Das Reich der Sieben Höfe: Silbernes Feuer
bei
Grimoires.de verdient an vermittelten Käufen.
(2) | ||
(0) | ||
(0) | ||
(0) | ||
(0) | ||
(1) |
Kurz & Knapp
- "Neue" Hauptfigur Nesta
- Schweres Problem nicht schnell beseitig
Nesta zu mögen war schon immer schwer: Stolz. Reizbar. Nachtragend. Nachdem sie gegen ihren Willen vom Kessel zur Fae gemacht wurde, ist es mit ihr noch schlimmer geworden. Nun reicht es ihrer Schwester und dem Hof der Nacht. Statt sich weiter sinnlos in Schenken zu betrinken und immer andere Männer in ihr Bett zu holen, soll Nesta trainieren. Ausgerechnet mit Cassian! Doch nicht nur der illyrische Krieger stellt Nesta vor große Problem: Sie muss realisieren, dass sie ihren Körper wahrhaft zugrunde gerichtet hat - und dass der Krieg auch andere, tiefe Narben in ihr hinterließ.
Das Buch erhält 8 von 10 Punkten.
Nach dem letzten Buch kommt mit Silbernes Feuer wieder ein Sieben Höfe-Roman in voller Länge. An der Formel "jeder Frau ihren Mann" hat sich wenig geändert, die Liebesgeschichte ist von vornherein angelegt und auch erwartet. Dabei überraschten mich hingegen zwei Dinge: dass der epische Konflikt weit weg ist; und wie wenig das dank Nesta auffällt. In manchem Sinn wirkte der Roman auf mich weit persönlicher und ernster als vorherige Bände.
Nesta im Zentrum
Zum letzten Buch bemerkte ich, dass er eine Art überlanger Epilog sei und das erzählt, was normalerweise zwischen zwei Romanen geschieht. Bereits dort erhaschte man einige Blicke auf Nesta, die bislang Nebenfigur blieb - und nicht allzu sympathisch. Hier dreht sich die Perspektive: Nesta wird Hauptfigur. Rhysand und die anderen vom Hof der Nacht steuern gelegentlich Nebenperspektiven bei, insbesondere Cassian.
Der Wechsel zur Hauptfigur ändert nichts an Nestas Charakter: Sie ist eine ziemlich unsympathische Figur und das legt sich nur langsam. Von sich selbst überzeugt und arrogant war sie schon immer; doch seit dem Zwischenfall mit dem Kessel scheint sie wütend auf alles und jeden. Das letzte Buch (Frost und Mondlicht) ließ sie eher noch unsympathischer werden.
Eine Ähnlichkeit hat Silbernes Feuer mit diesem Vorgänger: Das Kleine, Persönliche steht mehr im Zentrum als der große Konflikt. Feyre trat in den ersten drei Büchern für andere ein, sei es ihre Familie, Tamlin oder die Fae. Nesta hingegen muss erst einmal vor sich selbst gerettet werden. Ihre Probleme sind psychischer/seelischer Natur: Man kann das Buch als eine Fantasy-Studie von Trauma/PTSD lesen.
Über weite Teile gibt es daher mehr drückende Emotion als Action, wobei sich diese durchaus in der Welt widerspiegelt und eine eigene Spannung erzeugt. Nesta versucht, auf ihre Art mit ihren Problemen fertig zu werden. Gerade Nebencharaktere wie die Priesterin Gwyneth oder die illyrianische Ladenbesitzerin Emerie (beide schon bekannt) kontrastieren hier in Sachen Sympathie mit der unfreiwilligen Fae - und schleppen andere, eigene Probleme mit sich herum.
Langgezogen? Passend!
Einigen Lesern mag der Roman langgezogen vorkommen, denn objektiv passiert recht wenig. Mir hingegen gefiel, dass sich Nestas komplexe und tief sitzende Probleme nicht einfach lösen lassen.
