Götter
In unserer realen Welt glauben die Menschen an einen Gott oder Götter. Diesen Glauben findet man auch in vielen Fantasy-Welten. Oft gibt es hier aber einen markanten Unterschied: Götter in Fantasy-Welten sind empirisch nachweisbar. Sie tauchen persönlich auf, wirken durch einen Avatar oder verleihen ihren Dienern (Priester, Paladine ...) Macht. In epischer Fantasy sind oft sie der Auslöser für die Abenteuer der Helden, die für oder gegen das Wirken eines Gottes aktiv werden.
Inhalt
- 1 Bücher
- 2 Was ist ein Gott?
- 3 Die Storytechnische Rolle von Fantasy-Göttern
- 4 Typisch für Fantasy: Göttergruppen (Pantheons)
- 5 Religionsausübung in der Fantasy
- 5.1 Henotheismus: ein einziger Gott
- 5.2 Organisierte Religion
- 5.3 Diener der Göttern
- 6 Götter und Sterbliche
- 6.1 Halbgötter
- 6.2 Zum Gott werden
- 6.3 Götter töten
- 7 Bekannte Götter-Gruppen
- 8 Götter und Dämonen
- 9 Quellen und Verweise
Bücher
Was ist ein Gott?
Götter sind immer mit Religion verbunden und dort die verehrten Wesen. Schon in der realen Welt gibt es sehr viele Ausprägungen von Göttern: den zentralen oder einzigen Gott einer Religion, die Haupt- und Nebengötter eines Pantheons, Volks- und Stammesgötter bis hin zu der lokal sehr beschränkten Gottheit eines Flusses, eines Hains oder eines einzelnen Baumes. Was als Gott gilt oder "nur" als mächtiger oder weniger mächtiger Geist, variiert stark.
Man kann es sich recht einfach machen: Ein Gott ist, was in der Geschichte als Gott bezeichnet wird. Denn in vielen Fantasy-Geschichten werden die Götter genau so als Bestandteil der Welt etabliert. Aktiver Gottes-Dienst kommt vergleichsweise selten vor. Versucht man es über reale Werke, könnte man bei der Bibel landen - aber die Selbstdefinition des christlichen Gottes ist wenig erhellend: Ich bin, der ich bin [2. Mose, 3:14]). Und vielleicht ist genau dies der wichtige Punkt: Glaube.
In Fantasy-Welten sind die Götter jedoch oft physisch präsent oder greifen aktiv und beweisbar in die Geschicke der Welt ein. Daher zweifeln Fantasy-Figuren selten an Göttern - eher will sich jemand selbst zum Gott machen oder es gilt, einen Gott unschädlich zu machen. Oder zumindest seine Machenschaften zu vereiteln, denn die Götter der Fantasy sind nicht allmächtig und auf irgendeine Art eingeschränkt. Darin ähneln sie stark den Pantheons früherer Zeiten. Fantasy-Götter haben übermenschliche Kräfte, meist auch weit über Magier und Ähnliches hinaus. Diese Kräfte sind eher selten universell, sondern beziehen sich meistens auf ganz bestimmte Bereiche für die diese Gottheit "zuständig" ist. Durch diese Zuständigkeit, die Domäne der Gottheit, werden auch ihre Fähigkeiten definiert - und häufig auch ihr Charakter. (Wobei es durchaus aufbrausende als auch besonnene Kriegsgötter geben kann, man denke nur an Ares und Athene.) Allmächtige Götter sind selten und kommen fast nur in einer Form vor in dem sich dieser Gott nicht (mehr) in die Belange der Welt einmischt.
Die Storytechnische Rolle von Fantasy-Göttern
Im Sinne einer spannenden Handlung wären solche allmächtigen Götter auch vollkommen unbrauchbar. Wozu braucht es Helden, wenn der Gott alles selbst lösen könnte - er ist doch allmächtig!? Und wie könnten zwei Götter in Streit geraten ... die beide allmächtig sind? Das funktioniert einfach nicht. (Man kann hier das Theodizee-Problem vergleichend anlegen.)
In einer sehr einfachen Form des Konflikts stehen gute Götter gegen böse Götter (oder [Erz-] Dämonen). Die bösen Götter wollen die Welt vernichten oder unter ihre Herrschaft bringen - was für die Schöpfung negative Auswirkungen hatte. Die Protagonisten agieren im Auftrag (direkt oder indirekt) für die Götter, in diesem Fall in einem sehr geradlinigen Konflikt.
