Geschichten aus 1001 Nacht [Auswahl]
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Einst herrschte ein Sultan mit Namen Scheherban. Dieser ließ einen jeden Tag eine Frau zu sich kommen, heiratet sie und tötete sie am nächsten Morgen um nicht Frau betrogen zu werden, wie es durch seine erste Frau geschah.
Scheherasade, die Tochter seines Wesirs, beschließt schließlich, den Sultan von seinem Irrsinn zu heilen und beginnt, ihm Geschichten zu erzählen... mehr als tausend Nächte lang erzählt sie und heilt ihn durch vielfältige Parabeln und Gleichnisse schließlich von seinem grausigen Benehmen
So weit die wenig poetische Rahmenhandlung der Geschichten von 1001 Nacht.
Dem Namen nach dürfte jedem dieser absolute Klassiker bekannt sein. Immerhin ist er seit über 300 Jahren in Europa bekannt. Wer sich etwas näher damit auskennt, der weiss auch. dass ein Buch von diesem Umfang unmöglich alle Geschichten beinhalten kann.
Es ist, wie viele andere "Geschichten aus 1001 Nacht" auch, eine Auswahl. Ich persönlich finde diese Auswahl nicht allzu gelungen, andere Auswahlen in den Ausgaben anderer Verlage (und in Englisch) sagten mir mehr zu. Allerdings legte die Herausgeberin, wie sie selbst schreibt, mehr Wert darauf, eher unbekannte Geschichten mit hinein zu nehmen, so dass Kenner der „Standardgeschichten“ hier neues finden.
Da die Geschichten für Freunde von 1001 Nacht sicher ein Hauptkriterium zur Auswahl sind, liste ich diese unten auf (wie im Buch betitelt - "Die Geschichte vom Zauberpferd" kenne ich z.B. auch als "Das Ebenholzpferd"). Im Übrigen hält sich diese Ausgabe an die Übersetzung Dr. Günter Weils von 1865.
Was zeichnet die Geschichten von 1001 so besonderes als Klassiker aus, noch dazu als Klassiker der Fantasy/Phantastik?
Das augenfälligste Merkmal sind stetige Eingangs- und Schlussformeln vor den Geschichten, gebildet durch das allabendliche Ritual der Bitte Scheherasades, eine Geschichte erzählen zu dürfen und dem Stattgeben des Sultans sowie der Verheißung auf noch phantastischere Geschichten am nächsten Abend, so der Sultan ihr Leben nur verschone. In dieser Ausgabe sind „Unterbrechungen“ im Text, die aus den Unterbrechungen in der Erzählung Scheherasades resultieren zugunsten flüssigeren Lesens gestrichen. Ob man dies positiv oder nagativ bewertet, sei jedem selbst überlassen.
Mit den Erzählungen selbst sind wir bei der Phantastik, denn die Erzählerin selbst benutzt diesen Ausdruck (zumindest in einigen Übersetzungen). Doch dazu weiter unten, denn ich sprach hier von "Erzählerin", was in diesem Buch ein Witz für sich ist. Schon in der Allerersten Geschichte - welche in quasi jeder Auswahl zu finden ist und den Rahmen bzw. das Vorspiel zu den Nächten bildet - finden sich mehrere Erzähler. Das wirklich Besondere ist, dass diese mehrfach ineinander verschachtelt sind.
So ist es keine Seltenheit, dass Scheherasade beginnt und nach wenigen Zeilen von einem weiteren Erzähler in ihrer Erzählung abgelöst wird, der von seinem Leben erzählt. In diesem Leben kam es dann zu Begegnungen, nei denen wiederum andere Personen verschiedenste Dinge erzählen. Es bildet sich also eine Erzählung in der Erzählung in der Erzählung, die jedoch auch nicht abbricht sondern fein säuberlich (von "innen nach außen") geschlossen wird, bis sie schließlich wieder bei Scheherasade angelangt.
Die Geschichten sind allesamt moralisch geprägt: Der Gute wird belohnt, der Narr wird bestraft, ebenso der Gierige und der Gotteslästerliche. Sich dies mehr als zwei Jahre jede Nacht zu Gemüte führend, verwundert die "Heilung" des Sultans von seiner zutiefst ungerechten Gewohnheit im äußersten Rahmen der Geschichte wohl kaum.
Komme ich zum Schluss auf Phantastik zurück: Die Geschichten beinhalten nicht alle wunderliche Dinge. Oft sind es Erzählungen von Freundschaft, langen Reisen und Weisheit. Jedoch ist prägend, das immer wieder Dschinnies auftauchen (alternativs: Djinns, Dschinni, Dschinne, Genies, Genien... wie auch bei anderen Namen zeichnen sich die Übertragungen durch ein weites Spektrum möglicher Schreibweisen aus) auftauchen und nicht als etwas Besonderes empfunden werden. In der Welt von 1001 Nacht existieren sie, belohnen und strafen, sind wütend, von Salomon versklavt oder gehören zu den Gläubigen Dschinni, sind hilfsbereit oder verschlagen. Und auch der Gott, neben dem kein anderer Gott ist, wirkt aktiv in dieser Welt.
Bleibt zu sagen: Ein echter Klassiker mit durchgehend phantastischem Setting. Viel mehr als in einem Buch dürften die Geschichten aber durch Vorlesen oder tatsächliches Erzählen zur Geltung kommen. Allein: es bleibt auch so ein Klassiker und aufgrund der vielen verschiedenen Geschichten ein unterhaltsamer dessen (letztlich recht unabhängige) Teile man sich je nach vorhandener Zeit auswählen und lesen kann.
Diese Ausgabe beinhaltet die folgenden Geschichten:
Eingang, Geschichte des Kaufmanns mit dem Geiste, Geschichte des ersten Greises mit der Gazelle, Geschichte des zweiten Greises mit den beiden Hunden, Geschichte des dritten Greises mit dem Maultiere, Geschichte des Ehemanns und des Papageien, Geschichte des Christen, Geschichte vom Zauberpferde, Geschichte des Abdul Hasan, Die Sklavin Harun Arraschids, Geschichte der messignen Stadt, Geschichte Schaddads und der Stadt Irem, der pfeilreichen, Parabeln, Gedichte des Prinzen Zeyn Alasnam und des Königs der Geister, Geschichte der zwei neidischen Schwestern, Geschichte des edlen Gebers, Wunderbare Erfüllung eines Traumes, Sonderbares Gebet eines Pilgers, Der wunderbare Reisesack, Nuschirwan und das vorsichtige Mädchen, Die Pyramiden, Der trauernde Schullehrer, Die gerettete Frau in Mekka, Der Wolkenmann und der König, Das Märchen von Maruf [Nachbemerkung, Glossar].
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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