Goyas Geister
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Im Jahre 1792 ist der spanische Hofmaler Francisco de Goya mit mehreren Aufträgen beschäftigt. Unter anderem malt er Inés Bilbatua, die Tochter eines reichen Kaufmanns, die das Porträt zu ihrem achtzehnten Geburtstag geschenkt bekommen soll. Währenddessen hat der Priester Lorenzo Casamares, den Goya ebenfalls porträtiert, einen Beschluss erwirkt, mit dem die heilige Inquisiton wiedereingeführt wird um dem Glauben in Spanien zu alter Stärke zu verhelfen.
Als Inés wegen einer Kleinigkeit eine Vorladung des Tribunals der Inquisition erhält, nimmt das Schicksal einen verhängnisvollen Verlauf: Wegen der von Lorenzo verordneten Strenge des Tribunals wird sie unter Folter zu einem Geständnis gezwungen und verschwindet in den Kerkern der Inquisition.
Ihr Vater Tomás versucht deshalb bei einem von Goya vermittelten Treffen Lorenzo umzustimmen, der aber felsenfest darauf beharrt, dass nur ein Schuldiger unter Folter zusammenbricht und gesteht. Damit gibt sich der Kaufmann nicht zufrieden, weswegen er zu drastischen Mitteln greift um den Priester umzustimmen.
Währenddessen verändern sich in Europa die Machtverhältnisse: Auf die französische Revolution folgt der Aufstieg Napoleons, der den ganzen Kontinent mit Krieg überzieht und die Königshäuser Europas in Angst und Schrecken versetzt. Auch in Spanien überschlagen sich die Ereignisse, die gleichermaßen Auswirkungen auf Goya, Inés und Lorenzo haben werden…
Das Buch erhält 7 von 10 Punkten.
Mit “Goyas Geister“ legt das Duo Jean-Claude Carrière und Milos Forman (Regisseur der gleichnamigen Verfilmung) einen interessanten historischen Roman vor. Im Spanien des späten 18. Jahrhunderts angesiedelt, wird eine Geschichte erzählt, deren Schwerpunkt in den drei Hauptfiguren und ihrem Verhältnis untereinander liegt.
Das spannendste Leben führt der Priester Lorenzo. Er ist hochintelligent und verschreibt sich mit ganzem Herzen seinen Idealen. Für diese, teilweise wechselnden, Ideale ist er bereit sich selbst und vor allem seine Mitmenschen zu opfern.
Diese Rücksichtslosigkeit hängt damit zusammen, dass er niemand ist, der sich widerstandslos indoktrinieren lässt: Egal ob bei den Lehren der Kirche oder bei denen der französischen Revolution, der er sich später anschließt, immer hinterfragt er die Dogmen bis zum Letzten. Wenn er dann allerdings zu seinen Schlussfolgerungen gelangt ist, gibt es für ihn nichts was ihn von diesen abbringen könnte, selbst seine Handlungen, die seinen Idealen manchmal entgegenlaufen, ändern nichts an seiner Entschlossenheit.
Inés Bilbatua dient als Projektionsfläche für die Auswirkungen von Lorenzos Taten. Sie ist beschützt von der Außenwelt aufgewachsen und dementsprechend naiv und gutgläubig. Nach ihrem ersten Kontakt mit dem “echten Leben“ findet sie sich plötzlich in einer Situation wieder, in der sie einem Inquisitionstribunal auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist.
Im Zusammenhang mit ihrer Verurteilung muss sie mit grausamen Haftbedingungen zurechtkommen, einer Aufgabe der weder sie noch ihre Psyche gewachsen ist. Sie verliert ihren Bezug zur Realität und wird wahnsinnig. Einziger Kontakt zur Außenwelt ist Lorenzo, der sie manchmal in ihrer Zelle besucht. Er, der Verursacher ihres Leids, wird zum Fixpunkt ihres Lebens.
Als Beobachter der Zeit dient Francisco de Goya. Der alte Maler ist mit Lorenzo befreundet und entwickelt für Inés im Laufe der Geschichte väterliche Gefühle. Den Aktivitäten seiner Bekannten und den Umwälzungen in der Gesellschaft begegnet er fast ausschließlich mit Teilnahmslosigkeit und der Flucht in sein Atelier. Seine Ansichten kommen in seinen Bildern zum Ausdruck, durch sie kommentiert er das von ihm Beobachtete. Erst am Ende der Geschichte versucht er selbst ins Geschehen einzugreifen. Um Inés zu helfen zieht er alle Register und scheitert dabei auf ganzer Linie.
Die Charakterentwicklung gelingt den Autoren vorzüglich, nie gibt es einen Bruch in der Kontinuität oder ein Abfall ins Unglaubwürdige. Als Leser unterliegt man einer ständigen Faszination für die Figuren: Man ist von der Widersprüchlichkeit Lorenzos, von den Auswirkungen der Schicksalsschläge auf Inés Geisteszustand oder von der Qualität der Apathie Goyas beeindruckt und betroffen zugleich.
Einziger Schwachpunkt des Buches ist die Kürze der Handlung. Auf den 337 Seiten passiert nicht wirklich viel und dem Leser wird einfach zu wenig Abwechslung geboten. Hier hätten ein paar Nebencharaktere und Handlungsstränge mehr gut getan.
Fazit: Empfehlenswerter, etwas handlungsarmer historischer Roman.
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