Mitunter treten auch einzelne Götter auf, um ihre Agenda voranzutreiben. Diese kann ein ernsthafter Machtkampf zwischen Göttern sein, eine Meinungsverschiedenheit, was passieren sollte, oder etwas so simples wie eine Wette zur Zerstreuung. Aufgrund von Regeln oder göttlichen Gesetzen ist es den Göttern nicht möglich, selbst gegeneinander zu kämpfen. Stattdessen wirken sie über Sterbliche - sei es durch dezente Manipulation oder direkte Beauftragung.
Gelegentlich sehen Götter die Sterblichen auch als interessante "Spielfigur". Mancher Held ist gar Liebling der Götter und wird von diesen aktiv unterstützt - oder zu immer neuen Aufträgen ausgesandt.
Insgesamt können Götter so eine Vielzahl von Funktionen erfüllen von Helfern über Auftraggebern bis hin zu Feinden, entweder direkt oder im Hintergrund.
Typisch für Fantasy: Göttergruppen (Pantheons)
Neben einem klaren Gut-Gegen-Böse in göttlicher Form füllen viele Autoren ihre Welt mit mehr Göttern. Gibt es nicht nur zwei Parteien, kommt es meist zu Grautönen. Die Götter bilden ein ganzes Pantheon und einzelne verkörpern Aspekte der Welt (s. u.) mitsamt allen guten und schlechten Dingen, Eigenschaften und Verhaltensweisen, oft gemischt in derselben Gottheit. Derartige Göttersysteme orientieren sich fast immer an bekannten Mythologien wie der griechisch-römischen oder nordischen.
Unter allen realen Glaubensarten gibt es vermutlich keine, die nicht dem einen oder anderen Autor als Inspiration für seine Fantasywelt dienten - nah am Original oder mit stärkeren Twists. Dabei vermischen Autoren häufig Mythologien oder interpretieren eine "interessante", fremde Religion unbeabsichtigt falsch durch ihre eigene kulturelle Sicht.
Je nach Autor variiert die Rolle der Götter in der Fantasywelt sehr stark von aktiven Auftraggebern (die selbst nicht direkt eingreifen dürfen) oder Verursachern der Probleme bis hin zu Helfern oder nicht direkt in Erscheinung tretendem Hintergrund. Gänzlich passive Götter, an die nur geglaubt wird und deren Wirkung auf die Welt allenfalls implizit und Spekulation ist (aber auch Zufall sein könnte) sind vergleichsweise selten.
Meistens gibt es in Fantasy viele Götter und oft bilden diese ein oder mehrere Pantheons. Diese Göttergruppen gehören zusammen, haben aber individuelle Ziele und Ansichten. Dementsprechend gibt es auch innerhalb eines solchen Pantheons Streit. Außerdem können Götter wie die nordischen Asen oder die griechischen Olympier sein: nicht allmächtig und allzu oft sehr menschlich. Und bisweilen extreme Arschlöcher, die außer ihrem eigenen Ego nichts interessiert ...
Als Variante existieren in einer Fantasy-Welt mehrere Göttergeschlechter verschiedener Völker, Rassen oder Kulturen. Vielleicht gibt es unter ihnen Entsprechungen oder sogar die gleiche Entität unter anderem Namen. Möglicherweise bekriegen sich die Pantheons aber auch oder verfolgen einander entgegengesetzte Ziele.
Vergleichsweise selten treten in der Fantasy monotheistische Götter auf, die in der Regel an Christentum oder Islam angelegt sind. Meist sind dies die Götter eines kleinen oder entfernten Volkes und schon deutlich seltener ein Staats-Gott oder eine in kirchenähnliche Strukturen gegossene völkerübergreifende Religion. Noch seltener als Monotheismus ist (aktiver) Atheismus - gerade bei Göttern, deren Avatare (physische Verkörperungen) aktiven Einfluss nehmen.
Etwas häufiger tauchen Nicht-Götter eines Deismus-Kults (Gott in allen Dingen) oder der schamanistische Glaube an Naturgeister auf. Manchmal gelten auch diese Geister als Götter. Oft werden sie aber deutlich vom Wirken "echter" Götter abgegrenzt - sowohl von ihren Vertretern als auch den Priestern der Götter.
Religionsausübung in der Fantasy
Dass Monotheismus selten ist und Pantheons sehr häufig vorkommen, wurde bereits erwähnt. Noch eine in der Realität seltene Eigenart zeichnet Fantasy-Götter und ihre Gefolgsleute aus: Henotheismus.
