hier unterscheiden sich die Meinungen.
Beispiele
Daher einige Beispiele von Buchreihen und Einzelromanen:
- Conan: Klassische Low Magic und Low Fantasy - Zauberei existiert, ist aber selten; Krieger stehen im Vordergrund.
- Der Herr der Ringe: Der Archetyp für High Fantasy, aber trotzdem Low Magic. Es gibt nur fünf Zauberer, einige mächtige Artefakte, aber nur selten gewirkte Magie und wenn, dann ist sie eher subtil.
- Game of Thrones / Das Lied von Eis und Feuer: Moderne Low Fantasy oder Realistische Fantasy mit Low Magic. Magie existiert in verschiedenen Formen, ist aber selten und hat einen hohen Preis, der sich nicht permanent zahlen ließe.
- Das Schwarze Auge: Eine recht realistische Fantasywelt mit zwar verbreiteter Magie, deren Zugang jedoch eingeschränkt ist; Low Magic.
- Geschichten um König Artus: Magie kommt in fast jeder Nacherzählung vor, mit Merlin, der Lady vom See und Morgan le Fay. Dennoch ist die Magie nur selten greifbar; die Ritter und ihre Fertigkeiten stehen im Zentrum. Questen und die Suche nach dem Gral fallen eher unter göttliche Leitung und es kommt kein magisches Gefühl auf: Low Magic.
Im Kontrast zu diesen ist das Setting von D&D und damit der meisten dieser Romane definitiv High Magic: Magier überall, täglich Zauber ohne weitere Kosten, Artefakte überall und teils sehr mächtig.
Ist Low Magic = Low Fantasy?
Im obigen Beispiel habe ich den Herrn der Ringe als Beispiel für Low Magic erwähnt. Aber bedeutet Low Magic nicht auch Low Fantasy? Keineswegs, auch wenn die beiden eine sehr große Schnittmenge haben: Ein Low Fantasy Roman mit High Magic ist eher schwer vorstellbar; High Fantasy mit Low Magic hingegen problemlos. Der Grund ist einfach: Low Fantasy Welten sind meistens realistischer und enger an unsere Welt angelehnt - und hier finden sich meist keine Feuerbälle.
Der Herr der Ringe ist dabei das beste Beispiel. Wie viele mächtige Magie und wie viele Szenen mit dieser lassen sich im ganzen Buch beobachten? Eher wenige.
Low Magic und Fantasy-Genres
Grundsätzlich kann Low Magic in jedem Fantasy-Genre auftreten. In einigen ist es jedoch besonders verbreitet. Zu diesen gehört erwähnte Low Fantasy, die nur wenige Änderungen gegenüber unserer empirischen Welt zeigt. Historische Fantasy fügt oft eine geringe Prise Magie hinzu und fällt damit ins Raster. Bei Gaslight Fantasy ist dies schon Teil der Definition. Auch Mythen, Mythic Fiction, Fairytale Fantasy und klassische Märchen fallen fast immer in diesen Bereich. Es gibt Magie, aber sie ist nicht sonderlich verbreitet - dennoch akzeptiert jeder den magischen Kochtopf oder das sprechende Tier.
Einzelne auftretende mythische Wesen wie Greifen oder Drachen führen ebenfalls nicht zwangsläufig weg von einem Low Magic Setting - meist sind diese Wesen dann aber näher an Tieren als an durch und durch magischen Wesen.
Geradezu ironisch: Urban Fantasy ist eher selten Low Magic. Denn hier ist die Magie zwar verborgen, aber überaus mächtig. Man kann hier Harry Potter als Beispiel nehmen: In der Zaubererwelt wird so gut wie alles magisch bewirkt. (In der Muggle-Welt hingegen nicht; die Romane spielen aber weit überwiegend in der Zaubererwelt und daher dominiert dieser Eindruck.)
Bei Low Magic hat Magie einen Preis
Ein weiterer Faktor, der Low Magic von High Magic unterscheidet ist der Preis der Magie. In vielen Geschichten kommt die Magie quasi aus dem Nichts. Jemand hat natürliches Talent oder lange studiert - nun kann er zaubern. Manchmal nahezu unbegrenzt, vielleicht nur durch Konzentrationsfähigkeit beschränkt; ein andermal braucht er regelmäßig Erholung. In Rollenspielen wird dies durch tägliche Zauber-Slots oder Magiepunkte dargestellt. Weitere Elemente sind meist nur bei mächtigster Magie nötig.
In manchen Augen wird Magie auf solch kostenlose Art billig und beliebig und verliert von ihrem Flair. In Low Magic Settings fordert die Magie hingegen einen echten Preis und Opfer. Meist ist der Preis für mächtige Magie so groß, dass regelmäßiges Nutzen undenkbar ist. Dies geht über das Verwenden von physischem Reichtum heraus und kann begrenzte oder unersetzbare Ressourcen benötigen, womöglich noch in Konjunktion mit bestimmten Ereignissen (Sonnenfinsternis, Samhain ...) u. ä. Ein Beispiel für Low Fantasy Magie knüpft diese an Lebenskraft. Der Magier kann sein eigenes Leben verkürzen (oder seinen Körper schwächen) - oder Tiere oder gar Menschen opfern, was nicht nur moralisch-ethisch, sondern auch rechtlich fragwürdig ist.
Wissenschaftlich inkliniert könnte man den 1. Satz der Thermodynamik anführen: Die Energie in einem System bleibt konstant; also muss auch die Magie ihre Energie irgendwoher beziehen und kann nicht einfach aus Nichts entstehen. In Low Magic zeigt der Preis der Magie diese Kosten an.
Quellen und Verweise
- Titelbild: Eliphas Levis Pentagram aus: Dogme et Rituel de la Haute Magie (1855), via Wikimedia Commons, Public Domain.
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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