Der Letzte Held
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Vor mehreren Jahrhunderten herrschte der Rakshas Danh-Gem über die Welt, doch wurde er schließlich besiegt. Zurück ließ jedoch eine Prophezeiung seiner Rückkehr. Die Zeit für jene Rückkehr ist nun gekommen und das magische Niveau der gesamten Welt steigt: lange verschwundene Monstren tauchen wieder auf: Riesenpanther, Mantikore, Sirenen - und Rakshas.
Die Oberste Zivilistin der größten Stadt, Kol, hat beschlossen, die Prophezeiung zu erfüllen – was natürlich am besten funktioniert, wenn man selbst dafür sorgt, dass die diktierten Bedingungen erfüllt werden – und ein wenig zusätzliche Hilfe und Ausbildung für den Helden schaden auch nicht. Als besten Anwärter auf die Position dieses Helden wird ein Prinz vor Attentätern gerettet und ausgebildet. Ihn begleiten die beste Magierin aus Kol und Kirin, dessen Vergangenheit für ihn selbst im Dunkeln liegt und der seinerseits von Stachel begleitet wird, dessen Identität noch ein Stück unklarer ist.
Doch auch die andere Seite schmiedet Pläne: Die unübersetzbaren Bücher, die der Rakshas zurückließ, werden gestohlen und Völker werden auf ihre Loyalitäten geprüft.
Schließlich scheint Kirin zum entscheidenden Drehpunkt zu werden: ein Ravianisches Buch spricht zu ihm und gibt sich als Narak, der Dämonenjäger, und Kirins Vater zu erkennen. Er war es, der Danh-Gem einst besiegte. Doch der Rakshas hatte immer einen Ersatzplan und so schmiedete auch Narak einen: Kirin wurde als einziger seines Volkes zurückgelassen und soll Danh-Gem nach seiner Rückkehr töten. Doch kann man einem Buch trauen, das über auffällig viel Macht verfügt und Kirin nahe legt, zunächst mit den Anhängern des Rakshas zu kooperieren?
Das Buch erhält 9 von 10 Punkten.
Vergleiche mit bekannten Autoren sind Gang und Gebe und oft ziemlich lächerlich. Hier dient einmal nicht Tolkien oder Bradley als Vergleich, stattdessen gilt Samit Basu als "Indischer Pratchett". Der Übersetzer wurde taktisch klug gewählt: Andreas Brandhorst ist auch deutscher Übersetzer eben jenes Pratchett. Zudem ist der Vergleich dieses Mal brauchbar: Samit Basu teilt auffällig viele Merkmale mit der Literatur Pratchetts, hat aber natürlich auch seinen eigenen Stil.
Was sind die Gemeinsamkeiten? Allen voran ist da der schräge Humor. Hier stützt Basu sich auf die Mythen und Legenden der gesamten Welt und verdreht sie auf verschiedene Arten - von Wegen "Sirenen locken Menschen durch Gesang ins Verderben"! Die Oberste Zivilistin von Kol hat zudem gewisse Ähnlichkeit mit Lord Vetinari, wenn sie auch mehr auf Hilfe anderer Personen setzt als auf den manipulativen Alleingang. Überdies ignoriert Basu das oft gängige gut/böse Klischee: bei ihm gibt es kein gut oder böse - es gibt Macht und alles andere ist Sache der Einstellung. Dies klingt auch in einigen Pratchetts an, wenngleich nicht in allen.
Der Humor Basus ist in vielerlei Hinsicht an diese üblichen Klischees und auch die der Legenden gebunden. Die alten Sagen werden entmythifiziert und mit viel mundaneren, realistischeren Erklärungen abgehakt. Das Übergreifende Thema ist jedoch episches gut gegen gut oder böse gegen böse oder gut gegen böse... je nach dem, wessen Einstellung man sich anschließt. Im Gegensatz zu Pratchett läuft es hier also auf eine große, Weltentscheidende Konfrontation hinaus.
"Der letzte Held" kann problemlos abgeschlossen gelesen werden. Man wird Vermutungen über tatsächliche Gegebenheiten anstellen und Mutmaßen, wie viele der Charaktere Zweitpläne oder sogar Zweitpläne zu Zweitplänen haben und welche sie gerade verfolgen - die wahren Motive einiger sind offensichtlich, andere verschleiert. Auf das Ende bereitet Basu mit unauffälligen Hinweisen vor und demonstriert überzeugend, dass Einstellungen wie gut und böse nicht immer gute Lösungen bieten – oder überhaupt Lösungen. Die Fortsetzung wird exzellent Anknüpfen können und das Thema mit einem neuen Ansatz weiterführen können - schon jetzt freue ich mich.
Negatives gibt es in zweierlei Hinsicht, einmal am Verlag und dann an der Arbeit des Verlags:
"Autorverschuldet", wenn man so will, ist eine Vielzahl an Namen. Man trifft nicht auf Orks, Elfen und dergleichen. Die Namen wirken weit exotischer und kommen aus nahezu allen Mythen der Welt, natürlich auch aus Indien: "Rakshas", ein hinduistischer "unreiner Geist" im Ursprung, zähle zu den bekannteren Wesen. Ein Glossar einiger Namen und Völker wäre hilfreich gewesen, man kommt mitunter auch als Vielleser durcheinander. Ein gutes Gedächtnis ist also hilfreich. Gleichzeitig lässt sich „Exotik“ aber auch als Pluspunkt sehen.
Dem Verlag zuzuschreiben ist jedoch das - Pardon - idiotische Cover. Was soll es? Indien kennzeichnen? Das ist lächerlich, denn mit Indien hat das Buch wenig zu tun. Ja, auch indische Mystik wurde verarbeitet, aber die Kulisse ist doch eher die Epik der gesamten (antiken) Welt. Kurz: Das Cover macht einmal mehr keinen Sinn und hätte besser im Stile der englischen Ausgabe bleiben sollen: jenes zeigz einen im Buch vorkommenden Steinkreis auf der Hand des ebenfalls wichtigen "Stachel". Humor kennzeichnet das Cover wahrheitsgemäß, aber das war es auch schon. Eine unverständliche Illustration.
"Der Letzte Held" ist trotzdem eine exzellente Lektüre, die in vieler Hinsicht tatsächlich mit Pratchett vergleichbar ist. Eine gewisse Vorbildung ist nötig; ohne sie wird man viele Anspielungen auf bekannte Legenden nicht verstehen. Ohne diese Kenntnisse verliert die Geschichte dementsprechend an Reiz. Insbesondere Fans von Pratchett sollten zugreifen. Sich zurückhalten sollten jene, die eindeutiges gut und böse suchen oder der Realität durch große, unbefleckte Heldentaten entkommen wollen.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
Zitat(e) aus dem Buch
- „Bestimmt hat man dir gesagt. Dass das Gute letztendlich immer über das Böse triumphiert. Es liegt daran, dass die Verlierer nach dem Krieg als böse bezeichnet werden.“
- Kirin hatte Djongli gefragt, ob er der König des Dschungels war und die Tiere seinem Ruf antworteten, aber Djongli hatte recht verlegen erwidert, dass die Tiere ihn mit ihren Rufen aufforderten, still zu sein.
- Die Sphinx beugte sich vor. „Was habe ich in meinen Taschen?“, fragte sie mit einem irren Glühen in den Augen.
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