Der Schattenseher
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Eines Tages vor fünf Jahren verschwand die Tochter von Jeremiah Hunt. Die Polizei startete eine große Suchaktion doch war erfolglos. Jeremiah war wie besessen davon seine Tochter wiederzufinden - eine Manie, die letztlich auch seine Ehe ruinierte. Mit einem Ritual aus einem Buch versucht er sie zu finden, zu sehen, was andere nicht sehen - und verliert dabei seine Augen.
Doch Jeremiah ist nicht so blind wie es für alle den Anschein hat: Zwar sieht er nichts im normalen Licht, doch er sieht all jene übernatürlichen Wesen, die normalen Menschen verborgen sind - und das was er sieht ist nicht immer schön. Seine Tochter hingegen bleibt verschwunden - bis er plötzlich auf eine Spur trifft. Ein Polizist, der Jeremiah für eine Art Hellseher hält, ruft ihn zu einem Mordschauplatz. Dort entdeckt Jeremiah nicht nur eine Schrift sondern findet auch etwas aus dem Besitz seiner Tochter. Zufall? Das könnte sein, doch als ein zweiter Mordschauplatz wiederum einen solchen Gegenstand zu Tage fördert ist die Spur plötzlich heiß. Doch die Gegenstände sind keineswegs zufällig oder auch nur fahrlässig zurückgeblieben...
Das Buch erhält 8 von 10 Punkten.
Jeremiah Hunt ist ein Antiheld: antisozial, zurückgezogen, Außenseiter und Zyniker - zudem noch unheimlich und mit Geistern redend. Originell kann er nicht wirklich genannt werden und Sympathien ihm gegenüber sind schwer; dennoch ist die manische Hauptfigur gut getroffen. Der erste Band der Hunt-Chroniken lebt von einer schnellen Handlung, die durch sehr kurze Kapitel (55 Kapitel für 350 Seiten) weiter forciert wird. Auch ein ungekünstelter, prosaischer und guter Stil trägt zum Tempo bei.
Die Welt des Romans ist überaus düster gezeichnet; von Güte und Reinheit sieht man sehr wenig, aber die Atmosphäre nimmt nur den zweiten Platz nach dem Tempo ein. Vermissen lässt "Der Schattenseher" Tiefgang – aber er ist gute Bahnlektüre für (Dark-) Fantasy Fans und auch dann wenn man einfach einmal magische Spannung sucht, die nicht intellektuell herausfordert.
Bei einem "magischen Thriller" der die Entführung der Tochter als zentralen Angelpunkt in der Geschichte des Protagonisten hat und überdies mit Morden beginnt, mag man erwarten, miträtseln zu können. Das ist leider nicht möglich und die Gründe hierfür sind auch dem Buch nicht zuträglich - wobei das Nicht-Miträtseln-Können selbst kein Problem darstellt. Die Kapitel folgen chronologisch aufeinander, jedoch in zwei Zeitlinien gemixt: "Heute"-Kapitel bilden die gerade erzählte Geschichte und "Damals"-Kapitel erzählen, wie Jeremiah Hunt seine Tochter, seine Frau und seine normale Sicht verlor. Auch wenn die Kürze der Kapitel versucht, darüber hinwegzutäuschen – und das sogar recht erfolgreich -, so ist dies dennoch eine enorme Menge an Exposition, welche die Handlung leicht bremst. Zwar erhellt sie die Vergangenheit der Figur weiter und macht Jeremiah interessanter und tiefer aber es bleibt Leserinformation. Zugegebenermaßen ist diese Tempobremse hier auch hilfreich, bremst manchmal aber doch zu stark. Die Exposition wird zudem benötigt, denn nüchtern betrachtet, bleibt vom Roman nicht viel über: Protagonist soll Mordfall klären, findet paranormale Aktivität und mögliche Spur zu eigener Tochter, findet Verbündete, deckt Hintergründe auf, konfrontiert Oberschurken. Das Schema überrascht niemanden und muss somit interessant neu ausgefüllt werden.
Jermeiah Hunt hat das Potential hierzu und auch die zweite Hauptfigur; Nebenfiguren bleiben jedoch recht blass und das Ableben einiger kann der Leser mit einem Schulterzucken abtun. Es entsteht keine Bindung zu Charakteren - zu schnell, zu unbedeutend, und zu offensichtlich nur da um ihren Zweck zu erfüllen und dann abzutreten; Jeremiah selbst ist einfach nicht liebenswürdig genug, die zweite Hauptperson noch wenig ausgearbeitet. Der Oberschurke ist einfach auch nur genau dies - ein leerer Platzhalter, der besiegt werden muss und dann abgehakt ist. Paradoxerweise wird dieses Problem auch gerade durch die lange Hintergrundgeschichte Jeremiahs verstärkt – sie lässt wenig Platz für aktuelle Entwicklungen. Dennoch ist sie gelungen und einer der Fixpunkte der Serie. Bevor ich es vergesse: Miträtseln scheidet auch aus, weil mal eben zur Perspektive des Mörders gewechselt wird und die halbe Lösung einfach von der zweiten Hauptfigur auf den Tisch gelegt wird - und das ist dann das. Selbst für nicht tiefgehende Lektüre empfand ich dies als ein wenig mau.
Insgesamt bietet "Der Schattenseher" einen flotten "magischen Thriller" ohne Tiefgang und mit viel Exposition, der ein enorm hohes Tempo hält. Die zum Schluss zurückbleibenden zwei Hauptfiguren haben das Potential für eine gute Serie, doch wie sie sich weiter entwickeln, bleibt abzuwarten. Bisher jedenfalls ist eine emotionale Bindung an sie eher mangelhaft. Wer Spannung und Tempo plus magisches Umfeld sucht ist trotz hohem Anteil von Exposition hier absolut richtig.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
Leseprobe
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