Buch-Cover, Laura Whitcomb: Silberlicht

Silberlicht

Originaltitel: A Certain Slant of Light [AME]
Übersetzer: Sabine Thiele
Genre: Romantic Fantasy
Verlag: PAN-Verlag
Seiten: 315
Erschienen: 03/2010 (Original: 2005)
ISBN: 978-3-426-28328-8
Preis: 14,95 Euro (Softcover)
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Wertung: 3/5 Grimoires; 7/10 Punkte, Gut

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Helen ist ein Geist, sie ist "Licht", wie sie es nennt. Und seit mehr als 100 Jahren ist sie tot und an verschiedene Personen gebunden, allesamt Schriftsteller, denen sie heimlich als Muse dient. Entfernen kann sie sich nicht zu weit, denn dann fühlt sie sich in ein nasses, kaltes Grab zurückgezogen. Doch plötzlich schaut sie jemand an - ein lebendes wesen sieht sie. Helen ist zunächst geschockt, doch stellt dann fest, dass eine andere Lichtgestalt (James) im Körper des Jungen steckt, den dieser nach einem Drogentrip verlassen hat. Helen und James kommen sich näher, doch was die beiden wirklich brauchen ist ein Körper für Helen. Mit diesem enden die Probleme jedoch keineswegs und dann ist da noch immer die Frage, wieso die beiden überhaupt auf der Erde zurückgeblieben sind, scheinbar als einzige Verstorbene.

Das Buch erhält 7 von 10 Punkten.

"Silberlicht" kann zunächst interessieren, baut im letzten Drittel jedoch ab. Die Liebenden, die sich nicht erreichen können, sind ein uralter Topos; hier einmal mit metaphysischer Grenze statt gesellschaftlicher, so auch die Verlagsbewerbung als „Romeo und Julia im Zwischenreich“. Über dieses Zwischenreich der Geister weiß der Leser zu Beginn so viel wie Helen, denn es gibt Regeln. Die Helen nur durch ausprobieren herausfindet. Der Einstieg ins Buch, präzise gesagt: das erste Kapitel, ist dabei auch unklug gemacht, denn in einem gewaltigen Schwung von Exposition rekapituliert Helen, was sie herausgefunden hat. In mehr als hundert Jahren. Uff.

Was sie nicht weiss ist, warum sie überhaupt ein Geist ist - ihr Leben hat sie vergessen. Für den Leser kommen hingegen schon früh Ideen auf (durch verschwommene Erinnerungen Helens), warum Helen "zurückgeblieben" sein könnte oder zumindest wie sie gestorben ist. Was genau es dann war bleibt bis zum Ende offen, kann eigentlich fast gar nicht erahnt werden. Die Einbindung dieser Erinnerungsfragmente und einige Konsequenzen von Handlungen in Geisterform sind jedoch überaus gelungen und erfrischend unverbraucht.

Die ersten zwei Drittel kann die Spannung auch mit dieser Frage gehalten werden, die jedoch nie im Zentrum steht. Den ersten Rang nimmt klar das Zusammenkommen von Helen und James ein. Hier gibt es erfreulicherweise kein Rumgedruckse und langes Umwerben - was andererseits aber auch ein wenig krass und direkt erscheint. Die Probleme in der Erhörung durch den oder die Geliebten opfert der Roman klar dem Problem, wie zwei Geister Körper finden um zusammenzukommen - im ersten Teil.

Sobald dies gelingt bringt die Handlung ein neues Problem, aber die Luft ist raus. Die Geschichte schwenkt um in eine narrative Kritik heuchlerischen, übertriebenen und viel zu strengen (puritanischen) Glaubens. Abschreckend ist diese Kritik sicher; die Augen rollte man fast pausenlos und wünschte sich, dass irgendjemand diesen Figuren einmal die Meinung geigt. Aber die Spannung nimmt hier ab. Der Glaube bringt neues Konfliktpotential, aber die harsche Kritik ist narrativ nicht sonderlich attraktiv. Außerdem kommt die Frage erneut auf, ob man einfach Körper von noch Lebenden Menschen dauerhaft besetzen kann - und die Antwort kann man sich wohl denken. Also muss eine neue Lösung her.

Der Weg zum Ziel ist wenig ansprechend denn er beschränkt sich, salopp ausgedrückt, darauf, dass die Figuren herumrennen, warten und probieren bis etwas klappt. Unweigerlich entstand hier der Eindruck eines "Abwürgens" - irgendwann war nichts mehr zu sagen und die Figuren treten ab, Nebenhandlungen bekommen noch eine kleine Rundung spendiert. Den Schluss empfand ich somit als deutlich uninteressanter als die ersten Drittel und als nicht wirklich befriedigend. Auch nimmt der Kitsch zum Ende noch einmal stark zu.

Ziehen wir noch einmal den Romeo und Julia Vergleich: Auch hier ist die Handlung durchaus erträglich für anderweitige „Romanzen-Abstinenzler“. Ironischerweise dürfte Romeo und Julia jenen missfallen, die übermäßige Bibel-Anspielungen ablehnen – und auch Silberlicht kann nicht empfohlen werden, wenn man von Religion einfach nichts wissen will. Und an Shakespeare kommt „Silberlicht“ einfach nicht heran.

Die Idee hinter dem Geisterdasein schließlich ist nicht neu und wirklich früh vorhersehbar: Nicht Gott ist es, der Seelen zum Geisterdasein verdammt, sondern die Seele selbst, die sich für etwas nicht vergeben kann. Das ändert natürlich nichts daran, dass man sich fragen kann, was genau dies für Helen war: die Einbindung der Erinnerungsfragmente und die Dargestellten Beschränkungen für Geister sind einnehmend und uneingeschränkt gelungen. Sie stellen vielleicht sogar den Hauptreiz des Romans dar.

"Silberlicht" bietet eine interessante Perspektive auf Geister. Die Genre benennende Romanze ist zwar zentral und Gefühle spielen eine Rolle, aber "blumig" wird der Roman nie; er ist zu großen Teilen auf Handlung und Problemlösung fokussiert und die Liebesbeziehung ist für manchen viellicht schon zu direkt. In den ersten zwei Dritteln gelingt es ihm, Spannung zu halten; diese verliert sich leider im verbleibenden Drittel.

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Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

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