Nussknacker und Mausekönig
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Wie jedes Weihnachtsfest bekommen die Kinder der Familie Stahlbaum Geschenke. Doch dieses Jahr ist ein besonderes darunter: ein Nussknacker, nicht übermäßig ansehnlich, den Marie sofort ins Herz schließt. Als ihr Bruder Fritz den Kiefer des Nussknackers beschädigt nimmt sie sich des Verletzten daher auch sofort an. Als sie spät nachts noch allein bei dem Verwundeten hockt, passiert das Unglaubliche: Die Puppen im Schrank erwachen zum Leben, angeführt vom Nussknacker. Und nicht nur das: zahlreiche Mäuse unter der Führung eines 7-köpfigen Mäusekönigs tauchen auf und liefern sich eine Schlacht mit dem Nussknacker und Fritz' Soldaten...
Das Buch erhält 9 von 10 Punkten.
"Nussknacker und Mausekönig" zählt zur Gattung der Kunstmärchen und ist ein Beispiel dafür, dass auch übliche Schullektüre heiter und spannend sein kann. Die Inhaltsangabe oben ist unvollständig, denn wäre sie komplett, würde sie hier die gesamte Handlung ausfüllen. (Warnung: Die Rezension geht auf mehr Details der Geschichte ein als üblich.) Wie so oft bei Kunstmärchen spielt das Werk mit Sein und Schein und lässt den Leser zuletzt ohne eine echte Antwort zurück. Einerseits wird Maries Darstellung der Schlacht auf ein Delirium geschoben: spät in der Nacht hat sie eine Glasscheibe zerschlagen, sich geschnitten und stark geblutet. Eine überzeugende Begründung. Dann jedoch erzählt ihr Pate Drosselmeier - der wunderliches, mechanisches Spielzeug herstellt, was in der Romantik zu besonderer Beliebtheit gelangte - die Geschichte von der "Harten Nuss". Dies ist ein Märchen im Märchen. Die Relevanz für die übergeordnete Handlung besteht darin, dass sie die Geschichte des Nussknackers erzählt: dieser war ein Mensch und wurde verflucht, nach dem unglücklichem Streit einer Königin mit einer Maus und der Suche nach Erlösung für eine verwunschene Prinzessin. Überdies ist dieser Nussknacker sogar noch der Neffe des Paten.
Also doch Realität? Es scheint so, stellt der Mausekönig doch schließlich Forderungen, um den Nussknacker am Leben zu lassen und verschwinden die geforderten Dinge auch. Marie besorgt dem Nussknacker schließlich ein Schwert und wird zum Dank in sein Reich mitgenommen - doch dann wacht Marie im Bett auf. Also ein Traum. Doch dann ist da wiederum der Neffe des Paten Drosselmeier, der eines Tages zum Besuch kommt und um Maries Hand anhält, da sie mit ihrer Liebe den Fluch auf ihm gebrochen hat.
Zuletzt scheint es also eine Geschichte zu sein, die eher wahr ist als ein Traum - wenngleich in einem märchenhaften Kontext. Auch die mitunter absonderlichen Reaktionen des Paten Drosselmeier zeigen in diese Richtung - eine Interpretation via Delirium und Träume bleibt jedoch grundsätzlich offen, sofern man eine Erklärung für den Neffen des Paten findet. Aber dies ist zuletzt gar nicht nötig: es ist ein Kunstmärchen.
Neben diesem recht zentralen Thema des Buches bietet N&M amüsante Unterhaltung: von kindlichem Spiel und Faszination für Mechanik (nicht nur von kindlicher Seite) sowie der Schilderung der Schlacht zwischen Mäusen und Spielzeug sowie der Suche nach der Nuss Krakatuk bis hin zu der Brechung der "Realität" in den Geschichten selbst. Hierbei gibt es oft Schilderungen um ihrer selbst willen, denn im Gegensatz zum (Volks-)Märchen ist dieses langgestreckt. Wollte man, so ließe es sich auf wenige Seiten reduzieren, aber gerade in vielen Beschreibungen liegt ein Großteil des Reizes. Das Lesen macht einfach Spaß, und zuletzt kann man Fragen: selbst wenn dies alles nur Phantasie eines spielenden Kindes sei, ist es denn nicht gerade die Phantasie in jedem, welche Dinge lebendig Macht? Oder weitergehend fragend: Ist es nicht unsere Phantasie, welche unsere gesamte Welt gestaltet?
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
Diese Rezension bewerteten 15 positiv und 7 negativ. (17334 Leser bisher.)
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