Vorübergehend tot
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Sookie Stackhouse ist Kellnerin in Louisiana - mit einem gewissen Problem: Sie ist Telepathin. Was sich zunächst vielleicht toll anhört scheint eher wie ein Fluch, wenn man erfährt, dass sie zwar Gedanken lesen kann, sich aber vielmehr gegen die Gedanken wehren muss und in einer Welt von Non-Stop-Gedankengeplapper lebt. Unnötig zu sagen, dass Sookie auf diese Art Dinge erfährt, die sie eigentlich gar nicht wissen will, und dass ihr Leben nicht gerade einfach ist.
All dies scheint mit dem Fremden, Bill, anders zu sein, denn von ihm empfängt sie keinen einzigen Gedanken. Die Erklärung ist kaum rätselhaft: Bill ist ein Vampir, einer jener, die angeblich aufgrund eines Virus für "vorübergehend tot" gehalten worden sind. Bill und Sookie kommen zusammen, beide für sich Außenseiter der Gesellschaft. Bill versucht sich einzufügen und kann insbesondere beim Club der Nachfahren ruhmreicher Helden mit Geschichten aus seiner Zeit punkten. Doch die Stimmung in Bon Temps schlägt um, insbesondere gegen Vampire: ein Mörder geht um und die Opfer zierten unter anderem Vampirbisse und einige von Bills Freunden haben sich nicht gerade einen guten Ruf erarbeitet...
Das Buch erhält 8 von 10 Punkten.
Mit Sookie Stackhouse erschafft Charlaine Harris eine Welt, die unserer im Wesentlichen gleicht. Ein zentraler Punkt unterscheidet sich jedoch von ihr: Vampire gibt es und sie offenbarten sich der Welt nachdem es gelang, künstliches Blut herzustellen. Somit sind sie keine Bedrohung mehr für Menschen, da sie sich ohne "Jagd" ernähren können. Diese Welt ist es, die den wesentlichen Reiz der gesamten Serie ausmacht und mit dem üblichen "Vampire außerhalb der Gesellschaft und als Gegenspieler der Menschen" bricht. Diese Grenzen zwischen den zwei „Rassen“ sind oft noch sichtbar und die Integration der Vampire ist eher schleppend, was auch so mancher realen Integration parallel läuft, aber zusammenleben ohne Konflikt eröffnet sich hier als Möglichkeit - viele altbekannte Klischees oder "Vampir-Standards" werden hingegen ausgenutzt.
Der erste Band der Serie ist kein tiefgehender Roman und auch wenn man bei den Morden an eine Detektivgeschichte denken mag, so wird man von dieser eher enttäuscht werden. Den Mörder zu erraten ist nahezu unmöglich und er wird letztlich via quasi-deus-ex-machina enttarnt. Diese göttliche Maschinerie fügt sich allerdings nahtlos in die Handlung besteht sie doch aus Sookies Talent, Gedanken zu lesen, welches das zentrale Element ihres Charakters ist. Somit kann dies keine direkte Kritik sein, sondern wird lediglich jene Leser enttäuschen, die starkes Gewicht auf den Kriminalaspekt legen, der hier in der Tat ein wenig zu sehr verkommt
Dieser Kriminalaspekt ist vor allem zugunsten der romantischen Beziehung zwischen Bill und Sookie zurückgestellt, der teilweise recht erotisch ausformuliert wird ohne in Hardcore-Schilderungen abzudriften; vielmehr bleiben meist Andeutungen für die Phantasie des Lesers. Unter Umständen kann man dies durchaus als kitschig und übertrieben bezeichnen; die starke Verbindung zwischen Vampiren und Erotik (und auch Romantik) ist diesen Wesen jedoch praktisch seit ihrem Erstauftritt gegeben, wodurch es durchaus nicht unpassend wirkt.
Den Hauptreiz des Romans - und der Serie - macht die besondere Welt Sookies und ihr Talent aus. Denkt man an andere "Helden", so findet man oft sarkastische, zynische oder nahezu allmächtige Heldinnen in vergleichbaren Büchern. Sookie hingegen ist - mit Ausnahme der Telepathie - eine „normale“ Kellnerin. In dieser Hinsicht ist sie nicht vollständig zu vergleichen mit beispielsweise einer Buffy Summers (Buffy, die Dämonenjägerin), wenngleich die Szenerie der Welt eine ähnliche ist. Bisweilen ist Sookie jedoch ebenfalls recht schlagfertig und durch das leicht skurrile Setting behält die Serie einen lockeren humoristischen Unterton vor dem ansonsten recht dämmrigen Hintergrund. wirklich zum Schreien lustig oder auch nur für einzelne Lacher gut ist der Roman jedoch nicht. (Aber mal ehrlich: ein Vampirroman in strahlendem Sonnenlicht ist einfach unpassend. Und ein humoristischer Vampirroman muss fast zwangsläufig von Anfang an Persiflage sein.)
Auch die Nebencharaktere sind interessant gestaltet und im Rahmen der üblich-kurzen Skizzierung oft amüsant und nicht einfach nur Hintergrund (zumindest nicht alle und nicht ausschließlich). Bisweilen ist die Beschreibung jedoch ein wenig überflüssig - wozu muss ich wissen, dass der Wagen hinter dem Haus geparkt wird? Normalitätsatmosphäre wurde nicht wirklich vermittelt aber zum Glück nahm solcherlei nie derart überhand, dass ich das Buch resigniert weglegte.
Irritierend waren Teile der Übersetzung: Wie oft las ich "...war baß erstaunt". Bislang hielt ich baß ja für Mittelhochdeutsch, aber in irgendeinem Dialekt scheint es sich erhalten zu haben. Außer bei ausgezeichneten Dialekt-Romanen ziehe ich jedoch Standarddeutsch vor: diese Stellen sind einfach nur irritierend und passen auch nicht wirklich in die Südstaaten, was andere Dialekte hätte erklären können.
Die Sookie Stackhouse Serie ist geeignet für Vampirfans, die nicht unbedingt kriminalistisch miträtseln wollen und denen die Idee einer Telepathin-wider-Willen gefällt sowie mit erotischen Andeutungen und langatmiger Romantik gut umgehen können. Trifft dies zu, so wird man von den vorübergehend Toten gut unterhalten. Der Roman lebt eindeutig von der ungewöhnlichen Welt mit ihren Vampiren, "Fangbangern" und Co, ist kein absolut spektakuläres Novum aber gute, flotte Unterhaltung mit stark romantisch-phantastischem Zentrum.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
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