Der Lais vom Wer-wolf
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(Klassiker)
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In der Bretagne heißt der Wer-Wolf Bisclavaret und von diesem handelt die Geschichte. Viele Christen litten unter dieser Bestie, denn sie verbirgt sich in den Wäldern und lauert auf den Menschen um ihn zu fressen...
In der Bretagne lebte einst ein Baron, ein stattlicher Ritter von hohem Ansehen. Doch er ging von Zeit zu Zeit fort und niemand wusste wohin. Eines Tages fragte ihn seine Frau, wo er hingehe und gab nicht eher Ruhe, bis dass er ihr alles erzählte: Er verwandelte sich in einen Wolf und ließ seine Kleider zurück. Weil er sich nicht ohne diese zurückverwandeln kann, verrät er niemandem, wo er sie versteckt.
Doch die Frau gab keine Ruhe und erfuhr schließlich auch das Versteck der Kleidung. Nichts als Betrug hatte sie im Sinn und ließ einen lang abgewiesenen Freier die Kleider stehlen. Der Ritter war nun im Körper eines Wolfes gefangen, doch nichts hatte seinen Geist getrübt und die Zeit seiner Rache sollte kommen...
Der Lais (eine kurze, epische Versdichtung; altirisch Lai: Lied; ein Vorläufer der Novelle, meist Stoffe der keltischen Sagenwelt behandelnd) vom Wer-Wolf ist eine mittelalterliche, französische Romanze und findet sich in einer Sammlung weiterer Lais - allesamt kurz und sehr gut zu lesen - von Marie de France. Der hier präsentierte Werwolf ist ein deutlich anderer als jener der modernen Fantasy. Das Element der Kleidung ist hier besonders auffällig und auch die Fantasy kommt nicht um dieses herum: Die Verwandlung in einen Wolf wird die Kleidung in Mitleidenschaft ziehen, sofern sie nicht gleich mitverwandelt wird; was is mit Blutflecken?
Die hiesige Lösung ist traditionsreich: Der Werwolf legt die Kleidung ab und versteckt sie; zur Rückverwandlung muss er sie wieder an sich bringen. Dementsprechend ist es nur logisch, dass er das Versteck sorgfältig hütet.
Bisclavaret ist zudem keine unkultivierte Bestie, machtgierig und nur vom Hunger getrieben wie einige portraitiert werden. Stattdessen zeigt er sich durchaus gerecht und vor allem seinem König gegenüber treu: nur an jenen, welche ihn betrogen, vergeht er sich in einer Art gerechter Strafe. In diesem Zusammenhang ist es auch nicht verwunderlich, dass niemand Anstoß daran nimmt, dass der Baron schließlich seine Menschengestalt durch Hilfe anderer zurückerhält. Er ist ein Werwolf, ja, doch er lebte im Wald von Wurzeln und Jagdwild - Menschen sind bei ihm nicht explizit erwähnt.
Fazit: Ein klassisches, anderes Bild vom Werwolf, das jeder kennen sollte, der sich weitergehend mit diesen Wesen beschäftigt.
Der Text ist im Project Gutenberg zusammen mit den anderen Lais frei verfügbar, leider nur auf Englisch: http://www.gutenberg.org/ebooks/11417test
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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