Tolkiens Erbe
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Wieder einmal erscheint eine Sammlung von Kurzgeschichten im Heyne-Verlag. Diese wurde von Friedel Wahren und Erik Simon herausgegeben.
Schaut man auf den Titel, wird einem sofort klar, warum diese Sammlung ausgerechnet jetzt erscheint: Eine Sammlung von Kurzgeschichten mehrerer Autoren der "Post - Tolkien - Ära", pünktlich zum 1. Kinofilm seines Werkes "Der Herr der Ringe".
Nach einer kurzen Einleitung über Tolkien und die Geschichten der Autoren ist das Buch in drei Abschnitte unterteilt, von dem der erste, betitelt mit "Zwei Zeitgenossen", der kürzeste ist.
Lord Dunsany lässt uns in "Die Zwingburg so keiner bezwingt denn Sacnoth das Schwert" einen Blick in eine von ihm geschaffene Traumwelt werfen, wo der Sohn eines Wohlhabenden auszieht um das Schwert Sacnoth zu finden und den Zauberer Gaznak zu erschlagen. Der Plot ist, relativ gesehen, banal. Das besondere an dieser Geschichte ist der Stil, könnte man doch fast glauben eine Sage des Mittelalters vor Augen zu haben. Mir persönlich sagt dieser Stil allerdings nicht gerade zu. (6)
Der zweite Schreiber, E. R. Eddison, schließt dieses Kapitel bereits ab. Er berichtet in "Zora rach nam Psarrion" von der Suche eines Fürsten nach seinem Bruder. Diese Geschichte ist aus dem Buch "Der Wurm Ourroboros" (1922) entnommen, jedoch auch für sich genommen nicht unverständlich. (7)
Der zweite Part ist der größte des Buches und hier bildet Stephen R. Donaldson mit "Tochter der Könige" den Auftakt. Es ist unglaublich, wieviel man doch von einem einzigen Abend berichten kann ohne unnötig zu schwafeln. Donaldson liefert hier ein Paradebeispiel in Form der Thronbesteigung von Chrysais, der Nachfahrin des Phoenix-Königs. Eventuell ist sie die einzige, die einen Krieg verhindern kann, doch sie ist ohne jede Magie und kann den Thron nicht besteigen. Zudem spinnen die Herrscher der Drei Länder ihre eigennützigen Intrigen. Diese Geschichte berichtet aus Chrysalis Sicht, wie sie den Tag der Thronbesteigung erlebt. (9).
"Liane der Wanderer" stammt aus "Die sterbende Erde" von Jack Vance und handelt von einem Abenteuer des Titelgebers. Sehr kurz und mit einem Schluss, der nicht unbedingt vorhersehbar war. (8)
Autor Nummer 3 dieses Teils ist der Pole Andrezej Sapkowski mit "Die Grenze des Möglichen", welches aus dem Zyklus über den Hexer Geralt aus dem Buch "Das Schwert der Vorsehung" stammt. Ein Hexer ist nach Sapkowski ein mit verschiedenen Prozeduren veränderter Mensch, der gegen Lohn Monster jagt . In dieser kurzen Episode begleitet Geralt einige Drachenjäger (trotzdem er sich weigert, einen Drachen zu töten) und muss feststellen, dass die Grenze des Möglichen bisweilen ins Unmögliche hinein ragt... Ein Ausschnitt der deutlich Lust auf mehr macht! (10)
Mit "Könige in Dunkelheit" liefert Michael Moorcock einen Ausschnitt aus dem Leben des Elric von Melniboné. Nach einem Überfall will er sich an den verfluchten Bewohnern von Org rächen und verschafft sich mit Hilfe von Magie Einlass in die Zitadelle. Jedoch kommt er auch hier nicht ohne die Dienste seines Schwertes Sturmbringer, das schreckliche Waffe und Fluch zugleich ist, aus... (7)
"Die Tochter des Magiers" von Taneth Lee ist eine vollkommen unabhängige Novelle. Mit Hilfe eines Rituals bannt der Magier Rathak die Seele von Azhriaz in den Körper seines ungeborenen Kindes. Doch die Seele will ihm nicht antworten und der Körper des Kindes ist verkrüppelt. Als Rathak endgültig dem Wahnsinn anheim fällt beginnt eine Odyssee für seine Tochter, die schließlich in der uralten Stadt Jhardamorjh endet - wo eine Begegnung mit einer weiteren in einem Körper gefangenen Seele wartet... (8)
