Fantasy Horror
Fantasy Horror verbindet das Horror-Genre mit Fantasy-Elementen. Wie beim allgemeinen Horror steht das Gruseln und sich Erschrecken im Vordergrund: die Angst. Die Fantasy steuert übernatürliche Elemente bei. Oft trifft man hier auf Dämonen, Zombies, Untote, Werwölfe und Vampire in monströser Form, die Menschen nur als Beute sehen. Magie ist meist düster, erfordert Menschenopfer. Psychologischer Horror wird hier oft wahrhaftige Realität - und Helden sind rar oder den dunklen Mächten zumindest auf lange Sicht unterlegen.
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Fantasy Horror ist eine Gattung, die sich kaum eindeutig beschreiben lässt. Mehr als absolute Aussagen ist hier eine Skala sinnvoll, die langsam in andere Genres übergeht. Gelegentlich wird Fantasy Horror gleichbedeutend benutzt mit Dark Fantasy und gerade hier gibt es Überschneidungen, die sich oft nur geringfügig im Ton unterschieden. Es bleibt auch ein gewisses Maß subjektiver Einschätzung.
Aus meiner Sicht zentral bei der Einordnung zur Gattung Fantasy Horror ist dabei der Aspekt des Schreckens. Im Gegensatz zu Dark Fantasy steht der Schrecken für Figuren für Leser beim Horror im Zentrum. Es geht nicht in erster Linie darum, böse Mächte zu besiegen, sondern sich von diesen gruseln zu lassen.
Selbstredend muss bei Fantasy Horror auch ein Übernatürliches, fantastisches Element zentral sein und nicht der rein menschliche Serienmörder mit Kettensäge, so schauerlich dies auch sein kann.
Fantasy Horror und anderer Horror
Jene fantastischen Aspekte bilden die Abgrenzung zu normalem Horror. Gänzlich real denkbare Elemente dieser Welt sind geeignet, Angst und Furcht zu erzeugen; dazu benötigt man weder Übernatürliches, noch Magie oder widernatürliche Monstren. Auch die für Horror charakteristische Spannung ist nicht auf diese Elemente angewiesen.
Zu ihrer Erzeugung gibt es verschiedene Möglichkeiten, die wiederum unterschiedliche Spielarten des Horrors darstellen: Horror rein durch bedrohliche Spannung, eine unheimliche Situation; durch Blut, Folter und dargestellte Grausamkeit; entweder auf die Psyche abstellend oder mit direkter körperlicher Bedrohung; durch denkende Wesen, Tiere oder ungreifbare Katastrophen. All diese Elemente können auch hier ineinander übergehen und dadurch ganz unterschiedliche Horror-Erfahrungen erzeugen. Das gilt im Folgenden auch für das Hinzufügen anderer Elemente.
Horror und Fantasy: Übernatürliche Wesen
Auch bei Fantasy Horror sind das Gruseln und der Schrecken der Kern der Gattung; die Geschichte selbst und die Figuren rücken in den Hintergrund und mehr Mittel, Emotion zu erzeugen, als Helden, die er zum Sieg wünscht. Gerade dieses Wort, Helden, ist im Bereich Horror vielleicht auch unangemessen (siehe unten). Vielmehr rückt hier das Monster, das Monströse und mitunter das Unfassbare, Bedrohliche ins Zentrum. Als Konsequenz sind die Monster und Schreckenselemente meist stärker ausgestaltet als die "Helden".
Monster kommt vom Lateinischen monstrare, d. h. zeigen. Als solches deutet die Missgestalt von Monstern auf defizitäre Eigenschaften und Aspekte im Menschen
Die Fantasy bietet hier eine Vielzahl an Wesen und Themen. Dabei spielen nichtmenschliche Wesen eine Rolle: geistlose Untote, brutalste Dämonen, aber auch klassische Werwölfe, Zombies oder Vampire. Durch die Nichtmenschlichkeit dieser Wesen ergibt sich eine Abgrenzung - und gleichzeitig dienen sie als Spiegel einiger menschlicher Aspekte. Dies gilt umso mehr, wenn ein dunkler Kult oder Magier (im Fantasy Horror fast immer Schwarzmagier) diese Wesen erschafft, um eigene Ziele zu erreichen. Dass dies tatsächlich möglich ist, steht im Kontrast zu realen Kultisten, deren Beschwörungen zwar ebenfalls Dinge wie Menschenopfer vorsehen können, aber eben nicht funktionieren.
Fantasy Horror kann auch in Richtung des Unverständlichen und ungreifbaren gehen, wie in Lovecrafts Cthulhu-Mythos. Hier ist es weniger Bösartigkeit, sondern eine gänzlich andersartige und vollkommen übermächtige Bedrohung. Diese ist meist subtiler als eine konkrete Bedrohung - und in Horror mit Fantasy-Aspekten endet es nicht zwangsweise mit dem Tod: Auch die Seele kann Dämonen weiter speisen und leiden, womöglich ohne Rettung. Der klassische Sieg des Guten in der Fantasy ist hier nicht möglich, allenfalls ein Zeitschinden oder Entkommen. Das spiegelt sich oft in der Welt selbst wider: Es ist eine düstere Welt, in der zivilisierte Rassen ums Überleben kämpfen und die Aussicht nicht sonderlich gut ist. Oder unsere eigene Welt, in der die ganz realen Schrecken von anderen als Hirngespinst ignoriert werden, bis es zu spät ist.
