Moses - Herrscher ohne Krone
bei
Grimoires.de verdient an vermittelten Käufen.
(1) | ||
(1) | ||
(3) | ||
(1) | ||
(0) | ||
(3) |
"Und es ging hin ein Mann vom Hause Levi und nahm ein Mädchen aus dem Hause Levi zur Frau. Und sie ward schwanger und gebar einen Sohn. Und als sie sah, daß es ein feines Kind war, verbarg sie ihn drei Monate. Als sie ihn aber nicht länger verbergen konnte, machte sie ein Kästlein von Rohr und verklebte es mit Erdharz und Pech und legte das Kind hinein und setzte das Kästlein in das Schilf am Ufer des Nils. Aber seine Schwester stand von ferne, um zu erfahren, wie es ihm ergehen würde." (Zitiert nach bibel-online.net)
So beginnt das 2. Kapitel des 2. Buch Mose (Exodus). Wie gleich deutlich wird, unterscheidet sich Gerald Messadiés Version teilweise deutlich, dazu mehr weiter unten.
Eines Tages beschließt die Prinzessin Nezmet-Tefnut, sich einen Geliebten zu nehmen, einen Apiru, einen Hebräer, einen Sklaven. Doch schon bald werden ihre geheimen Treffen entdeckt und überdies ist Nezmet schwanger. Eine schnelle Heirat folgt und alles scheint wieder gut zu funktionieren; wer etwas weiß, schweigt. Der Sohn des Apiru, Ptahmose, gedeiht prächtig und verblüfft die Lehrer. Selbst seinem Halbvater kommt ein gewisser Stolz zu.
Doch dann erfährt Ptahmose von seiner Abstammung und fragt sich, was dies alles bedeutet. Von Ramses (II.), dem Regenten des Pharao Sethos, wird Moses schließlich nach Unterägypten geschickt, um dort das Reich zu vertreten. Bald schon gerät Ptahmose in Streit mit den korrupten Behörden und ergreift überdies Partei für die Apiru, die unter schlechten Bedingungen billige Bauarbeiter stellen. Schnell findet er sich in einer Rolle der Verehrung wieder, denn die Apiru halten ihn für einen Gesandten ihres Herrn, der sie verlassen zu haben scheint.
Doch die Zeit vergeht und auch wenn Ptahmose den Apiru ihr Schicksal einfacher macht, ob seines Erbes willen, so sind sie doch unzufrieden. Einige reden von Flucht... Doch Ptahmose kann seine Stellung nicht gefährden und auch nicht den Ruf, den er sich über die Jahre erworben hat – wem würde dies nützen? Schließlich muss er sich jedoch entscheiden: Diener des Pharaos oder Führer eines Volkes? Die Entscheidung wächst dem Prinzen über den Kopf, denn die Flamme, die er in tiefer Meditation sucht, erscheint nicht: Der Gott der Apiru, der Gott seines Vaters, spricht nicht zu ihm...
Das Buch erhält 8 von 10 Punkten.
Zweifellos erhält dieses Werk (s)einen enormen Reiz durch die Titelfigur: Moses, Führer der söhne Abrahmens, gottgesandter Retter. Schon aus obiger Zusammenfassung wird schnell deutlich, dass Messadié sich nicht an die Vorlage hält. Mit gutem Grund: Es ist historisch schlichtweg unglaubwürdig und dies ist vor allem anderen ein historischer Roman.
Als solcher hebt er sich dennoch ein wenig von vergleichbaren Werken ab: Das Basismaterial stammt aus "Legenden", aus der Bibel; es wurde zigfach mythisiert und stilisiert. Dementsprechend sind sich selbst die meisten Bibelgelehrten einig, dass vieles nicht wörtlich genommen werden soll und Messadié vermerkt dies auch bei seiner Bearbeitung.
So etwa das Beispiel, das Moses ausgesetzt wurde: Eine rührende Geschichte aber schlichtweg unglaubwürdig. Vermutlich wurde es hinzugefügt, um die Erzählung noch rührender, noch menschlicher zu machen.
Wer hier eine romanhafte Nacherzählung des 2. Buch Mose erwartet, wird also überrascht werden. Jede drastische Änderung ist jedoch mit einem ausführlichen Kommentar im Anhang erklärt, ebenso wie Probleme bei der historischen Verankerung. Dies bringt gleich zwei Vorteile: Wer mehr Informationen will, bekommt sie mit einfachem Nachschlagen (und dort oft weitere Quellenangaben); wer hingegen einfach nur lesen will, kann die Verweise ignorieren, wie es bei Fußnoten nur schwer möglich wäre. (Es ist immer wieder eine Freude, in Fachbüchern mehr Fußnotentext als Text des Autors zu sehen…)
Gerald Messadié versucht hier keine mystifizierte Geschichte zu verfassen. Moses ist weit weniger glanzvoll als in der Bibel - weit realistischer; menschlicher. Dies ist ihm gelungen und man kann sich gut vorstellen, dass die Ereignisse auf diese Art stattfanden. Die historische Deckung ist durch die genannten Kommentare abgesichert, auch wenn vieles noch heute unklar ist und zukünftige Entdeckungen die Geschichte als falsch entlarven können: Bei derzeitigem Stand hat Gerald Messadié ganze Arbeit geleistet und die Historie sinnvoll und entspannt lesbar aufgearbeitet. Da ist es fast schon kurios, dass er bei all den Fakten im letzten Kapitel Bug und Heck eines Schiffes vertauscht.
Fazit: Wer wortwörtlich an die Bibel glaubt, wird sich durch dieses Werk angegriffen fühlen und sollte es meiden. Dies sind aber die wenigsten und für alle, die gerne eine historisch glaubwürdigere Variante der Geschehnisse lesen möchten, ist Moses - König ohne Krone eine Top-Empfehlung. Natürlich sollte man vorher wenigstens einmal die "Original"-Geschichte gelesen oder gehört haben.
Grimoires.de verdient an vermittelten Käufen.
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
Diese Rezension bewerteten 5 positiv und 10 negativ. (8563 Leser bisher.)
Deine Meinung
Sag uns deine Meinung zu Moses - Herrscher ohne Krone