Ilias und Odyssee (Nacherzählt von Walter Jens)
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Es begann im alten Griechenland, als die Götter noch über die Erde wandelten. Paris, ein Prinz aus Troja, der zum Schutz gegen eine unheilvolle Prophezeiung ausgesetzt wurde, wird von den Göttern bestimmt zu entscheiden, wer die Schönste ist. Die Wahl des Prinzen erzürnt die zwei Verschmähten, wie nicht anders zu erwarten, doch die Siegerin verspricht ihm die schönste Frau der Welt. Dies ist Helena, Gattin des Menelaus von Sparta, die Paris auch wenige Jahre später trifft - und entführt.
Der folgende Kampf um Troja dauert Jahre und die größten Helden des Zeitalters kämpfen gegeneinander: Hector und Achilles, Ajax und Odysseus - und viele mehr. Doch die Wut der verschmähten Göttinnen ist noch lange nicht vergangen und so mischen auch die Unsterblichen kräftig mit und entscheiden das Kriegsglück einmal in diese, dann in jene Richtung.
Nach dem Krieg geht es an die Heimfahrt und der Bedauernswerteste und zugleich listigste Überlebende ist Odysseus. Stehen ihm schon auf der Heimfahrt nach Ithaka Abenteuer mit feindlichen Völkern und Zyklopen bevor, so erreicht er seine Heimat doch nicht: durch Neugier seiner Besatzung wird ein Sack mit Winden geöffnet, die ihn wieder an den Anfang seiner Reise zurückführen. Der weitere Heimweg ist beschwerlich und führt vorbei an Seemonstern, Sirenen und Zauberinnen - und stets ist Odysseus Poseidon ausgesetzt, dem Vater eines Zyklopen, den der Ithaker geblendet hat. In seiner Heimat wird währenddessen seine Frau von Freiern bedrängt, die Odysseus für tot erklären um an seinen besitz zu gelangen - und an seine Frau.
Das Buch erhält 8 von 10 Punkten.
Für junge Hörer
Dies ist nicht die Ilias; dies ist nicht die Odyssee. Dies ist eine Nacherzählung der beiden Geschichten, welche sich auch an sehr junge Zuhörer richtet (ab 8). Mit dieser Altersangabe habe ich Probleme. Mehr Blut sieht man in fast jedem Fernsehprogramm, die Menschen sterben hier einfach "nur". Aber die Wortwahl ist manchmal nicht intuitiv: "Troer" beispielsweise läuft der gängigen Schreibung entgegen und auch bei anderen Namen fiel die Entscheidung auf die zwar gültige aber seltener verwendete Variante (z. B. Ajas statt Ajax).
Ein gewisses Grundwissen ist ebenfalls nicht abkömmlich oder das Verständnis leidet stark. Es bleibt sonst eine Erzählung, aber einige Hintergründe und Details gehen verloren (bzw. werden für eine Naherzählung sinnvollerweise ausgespart), manche Zusammenhänge könnten unklar sein. Wie ein 8-Jähriger dies sieht, wage ich nicht zu sagen.
Für literarisch anspruchsvollere Leser besonders bedeutsam: das Charakteristische des Homerischen Stils, die absolute Präsenz des gerade Erzählten und langes Ausschweifen beim Auftauchen eines Details (wie etwa der bekannten Narbe), geht in dieser Nacherzählung verloren. Beachtet man die Altersangabe, sollte man dies jedoch erwartet haben. Persönlich würde ich das Lesealter jedoch zwei bis drei Jahre höher ansetzen, wegen des generellen Verständnis.
Exzellente Nacherzählung in Prosa
Ansonsten ist die von Stefan Kurt gesprochene und Walter Jens nacherzählte Geschichte genau das, eine Nacherzählung - und eine gute. Die Homer-Lektüre wird sie aufgrund genannter Verluste im Stil nicht ersetzen; das Hörbuch bietet aber einen guten Zugang.
Die Odyssee ist vermutlich auch in dieser Nacherzählung für die meisten Interessanter als die Ilias, die erste Geschichte Europas. Die Episoden werden in Prosa erzählt und behandeln alle wichtigen Punkte. Zudem wurde eine Einleitung hinzugefügt, die zeigt, wie die Geschichten damals vorgetragen wurden: von einem Sänger mit Publikum.
Reduktion für modernen Stil
Ilias und Odyssee ist genau das, als was sie sich präsentiert: eine um Kataloge, schmückenden Beschreibungen und Einschübe und unnötige Aufzählungen" bereinigte Nacherzählung der beiden Bücher. Das Wesentliche also. Das, was man heute als modernere Erzählweise betrachtet. Und auch das, was gerade junge Leser verstehen - denn bei einer Aufzählung von Dutzenden Namen, die sie nie zuvor gehört haben, wird sicher keine Begeisterung ausbrechen. Selbst Erwachsenen nimmt so etwas das Tempo aus der Lektüre.
Das empfohlene Alter ab 8 mag für Interessierte Kinder gelten aber vielleicht ein wenig zu niedrig sein. Eine erstklassige Nacherzählung für all jene, denen es nur auf die Geschichte ankommt und denen das Spezifische an Homers Stil gleichgültig ist. Manch einer mag dies dem mitunter schwer bekömmlichen Original vorziehen, insbesondere Nicht-Philologen.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
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