Das Schwert der Vorsehung
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Geralt von Riva ist ein Hexer: ein mittels Kräutern und Magie manipulierter Mensch, geschaffen um die Menschen vor der ihnen feindlichen Umwelt zu beschützen und für sie gegen Monstren anzutreten: Trolle, Gestaltwandler, Drachen... Die Zeit jener Kreaturen geht zu Ende und die Zeit der Menschen beginnt. Doch für den Hexer gibt es keine Zukunft: mit dem Aussterben der Kreaturen wird auch er nutzlos und ist sich schmerzlich der Tatsache bewusst, nie echte Nachkommen zeugen zu können. Geralt ist zudem ein ungewöhnlicher Vertreter seiner Zunft: er weigert sich allzuoft, gegen die so genannten Ungeheuer zu kämpfen. Kann er der Vorhersehung trotzen und seinem Schicksal entfliehen?
Das Buch erhält 10 von 10 Punkten.
Der zweite Teil der Hexer-Saga ist für sich lesbar. Das liegt in erster Linie an dem Format: es ist ein Episodenroman, wie es auch der erste Teil war. Einige dieser Episoden finden sich auch als Kurzgeschichten in verschiedenen Anthologien. Insgesamt beinhaltet der zweite Teil: "Die Grenze des Möglichen", "Ein Eissplitter", "Das Ewige Feuer", "Ein kleines Opfer", "Das Schwert der Vorsehung" und "Etwas mehr". Der generelle Ton aller Geschichten ist düster-melancholisch; deutlich düsterer noch als das elegische Mittelerde Tolkiens. Gleichzeitig ist diese Melancholie in einer einzigen Figur konzentriert: hier gibt es keine Elben die als Volk schwinden sondern vor allem diesen einen zentralen Hexer, dessen Lebenszweck in Zweifel steht und schnell gänzlich verschwindet. Die Menschen hingegen befinden sich insgesamt im Aufstieg.
Die einzelnen Episoden sind lose miteinander verbunden und ranken sich vor allem um jene Vorsehung, die auch in den Titel Einzug fand. Rückbezüge zu anderen Episoden finden sich ebenfalls, doch die klarste Linie besteht zwischen den letzten dreien, die zudem auch eine gewisse Hoffnung innerhalb allgemeiner Kriegsverheerung bietet. Die Handlung einzelner Geschichten bietet bisweilen eine kurzzeitige Flucht aus der Düsternis. "Die Grenze des Möglichen" ist vielmehr der Versuch, die Welt rational zu erfassen und alles was jene Grenze überschreitet dennoch zu erklären; das komische Highlight wird vom "Ewigen Feuer" gebildet, in dem es einen Halbling plötzlich zweifach gibt. Die verbleibenden Geschichten enden jedoch oft tragisch: neben den eben genannten und "Etwas mehr" bleibt am Ende lediglich Trauer und Verlust - eine Stimmung, die Sapkowski hier großartig erzeugt. Um noch einmal auf Mittelerde zurückzukommen: dies ist eine ganz andere Art des Verlusts. Wo die Elben langsam schwinden und manch einer ihnen hinterher trauert, setzen sich die Menschen aus Sapkowskis Welt brutal gegen eine 'feindliche' Natur durch. Dass diese Natur alles andere als bösartig ist, dass es die Menschen selbst sind, die oft nicht verstehen, wird nur von Geralt und sehr wenigen anderen gesehen.
In all seinen Geschichten nutzt Sapkowski verschiedene Märchenmotive, insbesondere von H.C. Andersen und den Brüdern Grimm. "Ein Eissplitter" verweist bereits im Titel deutlich auf "Die Schneekönigin" und ist mit den schön/hässlich Verkehrungen der Spiegelsplitter aus jenem Märchen auch als Grundmotiv der Saga und der unterschiedlichen Blickwinkel interpretierbar: für den Menschen sind die 'Monster' hässlich und böse; für die 'Monster' ist es der Mensch, der ihnen Lebensraum raubt und sie für seinen eigenen Nutzen abschlachtet. Am deutlichsten wird dies durch die Dryaden in den letzten Geschichten, doch auch zuvor kommt es zu Konfrontationen, in denen Geralt oft die Vermittlung sucht. Diese gelingt nicht immer und endet zumeist mit der Assimilation der 'Monster' – oder deren Tod. Wehmut verspürt jedoch kaum eine Figur, was auf den Leser jedoch anders wirken dürfte: Sapkowski nutzt auch gerade die positiv besetzen Wesen, wie etwa eine Seejungfrau oder intelligente Kreaturen, die eigentlich nur ihren Lebensraum behalten und in Ruhe gelassen werden wollen aber aufgrund des Prestiges gejagt werden.
Kann man schließlich sagen, dass "Das Schwert der Vorsehung" anti-industriell ist? Sicherlich geht es kritisch mit dem 'Fortschritt' der Menschheit auf Kosten der Natur um und zeigt im Wesentlichen in welcher Verheerung schonungsloses und gieriges Verhalten enden kann. Gleichzeitig offeriert es aber auch - wenngleich nicht immer - Auswege. Das Mythisch wird nicht immer hochgelobt: es gibt böse Wesen die töten um zu töten - wobei diese durchaus hausgemacht sind, wörtlich von der eigenen Müllkippe der Menschheit stammen. Wenn man so will kann man die Saga also als einen Aufruf zu verantwortungsbewusstem Umgang mit der Natur und dem was ist verstehen, wobei das Alte besser sein kann aber nicht muss.
Um zurück auf das Buch zu kommen: ich habe die Lektüre absolut genossen, auch jener Geschichten, die ich bereits kannte. Das Ende macht Hoffnung, wirkt aber nicht schnulzig - immerhin sprechen wir hier auch von der Vorsehung. Am Ende bleibt zu sagen, dass die Geralt-Saga sicher eines der Glanzlichter moderner Fantasy ist, auch und insbesondere da sie den Held mit Magie und Waffenkraft beibehält, gleichzeitig aber vieles von 'Standardfantasy' abweicht. Meiner Meinung nach sollte jeder Fantasyfan zumindest einen Blick in Sapkowskis Geralt-Saga werfen!
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
Leseprobe
Es gibt eine oder mehrere Leseprobe(n) zu diesem Buch:Das Schwert der Vorsehung - Leseprobe (extern)
Das Schwert der Vorsehung, S. 117-125 (extern)
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