Die Herrin der Wörter
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Einst hatten die Nebelzwerge eine ruhmreiche Aufgabe: Sie bereisten Phantásien und sammelten Geschichten, lüfteten die Geheimnisse hinter den Wörtern und bewahrten ihre Bedeutung vor dem Vergessen. Doch das ist lange her, denn inzwischen sind die Nebelzwerge sesshaft geworden und verlassen ihre Heimat Nifeln nur noch selten.
Es scheint zu Ende zu sein mit der ruhmreichen Vergangenheit der Nebelzwerge, denn die älteste und großartigste Linie dieses Zwergengeschlechts ist gebrochen: Die Familie der Gurn hat nur eine einzige Tochter - und diese Stottert. Undenkbar also für eine gute Geschichtenerzählerin. Auch die Gabe der Illusion, welche sich in der Sippe der Gurn weiter vererbte, ist somit verloren.
Die junge Kiray hat es alles andere als leicht, wird sie doch nicht als vollwertige Nebelzwergin gesehen. Wahrhaft bedrohlich wird die Lage allerdings erst, als sie auf einen uralten Feind trifft: Der Alp ist dem Nichts entstiegen und scheint etwas von den Nebelzwergen zu wollen, genauer gesagt von Kiray. Nur dem Eingreifen Atréjus verdankt sie es, dass sie ihm nicht sofort zum Opfer fällt.
Nifeln jedoch bietet ihr keinen Schutz: Der Uralte Jorg spürt, dass eine erneute Auslöschung bevorsteht - der Sammler wird kommen und die Zwerge werden ihre Erinnerung verlieren. Nur, da sie den Gesandten der Kindlichen Kaiserin ein Stück begleitet, entkommt Kiray. Im Dorf zurück findet sie die Zwerge wie wilde Tiere vor, ohne Erinnerung. Lediglich einige wenige sind übrig geblieben und müssen die Gemeinschaft erneuern, den Zwergen ihr Wissen zurückgeben.
Kiray jedoch bekommt eine andere Aufgabe, jene die Atréju forderte, die der Rat der Nebelzwerge jedoch ablehnte: Kiray soll fort gehen und die Herrin der Wörter finden, eine Aufgabe, eine "Aventiure", die sich einst Molte Gurn, der legendäre, größte Schmied der Nebelzwerge setzte. Ob er erfolgreich war, weiss jedoch niemand...
Das Buch erhält 7 von 10 Punkten.
Zunächst einmal ist zu sagen, dass das Werk exzellent nach Phantásien passt und die Anbindung an die Welt schafft. Man findet sofort Bekanntes wieder, in erster Linie natürlich Atréju. Verknüpfungen mit "Endes" Phantásien finden durch die Erwähnung diverser Orte wie der Sümpfe der Traurigkeit, dem sich ausbreitenden Nichts u.v.m. statt. Dies wirkt glücklicherweise auch nicht aufdringlich sondern vielmehr Vertrautheit erweckend.
Auch die Wesen passen weitestgehend nach Phantásien: Wörterköpfe, Hochlandkentauren, Wasserfeen und ähnliches. Riesige Brüche kommen nicht vor, jedoch sind es ausgerechnet die Nebelzwerge selbst, die mir ein wenig unpassend schienen, was ihre Rolle angeht. Wieso Zwerge als Erzähler? Was hat ausgerechnet sie so besonders gemacht? Im Vergleich zu Zwergen scheinen mir Wörterköpfe, Rasende Gerüchte und dergleichen Wesen doch mehr mit Wörtern und Geschichten zu tun zu haben. Glücklicherweise denkt man während der Lektüre eher selten über so etwas nach.
Viel störender waren doch des öfteren auftauchende Wiederholungen der Gedanken Kirays betreffend des Alps und ihres Stotterns sowie anderer Dinge. Ein oder zwei Mal mag dies zwar verdeutlichen, wie langsam sich Gedankengänge ändern, wie festgesetzt sie sind und dass sie jemanden immer noch beschäftigen, doch gleichzeitig und mit zunehmender Anzahl öfter, wirken sie störend. Man kennt sie einfach schon und erfährt nichts Neues. Daher kann man dieses Buch im Vergleich zu den anderen als relativ langsam bezeichnen - es passiert wenig.
Eine weitere "Seltsamkeit" ist die Kapiteleinteilung des Buches. Es gibt kaum welche über 10 Seiten - insgesamt 60 Kapitel für etwa 400 Seiten(!). Das macht einen Schnitt von 7. Zwar könnte man argumentieren, dies zerlege das Buch in handliche, kleine Brocken die man immer zwischendurch lesen kann, doch dies funktioniert in der Praxis nicht: Im Gegensatz zu einigen anderen Werken ist "Die Herrin der Wörter" keine Lektüre, die man in kleinsten Stücken mit vielen Unterbrechungen liest (Ich benutze hierfür gerne den nicht abwertend gemeinten Begriff "Bahnfahrtlektüre"). Daher wirken die vielen Kapitel mit extra großer Überschrift (und oft genug vorangehender Leerseite) einfach nur störend und nervig - eine Übung zum Titel finden? Kann man ja gerne durchführen, aber sogar die halbe Anzahl an Kapiteln hätte immer noch relativ kurze ergeben. Mit der Einteilung hat sich der Autor hier m. E. keinen Gefallen getan. Die Titel sind zwar passend und nehmen auch keine Spannung, aber die Unterbrechungen an sich stören.
Zuletzt brachte der Autor auch noch ein wenig Unlogik hinein: Ein Magister schleicht sich durch das Lager einer feindlichen Armee zu einem Boot, anscheinend ohne größere Probleme und schneller als die Haupthandlungsträgerin? Nicht sehr glaubwürdig. Schwerwiegender ist jedoch das Ende: Man erinnere sich, dass Atréju der Protagonistin zu Beginn begegnete. Das heisst in der logischen Folge, dass er auf der Suche nach Bastian Balthasar Bux ist, der Phantásien schließlich, nach dessen Vernichtung, retten wird. Hier wird Phantásien aber durch die Zwergin gerettet, was einen eindeutigen Bruch zum Original darstellt (genau genommen zu Phantásien an sich, da die Welt eben nicht von ihren Bewohnern gerettet werden kann) - und auch der "Nachspann" ist nicht übermäßig originell. Vermutlich soll dieser die "Rettung von Außerhalb" darstellen, überzeugt mich jedoch in keiner Weise. Das Ende ist trotz eines weitestgehend gelungenen und nach Phantásien passenden Romans also ziemlich schal und unpassend.
Sieht man von diesem Bruch mit dem "echten Phantásien" (soweit man diese Wortkombination überhaupt verwenden darf), bleibt eine leicht überdurchschnittliche Geschichte, die aufgrund der Zerstückelung durch viel zu viele Kapitel und einige Wiederholungen jedoch leider unter dem zurück bleibt, was sie sein könnte. Schade eigentlich, denn die Idee von "Wortwächtern" gefiel mir außerordentlich, nur fehlte der Handlung irgendwann das Tempo.
Wer ein "logisches" Phantásien will, der sollte Abstand von diesem Buch nehmen. Wer so wie so in kleinsten Brocken bzw. stückchenweise liest, dem wird die Einteilung hingegen zugute kommen. In jedem Fall kann man das bekannte Phantásien noch erkennen.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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