Das Voynich-Rätsel
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Bei Ausgrabungen in Iran macht eine Gruppe Archäologen eine unglaubliche Entdeckung. Eigentlich auf der Suche nach dem, was von einem Heer übrig geblieben ist, stoßen sie nach langer Erfolglosigkeit auf einen Tunnel in die Tiefe.
Doch dies ist der Anfang all dessen, das schief geht: Ein Sturm verschüttet den sensationellen Fund, der Fahrer der Archäologen wird grausam verstümmelt ermordet gefunden und das Team wird deutlich aufgefordert, Iran zu verlassen - die wahren Geschehnisse werden schnell vertuscht; alles war ein Unfall; die Tempelanlage hat nie existiert.
Neben diesem hat Sandra Neubert noch ganz andere Probleme, denn sie ist Schwanger und kann keinen Vater präsentieren. Nach heftigem Streit wandert sie nach USA aus und heiratet dort schließlich, bekommt Kinder. Eines Tages holt sie ihre Vergangenheit jedoch ein: Im Voynich-Manuskript entdeckt sie Zeichen, die sie schon einmal gesehen hat, damals in einem Tunnel in Iran - und sie gehören zu einer Sprache die niemand entziffern konnte.
Die Lösung des Rätsels ist derweil in Deutschland in Form einiger fehlender Aufzeichnungen in einem Notizbuch, doch die Angelegenheit schient weit größer zu sein als ein archäologischer Fund, denn Peter Gruhn, Sohn eines der Ausgrabungsteilnehmer, bekommt seltsame Anrufe, verliert plötzlich das Bewusstsein und sieht seltsame Dinge.
Das Buch erhält 6 von 10 Punkten.
Florian F. Marzin hat einerseits eine tolle Geschichte geschrieben: Ihm ist es gelungen, was "Horror"-Büchern misslang, mich wirklich ein wenig gruseln zu lassen, mich unwohl zu fühlen. Auf der anderen Seite hat er es in den Sand gesetzt: ab einem gewissen Zeitpunkt geht es nur noch bergab, die Story ist vorhersehbar und alle nur denkbaren Klischees werden noch hinzugeschmissen: Inzest, die Templer etc. Auch die Enthüllungen über die Bedeutung des Mauskripts sind wenig prickelnd verpackt: Da ist dann halt eine Gruppe, die es schützt weil es gefährlich ist. Mhm... brillant. Sobald die Erklärungen anfingen, ging ein Großteil der Spannung verloren. Gänzlich auf diese Verzichten kann man natürlich nicht, aber ein besseres Konzept hätte hier geholfen. Ebenso gab es trotz des soliden Beginns auch ein wenig Ballast, den man hätte vermeiden können - einiges musste nicht sein, anderes war belanglos.
Davor jedoch war es, wie gesagt, klasse. Den Rückentext liest man besser gar nicht erst. Alexander der Große spielt zwar eine tragende Rolle für den Beginn der Ausgrabungen, ist ansonsten aber nebensächlich - er dient als Aufhänger, da Krateros niemand kennt. Und selbst der ist nur eine Randfigur. Die eigentliche Geschichte wird vom Autor zweisträngig aufgezogen. Einerseits beginnt sie 1965 bei Ausgrabungen im Iran und läuft langsam bis in die Gegenwart fort, andererseits beginnt sie in der unspezifizierten Nah-Gegenwart in Deutschland, wo Licht auf die alte Geschichte geworfen wird. Trotz manchmal sehr normalem Alltag ist es dem Autor bis zu einem Punkt gelungen, beide Stränge spannend zu halten.