Henotheismus: ein einziger Gott
In realen Religionen mit einem Pantheon folgen Menschen typischerweise allen diesen Gottheiten. Sie fühlen sich einer Gottheit vielleicht besonders verbunden, aber dienen ihr nicht exklusiv, sondern wenden sich an die jeweils "zuständige" Gottheit. So wird auch ein Schmied (der sich besonders dem Gott des Handwerks verbunden fühlt) vor einer Hochzeit der Göttin der Ehe opfern. Vor einem Gerichtsprozess ruft er den Gott der Gerechtigkeit an.
Fantasy-Figuren hingegen verschwören sich meist exklusiv einer einzigen Gottheit: Der Dieb dient dem Gott der Diebe und nur diesem; er allein ist sein Schutzpatron. Immer ist er es, der um Beistand angefleht wird - die anderen Götter rücken (fast) vollständig in den Hintergrund, wenngleich ihre Göttlichkeit durchaus akzeptiert wird. Sie werden jedoch nicht um Beistand gebeten, selbst wenn ein Problem offensichtlich ihre Domäne wäre.
Organisierte Religion
Religion in Fantasy ist oft antik angehaucht. Kirchen, Moscheen etc. trifft man selten - was auch am allgemeinen Fehlen monotheistischer Religionen liegt. Aber selbst Kultstätten, die ins europäische Mittelalter passen würden, sind eher unüblich.
Viel häufiger trifft man auf Tempel und Schreine. In druidischen Religionen können dies auch Steinkreise sein - insgesamt also weit ältere Formen, als man es von vielen mittelalter-äquivalenten Settings erwarten dürfte.
Großangelegte Rituale, insbesondere mit Sternenkonstellationen oder anderen astronomischen Phänomenen spielen häufig wiederum eine größere Rolle. Oft sind sie direkt mit der erhöhten Macht bestimmter Gottheiten verbunden.
Diener der Göttern
Meist sind Priester und Geweihte Helfer der Helden oder stehen diesen im Weg. Auch als Feinde tauchen Götterdiener auf. Bei Feinden anderer, fremder Götter sind Bezeichnungen wie Götzendiener oder Kultisten häufig; innerhalb des gleichen Pantheons wird neutraler auf Priester oder Diener des XXX zurückgegriffen.
Gelegentlich schließen sich einige dieser Gottesdiener auch Heldengruppen an oder sind sogar die Hauptfiguren. Fast immer hat dies mit einem direkten göttlichen Auftrag zu tun. In Urban Fantasy treten so auch Inquisitoren auf. In "klassischer" Fantasy und Rollenspielen trifft man hingegen öfter auf die Figur des Paladins: ein Krieger, der von einer Gottheit besonders ausgewählt wurde und möglicherweise auch zusätzliche Kräfte ihrer Gottheit nutzen kann.
Jene Kräfte werden selten mit Magie gleichgesetzt. Die meisten Fantasy-Welten machen einen starken Unterschied zwischen Zauberern und "Wunderwirkern". Mitunter differenzieren sie sogar zwischen den genutzten Energien. In Aventurien (Das Schwarze Auge) gibt es so zum Beispiel die Astralenergie der Magier und die Karmaenergie der Geweihten. Eine Überschneidung existiert bei den Spielarten, die sowohl als Religion oder auch als Magie interpretiert werden können, wie bei Druiden und Schamanen.
Götter und Sterbliche
Das Verhältnis zwischen Menschen (sowie anderen sterblichen Rassen) und Göttern ist dabei sehr unterschiedlich. Im Vergleich zur realen Historie sind die Götter einer Fantasywelt den Menschen meist näher. Orakel, Priester, Geweihte, Paladine können auf die für sie und andere sichtbare Unterstützung ihrer Gottheit hoffen. Das kann Rat sein oder die Fähigkeit, Wunder zu wirken.
Bisweilen finden Götter und Göttinnen auch derart Gefallen an Sterblichen, dass sie diese verführen - Halbgötter sind das Resultat. Dies sind meist große Helden oder Schurken, die in ihrer Macht zwischen Gott und Mensch stehen. Auch ohne diese Verbindung erwählen sich viele Götter einen Auserwählten - oft besonders devote oder dem Ideal des Gottes folgende Menschen.
