Science Fantasy
Fremde Planeten, Raumschiffe, Technologie - und dazu Schwerter, Magie, Götter und mystische Gefahren. Science_Fiction vermischt typische Elemente von Science-Fiction und Fantasy. Der Kontrast zwischen vorwärtsschauender Science-Fiction und zurückblickender Fantasy eröffnet dabei ganz neue Möglichkeiten und Ergebnisse.
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Genredefinition
Science Fantasy wurde als Genre nie wirklich genau definiert. Zumindest nicht in einer Form, die von einer deutlichen Mehrheit im Wesentlichen akzeptiert wird. Das liegt daran, dass Science Fantasy von Haus aus eine Mischung aus zwei Genres ist, eben Science-Fiction und Fantasy, deren Einstellungen teils entgegengesetzt verlaufen. Und auch diese Genres haben bereits Grauzonen. Weitere Unterscheidungen wie Hard Science-Fiction, Soft Science-Fiction (s. u.), Speculative Fiction oder Space Opera betonen unterschiedliche Aspekte - und die Fantasy hat eher noch mehr Untergattungen.
Versucht man eine Definition, so kann man verschiedene Ansätze wählen:
Für manchen wie Frank Weinreich muss das Genre eine Welt oder Realität beinhalten, die mit der Menschheitsgeschichte verknüpft ist und in der Magie, Parapsychologie u.ä. real sind; "die Zukunft" ist dabei nicht zentral. Damit stellt er ab in Richtung eines unrealistischen (paranormalen) Elements in einer ansonsten denkbaren und mit unserer Welt vereinbaren Handlung.
Andere Definitionen betrachten eher das Gesamtsetting: Raumschiffe und Magie oder Schwertkampf, wobei Heldenmythos und Technologie einen Anteil an der Geschichte haben und das Setting sowohl Zukunftsszenario als auch mittelalterähnliche Bedingungen in ähnlichem Maße vereint.
Fragen kann man bei diesen Ansätzen, was wirklich ausreicht, um Science Fantasy hinreichend zu definieren: Genügt ein einziges phantastisches Element in einem sonst denkbaren Zukunftsszenario? Dann wären einige Star Trek Folgen Science Fantasy (die Q, Telepathen, Wesen wie Antike Götter, Gedankenverschmelzung, Pah-Geister und Propheten, die Kriegerkultur der Klingonen ...). Star Wars mit der Macht und dem sehr fantasytypischen Plot sowieso.
Keine dieser Reihen wird jedoch als Science Fantasy betitelt. Überhaupt ist der Begriff im Sprachgebrauch wie Werbung abwesend und wird allenfalls von Fans zugeschrieben. Eine klare Grenze ist auch wegen der Bandbreite der Möglichkeiten schwer und könnte falsche Erwartungen wecken. So vermarkten Verlage ihre Bücher auch dann als epische Fantasy oder Urban Fantasy, wenn sie mit einiger Berechtigung als Science Fantasy bezeichnet werden könnten.
Meist ist dabei ein Setting "zwischen den Sternen" präsent. Einige Fantasyreihen nähern sich auf andere Art: die Peter Grant Reihe beispielsweise setzt auf ein wissenschaftliches Magiesystem. Magie ist hier keine unbegründete, mystische Kraft, sondern hat klare, wenn auch nicht gänzlich verstandene Wirkweisen. Im Endeffekt ist sie daher so etwas wie Elektrizität oder die Schwerkraft. Auch diese Tendenz zu einer "wissenschaftlichen Magie" kann man als Schritt Richtung Fantasy sehen.
Bedenken sollte man bei der Einschätzung auch die veränderte Lesehaltung gegenüber der Frühzeit der Science Fantasy: Heutige Leser erwarten eher Logik innerhalb der Systeme statt einen Magier, der ganz plötzlich alle Probleme per Zauber löst.
Am Ende läuft es aber auf den bereits zu Anfang geäußerten Satz hinaus: Science Fantasy ist eine unklare Gattung. Sie vermischt typische Elemente von Fantasy und Science-Fiction. Für mich gilt, dass beide Genres einen wesentlichen Anteil haben müssen. Wann dieser gegeben ist, ist je nach Betonung von Motiven, Darstellungsformen, Erzählweisen und Elementen wiederum sehr subjektiv.
Magitech
Magitech oder Magitek ist eine besondere Spielart (oder nach anderer Ansicht ein häufiges Element oder Motiv) der Science Fantasy. In ihr wird Magie mit Technologie kombiniert um, statt ihr wie in "klassischer" Sicht entgegenzustehen. Ein Beispiel dafür sind Luftschiffe, deren Konstruktion gänzlich mundan ist, die aber mit Hilfe von Magiern oder Elementargeistern in der Luft gehalten und angetrieben werden.