Ohnmächtige Helden
Bereits angedeutet hat sich: Fantasy Horror hat selten wahre, mächtige Helden. Es gibt weniger. Und sie können noch weniger ausrichten. Möglicherweise kann eine Heldengruppe einem einzelnen Vampir gegenübertreten. Ihn dauerhaft zu besiegen ist hingegen illusorisch. Vielleicht können sie ein Opfer retten - mit eigenen Verlusten und nur um den Preis, dass der Vampir ein anderes Opfer wählt und zudem Rache sucht. Zweifelloser Erfolg im Kampf gegen das Böse existiert nicht. Allenfalls kann ein solcher Held für seine Ideale sterben - meist wird jedoch deutlich, dass sein heldenhaftes Opfer nichts bewirkte, was den Horror noch erhöht: alles vergeblich, kein Ausweg.
Oft trifft man hier auch Figuren auf der Seite des nominell Guten, die wenig besser sind als die Monster, die sie bekämpfen. Eine klassische Figur ist der gefürchtete Inquisitor oder Paladin, der eigentlich die Menschen beschützt, durch seinen gnadenlosen Kampf gegen das Böse aber ebenso jegliche Gnade verlor und somit nicht zögert, auch Unschuldige abzuschlachten, die womöglich durch das Böse beeinflusst oder benutzt wurden. Vielleicht töten sie das Monster - gleichzeitig aber das halbe Dorf. Statt Gut gegen Böse gibt es häufig Alternativen, von denen eine nur geringfügig weniger schrecklich ist als die nächste.
Weitere Fantastische Aspekte
Liegt der Fokus im Horror generell auf dem Schrecken, so liegt er in Fantasy Horror oft auf den Monstern. "Monster" kann dabei einen Menschen meinen: einen Serienmörder, einen Kultführer oder Kriegsherren. Die Fantasy steuert hier auch Nekromanten, Schwarzmagier, diener dunkler Götter bei - und zahlreiche übernatürliche Wesen sowie unfassbare Mächte. (Wobei man durchaus fragen darf, ob der willenlose Zombie oder nicht viel mehr jener, der ihn erweckte, das wahre Monster darstellt.)
Dieses übernatürliche und fantastische Element ist dabei für eine genauere Zuordnung maßgebend. Im Fantasy Horror wird der Zombie durch Magie erweckt, durch mystische Zusammenhänge - und nicht durch ein Virus, das eher Richtung Science-Fiction geht. Letzteres gilt insbesondere, wenn statt Mystik ein wissenschaftlich wirkender Rahmen gegeben wird. Typisch sind hier auch die Albträume der eigenen Vorstellungskraft: Albtraumwesen, teilmenschliche Wesen, Flüche und Schwüre, dunkle Geheimnisse.
Fantasy Horror und Dark Fantasy
Fantasy Horror und Dark Fantasy werden oft gleichgesetzt. Sie sind sich in vielen Dingen ähnlich und nutzen die gleichen Mittel, unterscheiden sich aber im primären Zweck. Fantasy Horror setzt primär auf das Verursachen von Schrecken und Angst; ein Happy End ist selten.
Auch in Dark Fantasy ist das Düstere allgegenwertig, aber hier muss es kein Horror sein. Zwar kann Fantasy ein düsteres Ende haben, aber die Helden (die diese Bezeichnung hier weit öfter verdienen) können sich der Bedrohung mit gewissen Erfolgsaussichten stellen. Der Horror steht nicht mehr im Zentrum, sondern der Kampf gegen ihn. Der Fokus rückt also auf die Auseinandersetzung mit einem bedrohlichen Szenario. Oft bietet auch die Welt von Dark Fantasy keine einfache oder dauerhafte Lösung für jene Bedrohung - aber zumindest die Option, dass es gut enden kann. Es bleibt jedoch eine Skala mit teils subjektiver Einschätzung. Als Vergleich ist vielleicht der originale Dracula dem Fantasy Horror zuzuordnen, moderne Nachfolger wie Buffy hingegen eher der Dark (Urban) Fantasy. Für mehr Details siehe: Dark Fantasy.
Typische Motive
Einige Motive tauchen besonders häufig in Fantasy Horror auf:
- Schwarze Magie, Blutmagie, Menschenopfer, Flüche, Nekromantie, Voodoo
- Untote: Zombies, Geister, Ghule etc.
- Monster wie Vampire, Werwölfe, Menschen nur noch ähnliche Wesen
- Dunkle Götter, Priester, Kulte, Dämonen
- Reale Albträume, Spiegelwesen
- Wahnsinn und andere psychische Konditionen
- Apokalypse, Weltuntergang, Zerfall und Niedergang
- Das Böse an sich
Die reine Präsenz dieser Elemente macht ein Buch jedoch nicht zu einem Fantasy Horror-Buch. Gerade in modernen Werken sind Werwölfe weit weniger Monster als Menschen mit besonderen Fähigkeiten. Jedes der anderen Motive kann zudem in ganz anderem Zusammenhang auftauchen.
Beispiele für Fantasy Horror
- Cthulhus Ruf und der Cthulhu-Mythos von H. P. Lovecraft handelt im Kern von den Großen Alten Göttern, die vor allem deshalb schrecklich sind, weil sie nicht verstanden werden können. Nahezu alles von Lovecraft passt.
- Stephen King bietet ebenfalls einiges, was deutlich in den Bereich Fantasy Horror passt: Es, The Shining, Carrie
- Anthony Horrowitz' Die fünf Tore hat mindestens starke Horror-Elemente, auch wenn es sich an Jugendliche Leser richtet und einigermaßen positiv ausgeht.
- Dracula in der Originalfassung Gleiches gilt für zahlreiche andere gotische Schauerromane, die mitunter aber eher Dark Fantasy sind.
Quellen und Verweise
- Titelbild: Friedhof von Gledalough von Rob Hurson via Wikimedia Commons, CC-BY-SA-4.0.
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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