Der Puppenkönig
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Zeitfenster des Geschehens: Das 18.Jahrhundert. Der Bauchredner Julius Klingenthal zieht mit seinen Puppen durch das Land, er ist auf dem Wege nach Steinfurth- ein kleines, verschlafenes Städtchen- wo er, wie seit vielen Jahren, den Winter zu verbringen gedenkt. Unterwegs trifft er auf die schöne Alena, welche ihren Lebensunterhalt als Klagefrau verdient. Geheimnisvoll und faszinierend findet Julius diese Frau vom ersten Augenblick an.
In Steinfurth findet er Unterschlupf bei Pastor Matthies, ein ihm sehr sympathischer Mann. Dieser stellt auch Alena ein, als seine Haushälterin. Er scheint ihr sehr zugetan, was Klingenthal verärgert, pflegen er und Alena doch eine Liebesbeziehung, die sie jedoch aus guten Gründen geheim halten.
Da wird das kleine Städtchen von einer grausamen Tat heimgesucht: Der Ratsherr Angerstein wird durch den Pfeil einer Armbrust regelrecht aufgespiesst- ein abscheulicher und heimtückischer Mord! Wenig später geschieht die zweite blutige Tat, verübt mit einem Schlachtermesser. da wird bereits Klingenthals kriminalistischer Spürsinn geweckt. Es kommt zu weiteren Morden, die alle jeweils mit mittelalterlichen Kriegswaffen geschehen. Klingenthal fängt an zu recherchieren- teils aus Neugier, teils aus purem Eigeninteresse- und taucht dabei tief in bizarrste Verstrickungen und menschliche Abgründe ein. Mehr als einmal gerät er dabei selbst in Lebensgefahr...
Der Prolog handelt von einem kleinen Jungen; dieser wirkt sehr unglücklich und gequält, wird er doch regelmässig von seinem Vater den er nur "Onkel Johannes" nennt geschlagen. Nach einer dieser Misshandlungen sitzt der Junge am Bootssteg und beobachtet wie ein Mann seine Jungkatzen ersäuft. Erst verängstigt und angeekelt reift in ihm ein Gedanke. Und so kommt es dass der Vater nach seiner Verlobungsfeier volltrunken von einer kleinen Kinderfaust vom Bootssteg in den See gestossen wird und dort jämmerlich ertrinkt da er nicht schwimmen kann. Aus dem Kindermund hört man erst leises Weinen, dann ein Kichern der Erleichterung.
Dieser Prolog steht erst einmal aussen vor, der Leser kann ihn nicht in das weitere Geschehen einfügen. So bleibt an dieser Stelle erst mal ein Fragezeichen.
Sehr schön versteht es Wolf Serno auch in diesem Roman unterhaltsam, ja fesselnd zu schreiben und das Ganze wieder mit fundierten historischen Tatsachen zu belegen- so zum Beispiel die Verwendung des aus dem Jiddischen Sprachgebrauch herrührende Wort "Schickse", welches auch im heutigen Sprachgebrauch seine ursprüngliche Bedeutung behalten hat.
Serno hat mit Klingenthal einen sensiblen, schüchternen, ja etwas eigenbrötlerischen Bauchredner erschaffen der in der Phantasie des Lesers wohl genau so im 18.Jahrhundert existiert haben muss. Der einsame Wolf, welcher allein mit seinem Karren voller Puppen durch das Land zieht. Er hat eine besondere Beziehung zu all seinen Geschöpfen, sie sprechen zu ihm und nicht selten kann Klingenthal nur durch seine Puppen Kontakt zu seinen Mitmenschen aufnehmen. So auch zu Alena, deren erste Begegnung geprägt ist von Unbehagen, Schüchternheit und doch starker Faszination. Die beiden verlieben sich ineinander trotz des beträchtlichen Altersunterschiedes- aber man ahnt es schon früh, die Beziehung der zwei steht unter keinem guten Stern.
In Steinfurth angekommen wird Klingenthal freundlich aufgenommen wie all die Jahre zuvor. Zu Pastor Matthies, bei dem er und seine Puppen Unterschlupf finden pflegt er ein hezliches verhältnis, jedoch die unübersehbaren Gefühle die dieser für Alena hegt sind ihm ein Dorn im Auge.
Von dem ersten Mordgeschehen an ist Klingenthals kriminalistischer Spürsinn geweckt. Er beginnt auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen, nicht zuletzt auch um seine Haut zu retten, denn Klingenthal trägt ein Geheimnis mit sich welches ihn im Laufe der Mordserie selbst unter Verdacht bringt- und mehr als einmal gerät er dabei in akute Lebensgefahr.
Serno schafft es, den Spannungsbogen aufzubauen, der Leser hat im Verlauf der Geschichte mehrere Verdächtige, die sich im Nachhinein als unschuldig erweisen, Personen die als offensichtlich verdächtig dargestellt weren mag man sofort von seiner Schuldigenliste streichen. So bleibt bis zuletzt die Frage offen welches Monster zu solchen Bluttaten fähig ist, und erst am Ende des Buches, kurz bevor der Täter gestellt wird, fügt sich für den Leser das Bild zusammen. Und plötzlich verknüpft sich auch der Anfang mit der restlichen Erzählung.
Das Ende erinnert ein wenig an "Den Balsamträger"- auch hier endet die Geschichte sehr aprupt- lässt Spielraum für Spekulationen, vielleicht gewollt von Serno, für den Leser jedoch schade, da sich ein etwas unbefriedigendes Gefühl einstellt keinen abgerundeten Schluss zu haben.
Eine weitere Wiederholung von Serno: Auch hier lässt er gern seine anderen Romangestalten hie und da kurz in die Geschichte miteinfliessen- das Werk "De Causis Pestis" von Vitus von Campodios, die Abenteuer von Pausback und Listig- was den geschulten Serno Leser kurzweilig schmunzeln und an die anderen Romane denken lässt.
Fazit: Wolf Serno hat mit dem Puppenkönig einen Roman geschaffen der sich an seinen Vorgängern messen kann- auf seine Art einzigartig aber doch der typische Charakter erkennbar. Wolf Serno ist ein Garant für spannende, kurzweilige Unterhaltung, gespickt mit historisch belegten Tatsachen (der geneigte Leser mag dies selbst überprüfen!), kurzum ein Buch welches das Prädikat "Sehr zu empfehlen" trägt!
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Zottel war einst riesiger Wolfgang Hohlbein-Fan, aber das hat nachgelassen. Inzwischen schätzt er alle guten Bücher, die sich so in seinen Regalen tummeln.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
Leseprobe
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