Dabei störten von Anfang an Seltsamkeiten in der Sprache. „Neuschreib“ hat anschienend ein Opfer gefunden. "Schwimmingpool" ist schrecklich und hier konnte sich sowieso nicht zwischen dieser Monstrosität und dem "Swimmingpool" entschieden werden. Ein "Barbeque" entgeht meinem Wortschatz ganz - mit c statt q ging es übrigens kurz darauf. Auch in Sachen berüchtigter Ein-Buchstaben-Fehler hätte eine Nachkorrektur gut getan. Kleinigkeiten, die sich mit Abfall der Spannung häufiger ins Bewusstsein begeben. Der Autor beweist jedoch an verschiedenen Stellen Unkenntnis oder ist schludrig. Der "kleine Tod" ist ehrlich gesagt nicht der Schlaf – herzlichen Glückwunsch zu total falscher Verwendung; einen "eremitierten" Professor wird es wohl auch geben, dafür ist dieser Beruf fast prä-destiniert. Die im Ruhestand – und das ist hier gemeint - sind aber "emeritiert". Immerhin ein Schöner Schmunzelfehler. 36° in Amerika als warm zu bezeichnen... dort misst man in Fahrenheit.
Dies nur einige generelle Fehler.
Andere kreiert der Autor selbst, indem Kaffe plötzlich zu Tee wird (an NICHT angemessenen Stellen); dass eine Ehefrau heimliches Rauchen auch nur im Ansatz verbergen kann ist kaum glaubwürdig usw. Übersetzungen sind oft halbherzig. "Bibel Belt", z.B. - warum lässt man es nicht gleich als "Bible Belt" oder übersetzt es komplett? Ich habe nichts gegen eins von beiden (insbes. wenn man gerade im entsprechenden Land ist) aber dieser Mischmasch nervt doch gehörig.
Was dem Autor außerordentlich gut gelungen ist, um endlich vom Nörgeln wegzukommen, ist das Vergehen der Zeit. Er hangelt sich an bedeutenden Ereignissen der Zeit fort, zählt sie jedoch nicht nur auf und nennt sie auch kaum explizit sondern streut sie vielmehr so ein, wie sie von Zeitgenossen evtl. wahrgenommen wurden. Dies war ein schönes Mittel, bruchlos fortzufahren, in schöner Mittelspannung – weniger schön waren größere Zeitsprünge, die man nicht sofort bemerkte. Darüber kann man aber hinwegsehen, da es immer schnell klar wurde. (Jedoch fragt man sich schon, wozu es dann überhaupt Jahresangaben in den Kapiteltiteln gibt).
Apropos Kapiteltitel: Nicht wundern, dass es mehrfach Kapitel 1 gibt. Da steht ein "-" vor der keineswegs Platzhalter für die zweite Ziffer ist oder einfach Verzierung. Das ist ein Minus und die Verzierung ist in Wirklichkeit eine Wurzel aus Minus 1. Glaube ich zumindest. Die Lösung für diese Wurzel gibt es auch im Buch. Banal, nicht lustig, und in keiner echten Verbindung zur Geschihcte. Da hätte man besser drauf verzichtet.
Bleibt abschließend zu erwähnen, dass die Schrift sehr klein ist. Die normale Lesezeit pro Seite darf man ver-1,5-fachen oder sogar verdoppeln - Lesezeit fürs Geld bekommt man hier also auf jeden Fall. Wer sich dann nicht an grausigen Wörtern – selten genug, zugegeben –aufhängt wie ich und auch über kleinere Logikfehler hinwegsehen kann, der kann zugreifen. Manchmal scheinen die Fehler auch nur aufgrund einer Ein-Europäisierung entstanden. (Vermutlich hätten mehr Leute bei 100° in Amerika aufgeschrieen als bei "warmen" 36°. Gepriesen sei die Unbildung.) Allerdings sollte man sich nicht Hoffnung auf ein großes Finale machen. Lange Zeit ist der Roman gut und geheimnisvoll, doch mit langsamen Enthüllungen nimmt Spannung und Schaudereffekt ab. Den Rest gibt der Autor dem Plot durch das Auftauchen von Klischee-Mysterien. Schade. Hätte er durchgehalten wie in den ersten ein bis zwei Dritteln wäre dies ein Buch zwischen "Sehr gut" und "Ausgezeichnet". In jedem Fall muss man für dieses Buch Alltagsgeschichten lieben, in die sich sacht das "Mysteriöse" einschleicht.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
Zitat(e) aus dem Buch
- a mihi dabas multas portas [...] Du hast mir viele Tore gegeben.
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