Barrington J. Bayleys "Schiff des Unheils" entführt den Leser in eine Welt, in der Elben und Trolle seit langer Zeit im Krieg leben und sich gegenseitig auszurotten drohen. Der Mensch Kelgynn gelangt an Bord eines Elbenschiffes und versucht vor dem grausamen Kapitän zu entkommen, sich dessen bewusst, dass Elben und Trolle zu Grunde gehen - den Menschen gehört die Welt. Eine mehr als ungewöhnliche Schilderung der ansonsten edel dargestellten Elben. (6)
Die Novelle "Drachenkind" von Ursula K. Le Guin gehört zum Erdsee-Zyklus, erschien aber nicht in diesem. Als Tochter des "Herrschers" von Alt-Irian hat Drachenkind es nicht leicht, denn ihr Vater hält ständig am alten Glanze seines Reiches fest. Drachenkind jedoch kann dem Gerede von den alten Tage nichts abgewinnen. Um so größer ist ihre Wut, als ihr wahrer Name ihr als Irian offenbart wird. Und da ist mehr, etwas, was die Dorfhexe nicht zu bestimmen weiß. So reist Drachenkind nach Roke, auf die Insel der Magier, um ihre Bestimmung zu erfahren. (7)
Im dritten und letzten Abschnitt des Buches widmet man sich Tollkühnheiten. Schon der Titel des Abschnitts macht deutlich, dass man diese Geschichten nicht allzu ernst nehmen und der humoristischen Fantasy zuordnen sollte. Die erste solche bildet "Die Brücke über den Gallweinfluß" von N.H. Beard und D.C. Kenney. Vollkommen eindeutig kann man sagen, dass DIESE Geschichte ohne Tolkien auf gar keinen Fall entstandn wäre, denn sie stammt aus "Bored of the Rings", der Parodie zu Tolkiens Herrn der Ringe, und schildert wie die Nozdrul auf ihren wilden Säuen Frito und seine Freunde über den Gallweinfluß jagen. (9)
"Grausputz" von Esther M. Friesner erzählt vom Dunklen Herrscher, der eine Elfenmaid heiraten will. Nach wirklich schlagkräftigen Argumenten stimmt die Elfe der Hochzeit widerwillig zu, fordert jedoch nach altem recht die Erfüllung eines Wunsches: die komplette Neueinrichtung des Herrschersitzes durch einen Innenarchitekten. Sehr, sehr schnell bereut der Dunkle Herrscher, jemals an eine Hochzeit gedacht zu haben...(9)
Wer darf bei humoristischer Fantasy nicht fehlen? Korrekt, Terry Pratchett mit seiner Scheibenwelt. Aus dem ersten Roman von dieser flachen Welt stammt dann auch "Der Zauber des Wyrmberges", welcher bewirkt, dass Drachen aus purer Gedankenkraft entstehen und dem Quasi-Zauberer Rincewind und seinen Gefährten schwer zu schaffen macht...(9)
Das Buch erhält 8 von 10 Punkten
Diese Sammlung von Kurzgeschichten ist im Großen und Ganzen also durchaus empfehlenswert. Typisch Tolkiensches Machwerk darf man jedoch nicht erwarten, jeder der Autoren hat seinen Stil, der mehr oder weniger an den des Namensgebers dieses Buches erinnert.
Einen Blick ist diese Sammlung allemal wert, sei es zum Hineinschnuppern, um längere Lektüre auszuwählen oder einfach als Abwechslung zu epischen Geschichten und längeren Romanen: An zumindest einer der enthaltenen Geschichten dürfte wohl jeder Gefallen finden.
Wie bereits bei vorigen Kurzgeschichtensammlungen habe ich auch hier die Geschichten unabhängig voneinander bewertet (Zahlen in Klammern).
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
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