Der Balsamträger
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Im 18. Jahrhundert reisten viele Apotheker, „Bauchladenhändler“ und Scharlatane von Frühjahr bis Herbst quer durch Deutschland, um ihre Tinkturen, Wunder- und Heilmittel möglichst teuer zu verkaufen. Auf dieser historischen Tatsache baut Wolf Serno auf: Der geistig weniger, aber körperlich um so mehr gesegnete Pausback ist der Sohn eines solchen Buckelapothekers. Leider ist sein Vater diesen Winter verstorben, weshalb er alleine los ziehen muß. Da Pausback zwar meilenweit ohne Pause marschieren kann, aber weder addieren noch subtrahieren, wird er zwar sehr viele seiner „Olitäten“ los, jedoch bleibt seine Geldkatze weiterhin leer.
Doch bald schon ist Rettung in Sicht: Der fußlose, aber äußerst schlaue und gewiefte Listig. Wie schon seine Name sagt, ist es für ihn kein Problem, mit Worten andere Menschen zu verwirren, zu manipulieren. Nur das Vorwärtskommen ist ohne Füße sehr erschwert. Nach kurzer Zeit raufen sich Pausback und Listig zusammen. Pausback läuft und trägt Listig in einem Holzgestell auf dem Rücken, Listig feilscht, schwingt Reden und achtet darauf dass eher mehr als weniger Geld in Pausbacks Taschen wandert.
Das Glück scheint perfekt. Als die beiden jedoch eines Tages auf die wunderschöne Magd Eva treffen, geht ihre Freundschaft in die Brüche. Dass Eva in Wahrheit ein Teufel in Engelsgestalt ist, erfahren sie erst, als es fast zu spät ist für ihre Freundschaft.
Wolf Serno hat mit diesem Buch wieder einmal bewiesen, wie gut er historische Tatsachen und Fakten mit einer sehr guten, fiktiven Geschichte verknüpfen kann. Beim Lesen seines Buches bekommt man den Eindruck, dass er sehr gut recherchiert hat, so z.B. hat er im Vorfeld sich genauestens über das Bezahlsystem des 18. Jahrhunderts informiert und dieses in seinem Buch umgesetzt.
Anfänglich ist das Buch etwas verwirrend .– Im ersten Kapitel liest man die Geschichte von Listig, wie und wieso er seine Füße verlor. Im zweiten Kapitel geht es dann um den Aufbruch von Pausback aus Oberweißbach, dem Beginn des Abenteuers. In der zweiten Hälfte des zweiten Kapitels geht es dann auf einmal um den Amtsmann Röther und seine blonde, wunderschöne Magd Eva und um das Ding zwischen seinen Beinen, das er liebevoll "„mein bester Freund"“ nennt. Eben diese Magd und sein bester Freund, aber auch seine leere Geldbörse sind schuld, dass seine Ehefrau, aus einer gut betuchten Familie stammend, jämmerlichst an einer Arsenvergiftung sterben muß.
Diese drei Handlungsstränge haben anfänglich keinen Bezug zueinander, was es dem Leser nicht gerade erleichtert. Aber er wird belohnt: Je weiter man liest, desto näher kommen sich die drei Handlungsstränge, verweben sich immer mehr zu einem großen, schönen Werk.
Sehr bildhaft und eindrücklich schildert Serno die Abenteuer von Pausback und Listig, den Füßen und dem Kopf, wie sie sich selber nennen. Wie in jeder menschlichen Beziehung tun sich auch hier einige Abgründe auf, und verdunkeln die Freundschaft: So sitzt Pausback kurz vor dem Ende allein, von einem übermüdeten Arzt als geistig verwirrt abgestempelt, in Haft, da Listig ihn mit Giftpilzen auf den Markt geschickt hatte. Mit eben den Giftpilzen, mit denen auch der Amtsmann Röther umgekommen ist. Jedoch findet Listig Beistand bei einer Altmagd, die sich von seinen Worten nicht so schnell einwickeln lässt, und die ihn auf den „Pfad der Tugend“ zurück holt. So gelingt es Listig mit Hilfe einer Reisebekanntschaft Pausback zum Ausbruch zu verhelfen.
Das ganze Buch ist sehr spannend geschrieben, man möchte es zeitweise nicht aus der Hand legen. Anfängliche Überlegungen, ob dieses Buch überhaupt mit dem Wanderchirurgen mithalten kann, wurden sehr schnell zerstreut: Genauso brilliant historisch fundiert und qualitativ genauso hochwertig. Es kommt sogar zu einer Verknüpfung der Geschichten, als der Zahnbrecher Boltrich Listig seine Instrumente zeigt. Auf einem ist der Name „Vitus v. Campodios“ eingraviert. Diese Verknüpfung erscheint nicht, wie es sehr häufig passiert, platt und deplaziert, sondern fügt sich wunderbar in den Erzählfluß ein, läßt einen schmunzeln und kurz an die Geschichten des Wanderchirurgen denken.
Lediglich das Ende des Balsamträgers fällt sehr abrupt aus, à la „und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute“. Dies ist sehr schade, da dieses Werk auf jeden Fall einen schönen runden Abschluß und kein Ende mit der Guillotine verdient hat (rein bildlich gesehen). Nichts desto trotz ist dieses Werk von Serno nur wärmstens zu empfehlen!
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Zottel war einst riesiger Wolfgang Hohlbein-Fan, aber das hat nachgelassen. Inzwischen schätzt er alle guten Bücher, die sich so in seinen Regalen tummeln.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
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