Buch-Cover, Herbie Brennan: Der Elfenlord

Der Elfenlord

Originaltitel: Faerie Lord [EN]
Serie: Elfenkriege (#4)
Übersetzer: Martin Ruben Becker
Genre: Kinderbuch oder Jugendbuch
Verlag: dtv
Seiten: 397
Erschienen: 12/2007 (Original: 2007)
ISBN: 978-3-423-24637-8
Preis: 14,00 Euro (Softcover)
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Wertung: 5/5 Grimoires; 9/10 Punkte, Sehr gut

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Zwei Jahre sind vergangen, seit Kaiserin Blue Henry bat, sie zu heiraten. Ebensoviel Zeit ist vergangen, seit Harry das Elfenreich das letzte Mal betreten hat. Doch bei einem Besuch in Mister Foggartys Haus, um das er sich seit dessen "Tod" kümmert, trifft er auf Pyrgus und Nymphalis, die ihm von einer schrecklichen Seuche im Elfenreich berichten. Auch Pyrgus ist an diesem "Zeitfieber" erkrankt, welches die Zukunft der Infizierten verbraucht. Es scheint, nur Henry kann helfen. Mister Foggarty, Torhüter des Reiches, verlangt explizit nach ihm und die Zeit drängt: Auch er ist am Fieber erkrankt und als alter Mann hat er nicht mehr viel Zukunft, die verbraucht werden könnte...

Ohne lange zu überlegen wechselt Henry ins Elfenreich über und findet sich nach einigen Wendungen plötzlich in einer Wüste wieder: Mr. Fogarty hat während seiner Krankheit die Zukunft gesehen und in einer Version rettet Henry das Elfenreich. Jedoch scheint diese Version nun endgültig unmöglich zu sein - und auch Brimstone, Chalkhill und Hairstreak spinnen erneut ihre Intrigen, die sich erst in zweiter Linie um das Wohl der Welt scheren.

Das Buch erhält 9 von 10 Punkten.

Der vierte Teil einer Trilogie beginnt zwangsläufig etwas merkwürdig. Immerhin bedeutet Trilogie Dreiteiler. Wurde dieses Buch also einfach hinter das ursprüngliche Konzept geklinkt um etwas mehr Geld herauszuholen? Jein. Man muss es nicht lesen aber es wirkt ungleich befriedigender als der dritte Teil, von dessen Lektüre ich abgeraten hatte.

Diese Befriedigung liegt an mehreren Dingen. Zunächst ist der Plot nun ganz eindeutig ein Fantasy-Plot. Die technisierte Magie ist nach wie vor vorhanden, aber Fliegende Untertassen und die Vermischung mit unserer Welt in Bereichen die eher der Science-fiction vorbehalten sind, unterbleiben. Darüber hinaus ist die Geschichte nun wirklich abgeschlossen... und hat einen glücklichen Ausgang, den sich der Leser vermutlich schon seit Henrys erster Begegnung mit Holly Blue ausgemalt hat - so oder so ähnlich.