Manche Götter wandeln offen unter Sterblichen und geben sich keine Mühe, sich zu verbergen. Einige Götter verlangen den Respekt, der ihnen (zumindest ihrer Meinung nach) zusteht. Andere genießen es, heimlich unter den Sterblichen zu wandeln.
Was für Menschen gesagt wurde, gilt gleichfalls für andere Rassen. Mitunter haben diese eine spezifische Gottheit, die ihr Volk erschufen und besonders verehrt wird. Teils sind ihre Gottheiten aber auch andere Aspekte der gleichen Gottheiten, die auch andere Rassen verehren. Dies kann auch zusammenfallen, wie z. B. die allgemeine Schmiedegottheit gleichzeitig der Schöpfer der Zwerge sein kann.
Halbgötter
Schaut man in diverse Mythologien, so trifft man dort auf Halbgötter, Söhne und Töchter (meist) eines Gottes und einer Sterblichen. Diese Sterblichen sind meist große Krieger, Helden oder durch andere Gottesgaben bedacht.
Aus der germanischen Mythologie kennt man Wieland den Schmied, aus der keltischen Mythologie Cú Chulainn und Taliesin. Die meisten im Westen bekannten halbgöttlichen Helden stammen jedoch aus der griechisch-römischen Tradition: Achilles, Aeneas, Asklepios, Perseus, Proteus ...
Generell erfahren sowohl in Mythologie wie auch Fantasy Halbgötter nicht die gleiche Verehrung wie ein Gott. Dennoch genießen sie oft einen besonderen Status - und Erwartungen an sie.
Mitunter werden Halbgötter nach ihrem sterblichen Leben zu vollen Göttern gemacht - durch Menschen oder ihre "Familie". Wie sie von dieser behandelt werden, ist sehr unterschiedlich. Manchen ist ihr Nachwuchs im Wesentlichen egal und erst große Taten machen auf ihn aufmerksam. Andere Gottheiten sorgen sich um ihren Nachwuchs und wünschen ihnen ein gutes Leben, warnen sie oder stehen ihnen bei Bedarf bei. Wiederum andere sind den Halbgöttern eher feindlich gesinnt - insbesondere wenn sie durch die Untreue ihres Partners entstanden.
Die abrahamische Tradition bzw. altisrealische Mythologie kennt zudem die Nephilim, Mischwesen von göttlichen Wesen und Menschenfrauen, größer und stärker als Menschen. Sie galten als Riesen und Helden der Vorzeit. (Vgl. 1 Mos 6,4 und 4 Mos 13,32-33). In der Fantasy werden diese Nephilim sehr unterschiedlich dargestellt, von gefallenen Engeln oder Dämonen bis hin zu wertvollen Helfern der guten Helden oder Streitern für Gott in ihrer eigenen Person.
Im Endeffekt stehen Halbgötter somit zwischen Sterblichen und echten Göttern, verfügen meist über besondere Kräfte und können diese sowohl zum Guten als auch Schlechten nutzen. Ihre Charakterzüge gehen über die gesamte Bandbreite des Menschlichen.
Zum Gott werden
Eine recht verbreitete Fantasy-Handlung wird dadurch ausgelöst, dass jemand versucht, selbst zum Gott zu werden. Nicht nur gottgleich; ein Gott. Die Fantasy kennt verschiedene Wege und fast immer ist es der Schurke, der einen dunklen Plan verfolgt um so (relative) Unsterblichkeit und Macht zu erlangen. Zum Gott zu werden ist nicht simpel und so sind die notwendigen Mittel drastisch. Besondere Sternenkonstellationen oder besondere Zeiten (Halloween, Neujahr), Menschenopfer, verbotene Taten und dergleichen mehr gehören dazu. Häufig kommen mehrere dieser Bedingungen in einem komplexen Ritual zusammen.
Eine weniger sinistre Alternative ist eine Belohnung, vor allem für Halbgötter, die für ihre Taten schließlich zum Gott erhoben werden wie etwa der mythische Herakles (Halbgott) oder der Heiler Asklepios (Sterblicher). Hier entscheiden bereits andere Götter, den Sterblichen zu ihresgleichen zu machen - mitunter auch aus anderen, eigennützigen Motiven. Manchmal ist die Stelle eines Gottes auch vakant und ein ehemaliger Sterblicher kann diese füllen und somit zum Gott werden. Dazu muss er meist die Eigenschaften verkörpern, für die diese Gottheit traditionell steht.