Magitech kann auf verschiedene Arten dargestellt werden. Manchmal werden in unserer Welt auf wissenschaftlichen Prinzipien beruhende Geräte durch Magie angetrieben: Im Brennofen sitzt ein Feuergeist; Panzer feuern nicht mit Schwarzpulver, sondern magischen Entladungen. In anderen Varianten funktionieren die Maschinen durchaus normal und werden durch Magie zusätzlich verbessert: Benannter Panzer ist durch ein magisches Schild geschützt - und seine Geschosse sind durch die Kombination von mundaner Sprengkraft und magischer Wirkung vielfach wirksam. Der Brennofen mit dem Feuergeist brennt heißer oder verbraucht weniger Material - möglicherweise kann der Geist ihn sogar intelligent steuern und das Ergebnis durch seine eigene Verbindung mit dem Element steuern.
In reiner Science-Fiction finden sich meist andere Erklärungen, sei es durch pseudo-technische Erklärungen, wie etwas funktionieren könnte (Technobabble) oder noch unentdeckte Materialien, welche die beschriebene Nutzung erlauben. In Magitech steckt immer ein Zauberer oder eine magische Wirkung dahinter - gelegentlich sogar in Form geschulter Technomanten. In der Regel ist die Magie von Magitek sehr gut untersucht, strukturiert und ausformuliert - immerhin muss sie mit den Kreationen von Ingenieuren, Architekten und Co. zusammenwirken.
Ursprung der Science Fantasy
Science Fantasy hatte ihre Hochzeit in den 1960ern. Sie entstand als Kontrast zu harter Science-Fiction, die ganz genau auf das wissenschaftlich Mögliche abstellte und noch heute manchem als einzig wahre Science-Fiction gilt. Ein Auslöser der Science Fantasy war der Versuch, Techniken und Attitüden aus der Science-Fiction auf Fantasy-Themen zu übertragen. Auch hier waren die Pulp-Magazine Vorreiter in den Veröffentlichungen. Als erste Science Fantasy Geschichte mag evtl. John Carter vom Mars dienen, welches ab 1912 in eben jenen Pulp-Magazinen erschien.
Gibt es moderne Science Fantasy?
Auch wenn kaum ein Werk als Science Fantasy vermarktet wird, gibt es viele moderne Beispiele, die immer wieder die Grenzen überschreiten und in einzelnen Folgen oder Aspekten Fantasymotive einbauen. Hier ist die Unterscheidung zwischen Harter und Weicher Science-Fiction nützlich:
- Hard Science-Fiction ist geprägt von wissenschaftlicher Präzision. Naturwissenschaftliches und Technologisches stehen meist im Mittelpunkt, manchmal auch Gesellschaftliches. Alles Erzählte basiert aber in jedem Fall auf dem neuesten Stand der Wissenschaft.
- Soft Science-Fiction beschäftigt sich tendenziell eher mit philosophischen, psychologischen, gesellschaftlichen und spekulativen Themen. Das Soft im Namen wurde dabei aus dem englischsprachigen Raum übernommen, das Natur- von anderen Wissenschaften abgrenzt. Im Fokus stehen hier mehr Figuren und ihr Empfinden sowie ethische Fragen.
Aus dieser knappen Definition sieht man, dass Science Fantasy näher an der Soft Science-Fiction ist. Hard Science-Fiction schließt Fantasy-Elemente quasi per Definition aus. Wie wissenschaftlich begründet etwas sein muss, ist jedoch oft umstritten. Erneut kann man Star Trek als Beispiel bemühen: Die meisten dürften sagen, dass das ST-Universum im Wesentlichen wissenschaftlich denkbar ist. Dennoch gibt es einzelne Folgen, die mythische Elemente ins Zentrum stellen oder auf diesen Aufbauen. Dies ist jedoch weit seltener der Fall als z. B. bei Star Wars wo die Macht der zentrale, omnipräsente Drehpunkt der Konflikte ist.
Eine weitere Vermischung findet gleichfalls in vielen Superhelden-Filmen statt, in Fantasy-Geschichten, die ihr Setting in die Zukunft Verlegen (W40k) oder in einer Vielzahl von Adaptionen mythischer Erzählungen, die selbst dann wie ein Hybrid aus Fantasy und Science-Fiction wirken, wenn nichts Übernatürliches auftaucht.
Beispiele für Science Fantasy
- Die Welt der tausend Ebenen: Alle Welten für sich betrachtet würden unter Fantasy fallen, sind jedoch durch Technologie im serienweiten Plot geschaffen.
- Die frühen Might & Magic Computerspiele sind im Wesentlichen Fantasy, folgen aber einem Roboter und haben gegen Ende oft Roboter-Feinde.
- Star Wars: Weltraumschlachten, aber eine eher für Fantasy typische Heldengeschichte - und natürlich die Macht.
- Dune: Hier gilt ähnliches wie bei Star Wars: Ein Setting im Weltall, aber psychische Kräfte im Zentrum.
- Warhammer 40k: Fantasy-Schlachten, die in den Weltraum versetzt wurden.
- Das fünfte Element: Science-Fiction mit einem Fantasy-Element im Zentrum.
Quellen und Verweise
- Titelbild via Max Pixel, CC0.
- Weinreich, Frank: Fantasy. Einführung. Oldib Verlag, Essen 2007 (Fantasy, S. 37ff)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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