Von Überraschung zu sprechen ist im "Elfenlord" schwer (und auch auf wen sich der Titel letztlich bezieht ist kaum überraschend). Im Rahmen des Plots und seiner Meta-Ebene ist es jedoch schwer, dies anders zu bezeichnen als 'angemessen'. Die wesentliche Handlung wird durch die Seuche gebildet, deren Quelle mir in der Tat bis zuletzt verborgen blieb, aber ins Bild passt... und auch der Auslöser, bedenkt man die "Geographie" des Elfenreichs. Innerhalb dieser Handlung (der vielleicht eher: um sie herum) kommt es jedoch zur Inszenierung einer der ältesten Geschichten der Menschheit und der Dramaturg ist offenbar. In unserer Welt ist er bekannt und auch in der Elfenwelt: Die alten Götter sind am Leben und sie mischen sich ein in die Welt. Im bewussten Nachspielen bekannter Mythen reiht sich "Der Elfenlord" in die Reihe "postmoderner" Fantasy ein, wenn man möchte. Als Quellen dient hier nicht nur die Edda sondern auch sehr deutlich die Bibel sowie diverse "Randmythen" und Schnipsel aus Legenden und Sagen. Alles war schon einmal da - ja, dies ist nicht zu leugnen, denn wie sonst sollte es zu dem Ende gebracht werden, dass Leser erwarten, dass Held und Heldin letztlich erwartet: unterzugehen oder glücklich zu werden? Dies wird im einhundertersten Kapitel noch einmal explizit reflektiert. In diesem Zusammenhang beachte man die Zahl: 101 - der Anfang ist das Ende, die Geschichte schließt sich und ist doch da, um erneut erzählt zu werden, erneut zu geschehen. Warf ich zuvor "postmoderne" Fantasy in den Raum, sollte ich an dieser Stelle auch ein wenig beruhigen: von den mitunter als "unverständlich" und "unlesbar" bezeichneten Werken dieser Strömung hat der "Elfenlord" nicht übermäßig viel übernommen. Er beinhaltet Metareflexionen über das Genre und Geschichten (Mythen) im Allgemeinen, verliert sich aber nicht in der Suche nach der Bedeutung der Bedeutung. (Zweifellos würde er gerade deshalb von den Hardlinern kritisiert werden.)

Gelungen sind auch die Charaktere, die nicht die Standardhelden vom Band sind sondern allesamt rollenspezifisch handeln und - relativ selten in der Fantasy - durchaus ihrem Alter entsprechend (Abgesehen von Junger Schüler/ Alter Lehrmeister). Der "Mythos" der Metaebene und des Dramaturgen wird letztlich auf deren Schultern abgesetzt... und wer weiss: vielleicht waren die alten Helden ja genauso unpassend und wurden erst durch die Geschichte selbst zu dem Helden, um den sich die Legende dreht?

Kritisieren mag man den Plot... oder vielleicht eher Nicht-Plot jedoch sehr wohl. Die Krankheit muss besiegt werden, ein Heilmittel muss gefunden werden. Um dies zu erreichen klammern sich die Charaktere an eine Prophezeiung und versuchen, die Zukunftsschnipsel, die sie kennen, stattfinden zu lassen - nur um herauszufinden, dass es nicht funktioniert. Damit schaffen sich die Charaktere sozusagen ihren eigenen Plot. Sie begeben sich auf eine Suche ohne eigentlich wirklich zu wissen, was sie suchen - nur damit sie Suchen, weil es so gesehen wurde. Nunja... etwas ZU drastisch vielleicht, aber letztlich ist genau dies doch die Formel vieler Fantasy-Texte, oder nicht? Überdies ist es gut möglich, den Aufbau der Queste nur am Rande des Bewusstseins zu behalten und die einzelnen Handlungen zu genießen, denn diese sind teils verwirrend, teils spannend, teils rätselhaft und laufen auf ein... nein, nicht spannungsgeladenes: angemessenes Finale hinaus.

Dieses angemessene Ende, die Erfüllung der alten Geschichten mit Hilfe von Autoren und Göttern (Ist nicht Gott ein Autor? Ist nicht ein Autor der Gott seines Werkes?) ist es, welches die Trilogie in ihrem vierten Teil nun zu einem würdigen Abschluss bringt. Hat man nicht nach Teil zwei aufgehört, so sollte man Teil drei und vier in jedem Fall BEIDE konsumieren.

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Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .


Leseprobe

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Der Elfenlord - Leseprobe (extern)

Zitat(e) aus dem Buch

  • "Ein Priester hat mir einmal erzählt, dass die Alten Götter glauben, die Leben von Sterblichen würden gelebt werden, um bestimmte Geschichten nachzuspielen. Manchmal mischen sie sich ein, um sicherzugehen, dass die Geschichten so ausgehen, wie sie ausgehen sollen - wie sie vom Schicksal vorgesehen sind, nehme ich an."
  • "Es war eine Inszenierung.[...] Von einem der alten Götter.[...][U]m sicherzugehen, dass unsere Geschichten die angemessene Form erhielten."
  • "Die Geschichten sind wahr: Sie sind Muster für die Art, wie wir unser Leben führen. Manche von ihnen enden tragisch."

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