In einigen Fantasy-Settings hält nur mangelnde Macht einen Sterblichen ab, diesen Platz selbst vakant zu machen und anschließend zu besetzen. Denn mitunter gilt: Tötest du einen Gott, nimmst du seinen Platz ein. Andere Welten stellen auf den Glauben ab: Götter entstehen dadurch, dass genügend Sterbliche an sie glauben. Mehr Gläubige bedeutet größere Macht; und ausreichend Macht kann es erlauben, zum Gott zu werden. Umgekehrt kann ein Gott fallen, der seine Gläubigen verliert - oder auf einzelne Aspekte zurückgedrängt werden. Sterbliche, die zu Göttern werden, sind selten allmächtige Götter; in der Regel sind sie Götter bestimmter Bereiche und auf diese eingeschränkt. Dies ist auch handlungstechnisch relevant: Götter, die alles können, würden Helden unnötig machen - und als Antagonisten chancenlos.
Götter töten
Einen Gott zu töten ist in etwa genauso schwer, wie zum Gott zu werden - wehrt sich der Gott ist es mitunter sogar schwerer. Warum sollte man dies tun? In manchen Welten muss es bestimmte Götter geben und wem der Deizid gelingt, nimmt automatisch dessen Position ein. Möglicherweise will ein anderer Gott auch nur einen Konkurrenten aus dem Weg räumen und seine Domäne gleich mit übernehmen. So ermordete der ägyptische Seth seinen Bruder Osiris - der allerdings wiederbelebt wurde. Manchmal ist ein echter, endgültiger Tod von Göttern nicht möglich. Sie werden dann in ein spezielles Gefängnis geworfen, einen Schlaf versetzt oder anderweitig handlungsunfähig gemacht. Dies ist dann zwar kein "Tod" aber sehr nahe an dem, was dieser bedeuten würde. Dennoch existieren die Betroffenen weiter und können womöglich zurückkehren.
Wie bei der Gottwerdung spielen besondere Zeiten, Rituale oder (göttliche) Waffen spielen oft eine Rolle, wenn es darum geht, einen Gott zu töten. Dabei sollte deutlich unterschieden werden zwischen dem Gott an sich und insgesamt, und "nur" einem Avatar, einer physischen Form der Gottheit. Jene kann meist einfacher getötet werden. Einfacher bedeutet jedoch selten einfach - eine gewisse Macht ist erforderlich und dies ist ein Grund, weshalb Götter oft Halbgötter fürchten. Wird ein Avatar zerstört, wird häufig nur ihre Essenz verstreut. Das schwächt die Gottheit zeitweilig, aber sie bleibt bestehen und braucht vermutlich nur Zeit, sich zu erholen. Selbst wenn ein Gott "wirklich" getötet wird, bedeutet dies mitunter nur, dass er in dieser Form zu existieren aufhört. Möglicherweise kehrt er nach einiger Zeit aber als anderer Aspekt seiner selbst zurück.
Was genau der Tod eines Gottes bedeutet, wird sehr unterschiedlich beschrieben und hängt auch davon ab, was genau ein Gott ist; ob es einen gibt, eine Handvoll oder sehr viele. In einigen Romanen und Mythologien gibt es eine sehr große Zahl geringer Götter, die nicht für allumfassende Konzepte wie Krieg, Magie oder Gerechtigkeit stehen. Sie sind eher im Bereich von individuellen Hausgöttern, was in der Fantasy eher in den Bereich von Schutzgeistern fällt.
Solche Wesen sind weniger mächtig als allumfassende Gottheiten und sterben dementsprechend auch eher - der Hausgott womöglich mit der Zerstörung seines Hauses, das ihm überhaupt erst einen Daseinsgrund gab. Ähnlich können auch andere Götter langsam verblassen: Verschwindet das, wofür sie stehen, schwindet erst ihre Macht und dann sie selbst. Es gibt keinen Platz mehr für sie.
Modernere Werke, insbesondere Urban Fantasy, folgen hier oft der Logik, dass die Macht einer Gottheit aus ihren Gläubigen kommt. Glaubt keiner mehr, ist der Gott machtlos und stirbt. Dementsprechend ist es möglich, einen Gott zu töten, indem man die Sterblichen davon abbringt, an diesen Gott zu glauben, ihm Opfer und Hingebung nimmt. Ist ein Gott schließlich vergessen, ist er wirklich tot - bis vielleicht sein Name in Ruinen entdeckt wird und er wiederaufersteht. In klassischen Fantasy-Welten ist dieser Ansatz eher selten und die Götter verfügen über eigene, aktive Macht.
