Roter Fluss
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597 nach Bosparans Fall: Eine große Armee von Orks der Zholochai und anderer Stämme wälzt sich durch die Orkschädelsteppe und vernichtet alle menschlichen Höfe. Dies ist keine einfache Plünderung - die Orks wollen mehr. Sie marschieren auf Myrburg und es ist lediglich eine Frage der Zeit, bis der Belagerungsring undurchdringbar ist.
Der eine Teil der Bevölkerung flieht, der andere sucht Schutz hinter den starken Mauern. Doch ausgerechnet in der Krise kommt es zu Problemen: Der Anführer der Verteidigung wird der Brandstiftung angeklagt. All das kann Hjalgar Herjulfsson ziemlich egal sein. Er ist ein Ausgestoßener, ein Kind Swafnirs, das regelmäßig in Walwut zum Berserker wird. Er treibt seit langem Handel mit den Orks - für ihn ist dies nur eine Gelegenheit zum Profit. Seine Einstellung ändert sich, als eine Sklavin geopfert werden soll, in der er sich verliebt hat. Aber nicht nur Orks warten auf seiner Befreiungsaktion, auch ein Riese.
Das Buch erhält 9 von 10 Punkten.
Kennst du die Orkland-Box? Dann kommt dir einiges vermutlich bekannt vor. Denn Roter Fluss stützt sich auf ein nicht unwesentliches Detail aventurischer Geschichte: Im Jahr 597 nach Bosparans Fall unternahmen die Orks einen Feldzug gegen die Menschen am Bodir. Die Lektüre lohnt selbst, wenn man die historischen Ereignisse kennt!
Erzählung aus Aventuriens Geschichte
Geschichten aus einem aktiven Rollenspieluniversum schreiben häufig das aktuelle Geschehen dieses Universums fort. Nur selten berichten die Romane von den gleichen Abenteuern, die Helden auch in offiziellem Material erleben können. Diese Gefahr besteht bei Roter Fluss nicht: Der Roman spielt lange vor dem aktuellen Setting. Allenfalls die Kenntnis der Orkland-Box kann einen zögern lassen - denn findet sich der Roman nicht genau da?
Das stimmt insoweit, als dass die historischen Ereignisse ums spätere Phexcaer dort zu finden sind. Allerdings dienen diese, anders als in Tag des Zorns, lediglich als Aufhänger für die Handlung. Roter Fluss erzählt nicht dir historisch wichtigen Fakten, sondern verknüpft die Geschichten mehrerer einzelner Charaktere. Das historische Aventurien empfinde ich als schönen Bonus - und als gute Abwechslung zum borbaradianischen Neu-Aventurien.
Titel und Cover
Der Titel des Buches ist gut gewählt - und mehrdeutig. Die Erde am Fluss Bodir ist rot; Blut wird vergossen; und die Walwütigen sehen einen roten Strom von sich, wenn die Berserkerwut sie überkommt. Weniger gelungen empfinde ich das Cover. Orks und Menschen - in Ordnung. Aber wäre es nicht passender, die Orks vor einer Stadt zu zeigen? Nun ja, es gibt Schlimmeres.
Interessante Charaktere
Die Geschichte selbst mischt eine ernsthafte Handlung sacht mit Humor. Dabei gibt es eine relativ hohe Anzahl an Charakteren auf den etwas mehr als 350 Seiten. Keine Einzelfigur kann vollends charakterisiert werden, jedoch bleibt es nicht bei puren Stereotypen: Jeder Charakter gewinnt Farbe durch eine oder mehrere Eigenheiten. Besonders gefällt mir die Abwesenheit eines überragenden Helden. Insgesamt sind es genau diese Charaktere, von denen das Buch lebt.
Mein besonderer Favorit ist ein Praiosgeweihter. Dieser schleppt echte Probleme mit sich herum - und war eins Holzfäller. Für mich ist das eine willkommene Abwechslung zum Stereotyp des selbstgerechten, strahlenden, unfehlbaren Praiosdiensers mit Inquisitor-Allüren, bei dem ich mich häufig frage, wie er so lange überleben konnte, ohne gelyncht zu werden.
Krimi-Handlung: Brandstiftung in Myrburg
Miträtseln kann man bei der eingeflochtenen Krimi-Handlung: Wer steckt hinter dem Brandanschlag in Myrburg? Hier gibt es durchaus mehrere Verdächtige. An den Plot eines reinrassigen Kriminalromans kommt Roter Fluss nicht heran, allein deshalb, weil die Handlung nur einen Teil des Werkes umfasst.
Auch über Hjalgars Hintergrund kann man spekulieren: Warum wurde er verbannt? Vielleicht habe ich nicht hundertprozentig genau gelesen, aber oft merkte ich später, dass Vermutungen nicht ganz zutrafen, wie es schien. Die Anspielungen werden genau an der richtigen Stelle unterbrochen, um Unklarheit über den Thorwaler zu erzeugen und das Interesse an seiner Vergangenheit hochzuhalten. Stück für Stück erschließt sich so dennoch eine komplette Persönlichkeit. Dazu trägt auch der ungewöhnliche, gelegentliche Wechsel in die Ich-Perspektive Hjalgars bei. Oft empfinde ich derartige Wechsel als störend - hier passen sie.
Stärke oder Schwäche: Ausgang vorherbestimmt
Nicht im Machtbereich der Autorin liegt die Tatsache, dass der wesentliche Ausgang vorherbestimmt ist. Das Überleben Phexcaers ist gesetzt. Dies macht aber nichts: Einige Charaktere entgehen der offiziellen Geschichtsschreibung; ihr Schicksal ist ungewiss und sie können durchaus sterben - und nicht jeder überlebt.
Ein Manko ist für mich das Gefühl einer Deus ex Machina. Auch hier ist die Autorin nicht wirklich schuld: Schon in der Orkland-Box wirkte die Ursache der Rettung ziemlich "göttlich". Daniela Knor versucht zwar, das Ende möglichst logisch zu begründen, hat dabei aber nur eingeschränkten Erfolg.
Schade übrigens: Die Aventurienkarte in diesem Roman ist eine Karte des modernen Aventuriens. Natürlich: Die DSA-Romane richten sich primär an die Rollenspieler, die mit Aventurien vertraut sind und die Lage der Stadt kennen. Eine historische Karte wäre hier dennoch atmosphärischer und passender gewesen - womöglich im Ausschnitt.
Roter Fluss lebt von den Charakteren, erst in zweiter Linie von der Spannung. Der Roman ist besonders empfehlenswert für Freunde des historischen Aventuriens, der Thorwaler (insbesondere der Kinder Swafnirs) und Phexaers; etwas weniger auch Ork-Fans. Für mich ist Roter Fluss eines der gelungensten DSA-Bücher: Derartige Umsetzungen historischer Ereignisse oder Legenden möchte ich gern häufiger lesen!
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
Zitat(e) aus dem Buch
- "Rechter Tod triff den Rekker, des Herzens Hort die Heimstatt ist."
- "Donner grollt von des Giganten Haupt, wie Wind weht sein Atem. Zittert unter des Zermalmers Tritt, zerschmettert liegt der Feind von riesiger Faust."
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