Buch-Cover, Christian Riesslegger: GMBH

GMBH

Originaltitel: GMBH [DEÖ]
Serie: Shadowrun (#73)Genre: Science Fantasy
Seiten: 400
Erschienen: 04/2006 (Original: 2006)
ISBN: 3-89064-463-5
Preis: 9,00 Euro (Softcover)
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Wertung: 2/5 Grimoires; 4/10 Punkte, geht so

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Wertung: 5/5 Grimoires; 9.6/10 Punkte, Sehr gut

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„Die“ Karo-Ass kehrt nach Österreich zurück, denn sie einen neuen Auftrag. Allerdings muss sie dazu erst einmal das Team zusammenstellen, hat aber auch schon die richtigen Kadidaten: Click, den verrückten Decker, der sich selbst für eine KI mit Konstrukt in der Außenwelt hält, den Rigger Topolino. Hinzu kommt die ominöse Person, welche bei Novatech einbrach, völlig ungesehen, ohne Spuren – und lediglich mit einem Magnetschloss als Beute.

Außerdem ist da noch die Gossenkaterbande, die als Decker weitere Informationen besorgen sollen und Gonzo, der genug zu verdienen versucht, um eine tödliche Krankheit behandeln zu lassen. Dreißig Jahre zuvor versucht der Geheimdienst, eine Invasion zu verhindern.

Das Buch erhält 4 von 10 Punkten.

Dieses Buch erhält zugleich 1 Punkt(!) und 7, zusammen 4. Weshalb? Weil der Einstieg absolut grausam ist und sich das auch nicht gänzlich legt. Ich bin Norddeutscher. Ich komme mit der Österreichischen Variante des Deutschen einfach nicht klar. Das wäre nicht so schlimm, wenn einzelne Figuren den Dialekt benutzten – aber hier tut es der Erzähler! Und dieser bringt zudem weitere Probleme mit sich. Oder ein Problem – wie man es will. Denn bis zum Schluss kann ich die Position des Erzählers nicht bestimmen. Mal scheint er in endloser Ferne zu sein und alles gottgleich zu beschreiben und zu erklären (durchaus nicht schlecht). Dann scheint er wieder nur die Gedanken einer Person zu verwortlichen – und dann mit einem mal einer anderen; und dann wieder von Außen, dann als Kommentar. „Mangel an konsistenter Perspektive“ wäre eines der Prädikate schlechthin.

Zweitens, der Stil, der beispielsweise an die "Sendung mit der Maus" erinnert, Beispie "Heute ist der Gonzo..." und so weiter. Das Präsens ist gut gewählt und stört mich trotz normaler Abneigung nicht: Christian Reisslegger hat gezeigt, dass er versteht, es sinnvoll einzusetzen.

Der Artikel vor Eigennamen ist ja im Dialekt in Ordnung (,was nichts daran ändert, dass es stört: Ich will (Standard-)Deutsch lesen). Wenn allerdings alle Figuren Namen tragen, die gleichzeitig auch Typenbezeichnungen sein könnten, wird es zum zwieschneidgen Schwert: „der Gonzo“ hielt ich zunächst für einen Vertreter eines bestimmten Berufs, wie etwa „der Kneipenschläger“.

Noch einmal zum Erzähler: Wenngleich ich nie weiß, wer da eigentlich erzählt, ist die ganze Erzählung "dahingelümmelt". Ich habe mehrfach versucht, den Erzähler zu visualisieren. Er springt, wie gesagt, durch Perspektiven, ohne Motivation und Kennzeichnung. Er benutzt "straßentypisches", banales Vokabular, das aufgrund von geographischen Bedeutungsverschiebungen mitunter recht hart herüberkommt. Der Erzähler ist flegelhaft und undurchsichtig und ich wartete förmlich auf "nech"s, "ist doch so"s und „kein Drek“s. Vom Erzähler, nicht in wörtlicher Rede, um das deutlich zu machen. Romane aus dem Norddeutschen Raum sind schließlich auch in Standarddeutsch geschrieben und nicht in Platt. Das bleibt sinnvollerweise einzelnen Figuren vorbehalten. Trotz all dem gelang es mir aber nicht, dem Erzähler eine Gestalt zu geben. Ich weiß nicht, wer da eigentlich was erzählt – und dazu tragen auch die Handlung um Gonzo und den Geheimdienst nicht bei, die am Ende recht unmotiviert in der Luft hängen. Andere Handlungen zeigen erste Verbindungen, bleiben aber auch unabgeschlossen.

Der "Stil" führte mitunter auch dazu, dass ich nicht begriff dass Dinge tatsächlich geschahen (Kapitel 1). Im Präsens kam es mit einem mal zu einer Handlung im Schnellvorlauf. Ich dachte, es seien allgemeine Gedankenüberlegungen des Charakters (oder des Erzählers): der Autor ist einfach aus Beschreibung, in Gedanken hinein, aus diesen heraus in Handlung gesprungen, ohne es kenntlich zu machen. Durchgehender "Bewusstseinsstrom" ist nicht ganz falsch. (Glücklicherweise gibt es dafür noch zu viel Interpunktion, aber die österreichische Grammatik, die Satzstellung wie sie normaldeutsch einfach ungrammatisch ist und die ständigen Perspektivewechsel.Selbst jetzt möchte ich noch manchmal schreien!)