In klassischer Mythologie ist es hingegen viel seltener, dass Götter sterben können oder überhaupt verwundbar sind. (Das ist gesellschaftlich auch dadurch zu erklären, dass die gesamte, reale Kultur eine ziemliche Disruption erfahren würde, denn immerhin galten die Götter in der Antike als Tatsache und wahren wichtiger Teil des gesellschaftlichen Lebens.) Der Titan Kronos, beispielsweise, konnte nicht sterben. Stattdessen wurde er in Stücke gehackt und in den Tartaros geworfen, wo er bis heute verweilt.
Sterben Götter innerhalb verschiedener Mythologien, so sind fast immer andere Gotteskräfte beteiligt - und "Tod" bedeutet hier mitunter etwas anderes als bei Sterblichen.
Bekannte Götter-Gruppen
Wie in der Mythologie herrschen in der Fantasy Götter mit Fehlern vor. Sie sind keine unfehlbaren, allmächtigen und allwissenden Wesen, sondern eher menschlich - mit allem was dazugehört, insbesondere den Fehlern.
Vorlagen für Fantasy-Götter sind meist diverse Mythologien und Religionen. Manche von ihnen tauchen nahezu unverändert als Fantasy-Variante auf, vielleicht mit einem leichten Twist. Andere sind neu und modern interpretiert, haben sich vielleicht sogar dem modernen Leben angepasst. Wieder andere sind eine Mischung verschiedener Gottheiten. Viele Autoren verdrehen ihre Vorlage zudem, manchmal absichtlich, manchmal aus Unkenntnis oder durch andere Vorprägung: Weder Anubis noch Kali noch Loki oder Hades waren ursprünglich böse. In Reinterpretationen müssen sie aber häufig als zweifelsfreier Bösewicht herhalten. Wie bei diesen fokussieren Autoren sich häufig auf einen einzigen Aspekt der Gottheit. Nach und nach wird der ursprüngliche Charakter einer Gottheit durch die Verarbeitung in der populären Kultur so nachhaltig verändert.
Dies sieht man auch an kleineren Göttern, die es in der Antike für nahezu alles gab. Flussgottheiten (Nymphen), Baumgöttinnen (Dryaden), Satyrn und ähnliche werden in der Fantasy kaum als Götter dargestellt. Sie sind vielmehr "natürliche" Wesen oder Rassen, die allenfalls eine Nähe zu bestimmten Gottheiten haben.
Einige der bekannteren und (in der westlichen Literatur) häufig verwendeten Göttergruppen:
Funktionen von Göttern
Nicht immer übernehmen Fantasy-Autoren bekannte Göttergruppen; oft erschaffen sie für ihre Welten eigene Götter. Dabei lehnen sie sich meist an Bekanntes an und orientieren sich an bekannten Göttern. Diese stehen meist für bestimmte Dinge, ihre Domänen.
Dies sind in der Regel Dinge, Tätigkeiten und Ereignisse, welche Menschen oder Rassen in ihrem Leben fortlaufend Beschäftigen und durch die Götter verkörpert oder repräsentiert werden. Dabei treten Götter, die mit Helden und Abenteuern in Verbindung stehen in Erzählungen naturgemäß häufiger auf, als die Götter von Berufsgruppen und Lebensaspekten, die in den Romanen keine Rolle spielen. Eine Göttin der Weberinnen ist für den durchschnittlichen Fantasyroman einfach nicht relevant - es sei denn, sie ist gleichzeitig die Schicksalsweberin. Gelegentlich werden solche Götter der allgemeinen Bevölkerung nebenbei erwähnt.
Gott oder Göttin? Das richtet sich meist danach, wer die entsprechende Gottheit verehrt und ob sie mit männlichen oder weiblichen Eigenschaften und Tätigkeiten in Verbindung gebracht wird. Gottheiten der Fruchtbarkeit sind meist weiblich; reine Kriegsgötter männlich. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen. Sie stellen oft andere Facetten oder Aspekte des Konzepts dar. Gelegentlich gibt es auch einen männlichen und einen weiblichen Part für die gleiche generelle "Funktion" oder eine Zwittergottheit.
