Lost World
Lost World-Romane spielen nicht in einer anderen Welt. Es wäre aber auch falsch zu sagen, sie spielen in unserer Welt. Technisch gesehen wäre das korrekt. Denn wo auch immer die Handlung spielt, sei es das dunkelste Afrika, die Tiefe des Meeres oder eine wandernde Insel: Dieser Ort gehört zu unserer Welt. Allerdings kennt ihn niemand. Leben und Zivilisation entwickelten sich dort losgelöst vom Rest der Welt. Oft existieren prähistorische Tiere weiterhin. Mitunter gibt es Magie oder hochfortschrittliche Technologie längst vergessener Zivilisationen. Vergessen zumindest, bis unsere mutigen Forscher diese Verlorene Welt wiederentdecken ...
Bücher
Ihren Namen nimmt die Gattung der Lost World Romane von Sir Arthur Conan Doyles The Lost World. Gelegentlich wird sie auch als Lost Race bezeichnet. Stets ist der Handlungsort irgendeine abgeschiedene Gegend unserer Erde. Als Gattung etablierte sich die Lost World 1885 mit H. Rider Haggards König Salomos Schatzkammer (King Solomon's Mines), welches zu weiteren ähnlichen Romanen führte. Einige dieser Werke gelten als Vorläufer der Fantasy.
Handlungszeit
In der heutigen Zeit ist dies durch GPS und stete Satellitenüberwachung unglaubwürdig geworden; die meisten Lost World-Romane spielen daher in der Zeit vor Satelliten und besonders viele während der Kolonialzeit. Sind die Abenteurer erst einmal in der Verlorenen Welt, spielt die Zeit der echten Welt jedoch kaum noch eine Rolle.
Lost World Romane in einem moderneren Setting sind immer noch möglich, verlegen die Handlung aber an Orte, die mit jetziger Technologie unzugänglich sind.
Handlungsort
Jene Orte sind zunehmend exotisch: unter dem antarktischen Eis, im Inneren der Erde ... oder auch im Weltraum oder einer anderen Dimension, wohin sich eine irdische Zivilisation flüchtete - oder evakuiert wurde. Ursprünglich spielten die meisten Lost World Romane auf unerkundeten Kontinenten, vor allem dem dunkelsten Afrika (insbes. die Allan-Quartermain-Romane), aber auch in den Polargegenden oder auf einsamen Inseln - oder dem verschollenen Atlantis.
Warum wurden diese Orte nicht entdeckt? Fortschrittliche Technologie und Tarnschirme; irgendeine seltsame Erdstrahlung; Hypnose und Gedächtnisverlust ... generell spielt es keine große Rolle und gehört zur Suspension of Disbelief.
Zwischen Paläofiction und Science-Fiction
Auch wenn all diese Orte vom Rest der Welt getrennt sind, können sie sehr unterschiedlich sein. So stoßen manche Forscher auf ein Atlantis voller Hightech, lange nachdem die Bewohner verschwunden sind.
Auf der anderen Seite steht eine Gegend, in der noch Dinosaurier umgehen und Menschen wie Neandertaler leben. Drachen? Auch die kann es geben: Mitunter nimmt das Magisch-Mystische noch einen wichtigen Platz in dieser Welt ein. (Beispiel: Sie und Folgeromane.) Diese Varianten sind die Vorgänger dessen, was später zu unserer heutigen Fantasy wurde.
Weitere häufige Themen
Lost World Romane sind im Abenteuer- und Entdeckungsromane. Dementsprechend entdecken die Protagonisten viel Neues - oder Altes. Denn oft stellt sich die Frage, warum eine Zivilisation verschwand oder überlebte. Häufig entdecken die Protagonisten die damaligen Katastrophen, manchmal auch Aufzeichnungen. Und manchmal stellen sie fest, dass die Katastrophen noch immer nachwirken - sei es lokal oder auch als Bedrohung für ihre eigene Welt. Dschungel, Höhlen sowie exotische Tiere und Pflanzen sind typisch für den Abenteuerteil dieser Romane.
An ihrem Ende steht meist das Entkommen aus der Verlorenen Welt, das sich selten einfach gestaltet und oft damit endet, dass der Zugang verschüttet wird. Ob den Helden geglaubt wird, hängt nicht zuletzt davon ab, ob sie etwas aus der Welt mitbringen konnten - oder womöglich bewusst entschieden, dass dies zu gefährlich sei, für ihre Welt oder die Vergessene.
Quellen und Verweise
Titelbild: Zeichnung aus "The Lost World" (Arthur Conan Doyle, 1912) von Mr. Pat L. Forbes nach Mr. Malones Sketch via Wikimedia Commons, PD.
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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