Humoristische Fantasy
Humoristische Fantasy (auch Funny Fantasy oder Funtasy) ist Fantasy, die sich selbst nicht ernst nimmt und/oder zentral auf das Komische abzielt. Dazu werden alle bekannten Spielarten des Humors benutzt, von Slapstick über Persiflage und Satire bis hin zu tiefschwarzem Galgenhumor. Hier will die Jungfrau womöglich gar nicht gerettet werden und jedem graust vor den zerstörerischen ... Helden, während der dunkle Lord eigentlich nur seine Ruhe haben will. Andere Humoristische Fantasy überzeichnet ernsthafte reale Probleme im typischen Schwarz-Weiß-Bild der Fantasy und problematisiert sie gerade dadurch.
Bücher
Genremerkmale
Humoristische Fantasy kann mit allen anderen Gattungen der Fantasy kombiniert werden, sei es High Fantasy, Low Fantasy, Steampunk oder Science Fantasy, märchenhafte Fantasy oder eine realistische bis düstere Welt. Der wesentliche Unterschied zu diesen Genres liegt in der Tonalität: Für sich beinhalten alle Genres zwar mitunter Humor, in der Humoristischen Fantasy ist dieser Humor ein zentraler Bestandteil. Das Setting oder die Gattung dienen meist als Vorlage und Hintergrund, gegen den dieser Humor ausgespielt wird.
Dementsprechend kann Funny Fantasy ganz unterschiedliche Arten von Humor benutzen, um lustige Wirkung zu erzielen. Oft wird ein einzelnes Buch oder eine Gattung parodiert, Elemente verändert überspitzt, ins Absurde geführt. Unterscheiden könnte man hier zwischen einer ironisch verspottenden Persiflage oder Parodie sowie einer (im gesamten Werk eher seltenen) kritisierenden Satire. Ziel dieser Parodie sind einzeln wiederkehrende Elemente wie das magische Schwert, der wiederkehrende König, die Jungfer in Not oder andere wiederkehrende Elemente. Gelegentlich findet auch ein Kontrast mit einem "Reality Check" statt, der die Fantasy auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Dies geschieht oft als Slapstick, etwa wenn die elegant aufgefangene Dame etwas zu schwer für Prinz Uncharming ist.
Mitunter wird Funtasy auch durch die generelle starke Präsenz von Humor in allen Fassungen geprägt, was besonders in den Randbereichen zu unterschiedlichen Einschätzungen führt. Auch kann Humoristische Fantasy durchaus düster sein und der Humor die deprimierende Realität erst erträglich machen (Galgenhumor).
Geschichte
Humoristische Fantasy als eigene Gattung ist vergleichsweise jung und wurde vor allem durch Terry Pratchetts Scheibenwelt mitdefiniert. Man ordnet auch Werke (nicht ausschließlich Bücher) wie Die Ritter der Kokosnuss (Film, Artus-Persiflage) und die Geschichten um Fafhrd und den Grauen Mauser (eher düster) dieser Gattung zu. Allerdings wurden humoristische Elemente schon lange mit fantastischen Erzählungen verwoben, beispielsweise in Mark Twains Connecticut Yankee am Hof von König Artus. Aus dieser Sicht benötigt die Humoristische Fantasy andere, bestehende Fantasygattungen als Hintergrund, gegen den ihr Humor wirkt.
Auch ernste Themen
Nur weil Humor der definierende Bestandteil der Gattung ist, heißt dies nicht, dass ein Funtasy-Buch bloß albern ist. Gerade die Beispiele Twain und Pratchett zeigen, dass ernste, reale Themen behandelt werden können. Der Humor erlaubt es hier als Überzeichnung auf die echten Probleme aufmerksam zu machen oder das, was als ideale Lösung klingt, ins Extrem weiterzuführen - und in die unabwendbare Katastrophe.
Freilich trifft dies nicht auf alle Vertreter des Genres zu - manche beschäftigen sich mit den Genrekonventionen selbst. Aber auch indem sie uns deren Künstlichkeit, Konstruiertheit, Unzulänglichkeit und Probleme vor Augen führen, zeigen sie uns, wo unsere Wunschvorstellungen scheitern.
Letztlich ist es auch das, was Humor ausmacht: der Bruch mit der Konvention - gehöre sie nun zum Genre, zur Gesellschaft, zu dem, was man sagt oder erwartet oder Sonstigem. Am effektivsten ist dies häufig, wenn ein Leser sich einer Konvention (oft einem Vorurteil) gar nicht bewusst war. Hier kann Humor einen möglichen Schock des Begreifens abfedern. Er verhindert so, dass sich jemand direkt angegriffen fühlt, und schafft dadurch eine bessere Ausgangslage zur Auseinandersetzung als direkte Vorwürfe.
Bekannte Autoren und Werke
Sehr viele unterschiedliche Autoren haben ganz unterschiedliche Werke geschaffen, die zur Humoristischen Fantasy gezählt werden. Einige bekannte/bedeutende Autoren und ein Anriss ihrer Werke:
- Terry Pratchetts Scheibenwelt etablierte und definierte Humoristische Fantasy mehr oder weniger zur eigenständigen Gattung. Gleichzeitig zeigen die vielfältigen (und auch kritischen) Themen der Scheibenwelt, dass Humor nicht simpel bedeuten muss,
- Mark Twains Yankee am Hofe des König Artus datiert weit vor einer modernen Definition von Fantasy, fiele heute aber sehr sicher in die Gattung.
- Karl-Heinz Witzko verfasste zahlreiche Romane mit stark humoristischem Einschlag, sei es der DSA-Roman Westwärts, Geschuppte! oder seine Romane um Kobolde.
- Die Zamonien-Romane von Walter Moers, die ihren Humor sowohl aus der merkwürdigen Welt als auch durch die intertextuellen Anspielungen auf andere Werke ziehen.
- Jasper Fforde mit seiner Thursday Next-Reihe und anderen Serien spielt ebenfalls vor allem mit bekannten literarischen Werken und typischen Motiven.
- William Goldman ist vor allem bekannt durch die Rob-Reiner-Verfilmung Die Braut des Prinzen, eine ironische Mischung aus Märchen sowie Mantel und Degen.
Quellen und Verweise
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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