Öfter, als dass es für alles eine eigene Gottheit gibt, erfüllen manche Gottheiten mehrere Funktionen mit gewissem Zusammenhang (z. B. Krieg, Rache und Zerstörung aber auch Krieg und Gerechtigkeit; oder Licht/Sonne und Heilung). Für das Erzählen einer Geschichte hält dies das Personal klein und übersichtlich. Historisch kennt man dies ebenfalls und ruft verschiedene Aspekte eines Gottes an. Diese Götter nahmen über die Zeit unterschiedliche Aspekte an, auch durch die Kultur, die sie verehrte und Assimilation anderer Völker.
In einigen Gottheiten findet man auch gegensätzliche Aspekte: Persephone war eine Totengöttin UND Fruchtbarkeitsgöttin. Dies ist letztlich aber kein Widerspruch, sondern eher ein Bild der Balance und göttlichen Ordnung (hier insbes. Jahreszeitenzyklus). In diesem Sinne kann ein Gott der Heilung als düsterer Aspekt auch der Gott der Seuchen sein, gleichzeitig Patron der Apotheker und der Herr der Gifte. In solchen kombinierten Funktionen entsteht eher der Eindruck von Balance und Ausgeglichenheit; bei einzelnen Funktionen spalten sich Götter meist in Gut und Böse - oder Götter und Dämonen (s. u.).
Einige Göttertypen mit tauchen besonders häufig auf und haben meist ähnliche generelle Charakterzüge. Dabei gibt es immer wieder Abweichungen und Twists, die einem Gott beispielsweise ins Böse oder Gute verkehren. Die Liste ist keineswegs abschließend, aber einige der häufigsten Gottheiten mit Beispielen:
- Kriegsgott: Ihn gibt es in zwei Ausprägungen; einerseits als brutalen Gott des Kampfes und des schrecklichen Krieges (z. B. der griechische Ares), andererseits mit strategischer Weisheit (z. B. griechische Athene) oder Gerechtigkeit (z. B. nordischer Tyr).
- Magiegöttin: Da Magie in der Fantasy kaum wegzudenken ist, hat sie meist ihre eigene Gottheit - oder Gottheiten. Doppelt oft als Gott des Wissens und der Gelehrten und hat eine leichte Tendenz zu relativer Neutralität. Gelegentlich gibt es zwei Magiegötter - einen der lichten und einen der dunklen, verbotenen Magie. Besonders bekannte ist die griechische Hekate, die auch im Neopaganismus eine größere Rolle spielt.
- Rachegott: Zwischen Aspekten von Krieg und Gerechtigkeit ist dieser Gott je nach Ausprägung die Verkörperung rein zerstörerischer Rache oder der gerechten Strafe. Häufig ist eine solche Gottheit auch ein anderer Aspekt. (Bsp.: Alekto, Megaira, Tisiphone - die griechisch-römischen Furien oder Erinnyen)
- Gott eines Berufs: Nahezu jeder Berufsstand hat einen eigenen Gott, wie eben auch der Kriegsgott der Krieger. Häufiger als andere tauchen eine Göttin der Heiler oder ein Gott der Gelehrten auf.
- Gott einer Eigenschaft: Mut, Ehre, Gerechtigkeit - auch Konzepte und Eigenschaften haben häufig ihren eigenen Gott. Häufig werden sie mit einer Gottheit verbunden, bei der diese Eigenschaft wichtig ist, etwa Mut oder Kraft für eine Kriegsgöttin.
- Schöpfergott / Gott einer Rasse: Ein Demiurg (wörtlich "Handwerker") als Schöpfer des gesamten Kosmos oder auch "nur" der Welt steht häufig über den aktiv tätigen Göttern oder wurde von anderen vertrieben. Schöpfergötter einzelner Rassen stehen unter diesem. (Bsp: die Valar aus Mittelerde)
- Totengott: Toten- oder Todesgötter herrschen über das (meist düstere) Reich des Todes und kommen selten gut weg. In der Fantasy sind sie häufig böse und oft auch Götter der Untoten. Nahezu ebenso häufig sind sie jedoch neutral. In diesem Fall sind sie eher auf Balance und natürliche Ordnung fokussiert und lehnen Untote ab. Bisweilen sind sie auch Totenrichter. Oft gehören zu ihrer Domäne auch Krankheit und Verfall und ähnliche natürlich-zerstörerische Aspekte. Insgesamt sind Todesgötter in der Fantasy wie Realität sehr ambivalent und ihre Darstellung unterscheidet sich - was durchaus der Historie entspricht in der Götter verschiedene wohlwollende bis feindselige Aspekte besaßen. [Kasten: Schon gewusst?: Unter allen olympischen Göttern ist der Totengott Hades so ziemlich der umgänglichste und gerechteste, der nie mit Sterblichen herumspielte. Und die Hindu-Göttin Kali ist neben ihren düsteren Aspekten auch Beschützerin der Menschheit gegen Dämonen.]