Für den Prolog benötigte ich einen Tag. Für das erste Kapitel den nächsten. Mit "Kumpel-Stil" ohne Niveau, ungrammatischem Dialekt (für die Mehrzahl der Leser) und unmotivierte, unmarkiert Perspektive-Wechsel, die ein Erkennen des Erzählers unmöglich machen, ist dieser Roman einfach schlecht.

Das dachte ich, bis ich mich endlich überreden konnte, weiterzulesen. Es wird besser. Die Charaktere sind interessant und oft zynisch. Viele Anspielungen gibt es auch auf heutige Politik, teilweise wohl nur von Österreichern verstanden aber einige auch generell. Manches scheint aber doch unrealistisch und Methoden sind zwar interessant, aber derart unnötig ungewöhnlich, dass hier ein Stück Logik fehlt: Warum in die Berge fliegen, um einen Gefährlichen Heiler zu besuchen, wenn es auch ein anderer täte? Bei einigen Charakteren fehlt Dialekt – aufgrund von Promotion passend, Dialekt bleibt eben niedrigen Ständen vorbehalten. Es kommt aber dennoch immer wieder zu Einschüben des Kumpel-Erzählers und des Dialekts, der für mich absolut keinen besonderen Reiz ausmacht.

Ein Wort zum viel zu kurzen Glossar, das als „Übersetzungshilfe“ dienen soll. Geschenkt, gebt mir einen vernünftigen Glossar, nicht einen der nicht hilft. Beispiel? „G’spaßlaberl: nach was klingt’s denn, Schlaumeier? Umgangssprachliche Kombination aus Spaß und Fleischlaibchen. Klingelt’s jetzt?“ Dies ist der Stil des Erzählers. Und es klingt übrigens – für mich – nach Klönschnack. Aus dem Kontext der Erzählung ist die Wortbedeutung beim Auftauchen deutlich geworden, der Glossar ist ein schlechter Witz und ich komme mir zudem noch vom Erzähler direkt angegriffen vor.

Letztes Manko: Dies ist eine Duologie, die eigentlich ein einzelner Roman ist. Mir liegt „Cashflow“, die Fortsetzung beim Schreiben schon vor. Man wechsle die beiden Bücher und lese weiter: zwei sind es wohl nur, weil ein 700-Seiten-Roman nicht in das Serienprogramm passte. GMBH (der Titel ist willkürlich – ich finde jedenfalls keinen Bezug) beschäftigt sich ausschließlich mit der Aufstellung eines Teams und der Vorgeschichte der Charaktere, die ebenfalls einige Runs beinhalte. Dies ist interessant, aber es ist trotzdem nur Vorbereitung. Und bis auf „Österreich, Karo-Ass zurück“ und die Namen auf dem Buchrücken sollte man den Text besser auch ignorieren: worum es eigentlich geht, weiß ich nämlich nicht.

Stärken: Österreichischer Dialekt für jene, die diesen genießen – für andere ist es eine Qual und Schwäche. Viele Anspielungen auf die Politik, auch der Gegenwart, satirisch-zynischer Stil, der mir gefällt, aber auch Geschmackssache ist. Dem gegenüber steht ein völlig Perspektivloser Erzähler, der mit seinem Kumpel-Stil gefallen oder verärgern kann. Überdies mehr zu einem Roman verbundene Kurzgeschichten, welche den zentralen Run (in Cashflow) nur vorbereiten; großartige Charakterhintergründe, für manchen Geschmack sicher zu viel. GMBH ist mit Sicherheit ein Buch, an dem sich die Leser scheiden werden.

Nach den ersten Kapiteln das schlechteste Buch, das ich seit etwa 3 Jahren gelesen habe. Später deutlich besser.

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Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .


Zitat(e) aus dem Buch

  • Die Peperoni hebt irritiert den Kopf[...] Soweit sie das verstanden hat, werden die Sozialleistungen von den Steuern bezahlt. Irgendwie kommt es ihr spanisch vor, wenn Ersteres erhöht und Letzteres gesenkt werden soll.
  • "Dieser Raketenwerfer hier, wie haben Sie den im Parlament deklariert, um das Geld dafür zu lukrieren?" "Na, was denken Sie denn, als Räucherstäbchen natürlich!"
  • "Naja, bei den Naturfreaks hierzulande kenn ich mich nicht aus. Kann mir aber beim besten Willen kein urbanes Totem vorstellen, das von seinen Schamanen verlangt, dass sie sich bei einem Ritual die Strümpfe anzünden und damit wie belämmert in der Gegend herumhüpfen."

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