Narrenturm
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Schlesien im Jahre 1422. Der junge Medikus Reinmar von Bielau hat sich bei einem Schäferstündchen mit einer verheirateten Adeligen von der Familie ihres Mannes überraschen lassen. Für ihn beginnt eine Flucht durch das sich in den Wirren der Hussitenkriege befindende Osteuropa. Dabei muss er sich nicht nur der nach seinem Blut dürstenden Familie Sterz erwehren, sondern auch der heiligen Inquisition, deren Interesse Reinmar durch den Besitz einiger magischer Bücher geweckt hat.
Von seinen Freunden und Gönnern wird ihm zum ungarischen Exil geraten, doch Reinmar glaubt seine Geliebte aus den Fängen der Sterze befreien zu müssen. Unterstützt von tüchtigen Gefährten und einer gehörigen Portion Glück beginnt er sein Unterfangen, das ihn geradewegs in den Narrenturm führen wird …
Das Buch erhält 9 von 10 Punkten.
Sapkowski gelingt mit „Narrenturm“ eine überzeugende Darstellung des spätmittelalterlichen Lebensgefühls. Von der heuchlerischen Tugendhaftigkeit des Adels und der gnadenlosen Selbstherrlichkeit der Kirche, über das absteigende Ansehen des Rittertums und bis hin zum größer werdenden Selbstvertrauen der Bürger und Bauern wird der historische Wandel des Gesellschaftsbildes auf sehr witzige Art und Weise aufgezeigt, ohne dabei die Ernsthaftigkeit der Geschichte zu schmälern.
Der naiv-romantische Reinmar findet im Laufe der Handlung in Form seines gewitzten Begleiters Scharley einen Freund der das genaue Gegenteil von ihm darstellt, und somit eigentlich den geheimen Helden der Geschichte . Er rettet Reinmar ein ums andere Mal aus misslichen Situationen und steht für den einprägsamsten Ausspruch des ganzen Buches: „Sieh
nur, die Kirche, die Schenke, das Bordell und dazwischen in der Mitte ein Haufen Scheisse. Das ist das Sinnbild des menschlichen Lebens.“
Beim „Narrenturm“ handelt es sich um keinen rein historischen Roman: Sapkowski hat auch viele Fantasy-Elemente in die Handlung eingebaut. Reinmar begegnet im Laufe der Zeit Hexen, Zauberern, Dämonen, Zwergen, Dryaden und Wassernixen. Auch Reinmar selbst hat dank seines Studiums in Prag einige magische Grundfertigkeiten. All dies fördert indirekt auch die mittelalterliche Authentizität, da die Existenz solcher übernatürlicher Phänomene zu dieser Zeit meist nicht bezweifelt wurde.
Einen kleinen, und nicht sonderlich störenden, Kritikpunkt stellt die Überladung des Buches mit zum Großteil unwichtigen historischen Fakten und Namen dar. Dem Leser werden zwar generell sehr detailliert die verwirrenden Begebenheiten und Herrschaftsverhältnisse im osteuropäischen Raum des 15. Jahrhunderts aufgezeigt, aber dies geschieht bruchstückhaft und unzusammenhängend, sodass am Ende nur wenig haften bleibt.
Wer historische Romane nicht völlig verabscheut, und sich auch nicht vom eher ungewöhnlichen Handlungsort abschrecken lässt, dem sei „Narrenturm“ wärmstens empfohlen. Dem Leser wird bis zur letzten der 708 Seiten eine fesselnde Geschichte präsentiert.
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Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
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