- Verkörperungen einer Naturkraft oder -erscheinung: Seien es Elemente, ein bestimmter Wind, ein lokaler Fluss - gerade mit antiker oder pantheistischer Prägung haben selbst kleinste Flüsse meist einen eigenen Gott. Die Griechen kannten so unzählige Söhne und Töchter der größeren Götter. Weit häufiger ist ein Gott oder eine Göttin für ein größeres Konzept zuständig; individuelle Ausprägungen werden seinen oder ihren Kindern zugeschrieben.
In seltenen monotheistischen Settings übernehmen oft Engel oder andere mächtige Wesen ähnliche Funktionen.
Götter und Dämonen
Des einen Freiheitskämpfer, des anderen Terrorist - des einen Gott, des anderen Dämon. Blickt man auf Götter und Dämonen, unterscheidet diese oft wenig, außer dass sie in gegensätzlichen Lagern stehen. Mitunter hat jeder Gott eine dämonische Entsprechung, die all die guten Eigenschaften des Gottes in ihr Bösestes verkehrt, sei es durch Gegensatz oder Übertreibung. Solche Mythologien beschreiben Götter und Dämonen als Feinde. Andere Mythologien kennen eine solche Unterscheidung nicht. Bei ihnen sind auch die bösen Eigenschaften Teil der Götter - aller oder einiger.
Ursprünglich bezeichnete das griechische Agathos Daimon auch schlicht eine wohlwollende Gottheit (die unter anderem mit Zeus gleichgesetzt wird) oder in der wörtlicheren Übersetzung einen guten Geist. Ein daimon hingegen ist etwas, das weder Gott noch Mensch ist und zwischen diesen steht, oft als Vermittler. Der persönliche daimon eines Menschen ist hingegen die Personifikation seines Schicksals. Erst unter dem Einfluss des Christentums wurden Dämonen zu teuflischen, bösen Wesen (siehe dazu auch Dämonen).
Quellen und Verweise
- Bild Olympier und Titelbild (provisorisch): Das Konzil der Götter, Fresko von Raphael in der Villa Farnesina (Rom), via Wikimedia Commons, Public Domain.
- Bild Aesir aus Karl Gjellerup Den ældre Eddas Gudesange (S. 185). Darstellung zum Lokasenna aus der Poetischen Edda; von Lorenz Frölich, via Wikimedia Commons, Public Domain.
- Bild Hinduismus: Shiva mit Gefolge, unbekannter Künstler (19. Jahrhundert), aus dem Museum of Fine Arts Boston, via Wikimedia Commons, Public Domain.
- Bild Shinto: Die Sonnengöttin Amaterasu tritt aus der Höhle, Bild von Utagawa Kunisada (1856), via Wikimedia Commons, gemeinfrei.
- Bild Indianische Götter (Inka/Maya/Azteken): Seite 22 aus dem Codex Borbonicus mit Quetzalcoatl und Tezcatlipoca im Zentrum, unbekannter Autor, heute in der Bibliothèque de l'Assemblée Nationale in Paris, via Wikimedia Commons, gemeinfrei.
- Keltisch Götter: Relief des "Gehörnten Gottes" Cernunnos auf dem Pilier des Nautes im Musée National du Moyen Age in Thermes de Clumy, Foto von Clio20, via Wikimedia Commons, CC-BY-SA-3.0.
- Ägyptische Götter: Darstellung der Mondphasen m. vsch. Göttern - Deckenrelief im Tempel von Dendera, Ägypten, von Olaf Tausch via Wikimedia Commons, CC-BY-3.0.
- Babylon: Marduk und Tiamat oder Anzu und Ninurta (unklar), Gravur basierend auf einem Basrelief in Monuments of Nineveh, Second Series' plate 5, London, J. Murray, 1853, Relief heute [2022] im British Museum, vgl. Informationen auf OMNIKA (englischsprachig), via Wikimedia Commons, Public Domain.
- Monotheism: Symbole der Abrahamischen Religionen Judentum, Christentum und Islam, Bild von Szczepan1990 via Wikimedia Commons, Public Domain
- Loa: Veve (Symbol) für den Vodoo-Loa Baron Samedi, von chris via Wikimedia Commons, Public Domain.
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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