Stattdessen ziehen sich die Probleme bis fast zum Ende des Romans. Es ist nicht mit einigen schnellen Worten oder Magie getan; es wird nicht der richtige Weg gegangen und die Heilung ist da. Es gibt gar keinen Weg, der gegangen werden könnte! Nesta ist biestig, wie sie es schon immer war - jeder Schritt ist langsam und mancher Schritt geht vielleicht auch zurück. Dabei richtet Nesta ihre Wut und Frustration gegen alle, inklusive sich selbst. Sie schafft es nicht, sich wirklich selbst zu erklären, vermutlich nicht einmal für sich selbst - zu sehr ist alles in sie hineingefressen.
Einiges wiederholt sich mit dezenter Veränderung. Das wird einige Leser als langgezogen stören. Mir genügten die gelegentlichen Einlagen von Action und Bedrohung; tatsächlich verging die Zeit für mich schneller als erwartet. Dass die epische Handlung nur zwischendurch auftaucht, nahm ich eher als kurios denn als störend wahr.
Dass Nestas Heilung dauert, sehe ich als notwendig an. Eine schnelle Lösung hätte billig gewirkt - und das wäre für das Thema unangemessen. In diesem Sinne sehe ich auch die Wiederholungen als notwendig: das regelmäßige Kampftraining, langsame neue Freundschaften und das langsame Begreifen, was Nesta ihrem Körper mit Alkohol und Eskapaden angetan hat.
Vorherbestimmte Romanze: Cassian
Natürlich gibt es da auch noch das für die Serie Typische: Romanze und Sex-Szenen. Das andauernde Gerede einiger Figuren von Seelengefährten inzwischen eher auf die Nerven geht. Dass hier Nesta und Cassian zusammengehören, überrascht nicht. Es ist ein Grund, weshalb Cassian sich als Kampflehrer unwohl fühlt - zumal Nesta sich ziemlich deutlich geäußert hat. Andererseits behandelt sie ihn eigentlich nur wie alle anderen: mit Verachtung.
Und dennoch fühlt sie sich immer wieder zu Cassian hingezogen wie dieser zu ihr, stößt ihn jedoch wieder und wieder von sich. Und das nicht nur aus manipulativer Biestigkeit. Die Beziehung zwischen Nesta und Cassian entwickelt sich hier deutlich anders als die von Feyre und Tamlin/Rhysand.
Die größte Überraschung in Sachen Romanze ist vermutlich, dass Elain und Lucien im bekannten Status verharren - wie auch dass einiges, das in typischer Fantasy wichtig sein sollte, zu Nebenhandlung und Hintergrund degradiert ist.
Epische Handlung? Nur Nebenschauplatz
Denn typischerweise stehen ja Kämpfe, Magie und Konflikte im Zentrum der Handlung. An "großen" Problemen herrscht auch kein Mangel: Die Menschen und die Fae müssen sich miteinander arrangieren. Außerdem streckt eine Menschenkönigin ihre Hand nach den Kesselartefakten aus. Damit läuft einiges wiederum auf Nesta hinaus, die vom Kessel verwandelt wurde und daher eine Verbindung zu den Artefakten hat - enger als viele ahnen.
Naheliegend würde man diese Handlung um den Kessel und einen möglichen Krieg als Haupthandlung erwarten. Wer dies annimmt und erwartet, könnte enttäuscht werden: Diese epische Bedrohung läuft mehr im Hintergrund von Nestas Selbstfindung/Heilung ab. Der Fokus des Romans spiegelt sich auch in der dreiteiligen Struktur Novizin - Klinge - Walküre. Sie ist unabhängig von Kapiteln und bezeichnet Meilensteine in der Entwicklung von Nesta und ihren Freundinnen, die sich für eben jene verschwundenen Kriegerinnen zu interessieren beginnen. Durch ihr gemeinsames Kampftraining und gelegentliche andere Episoden kommt es auch zu Auflockerung durch Action.
Alte Hauptfiguren am Rand
Wenig Einblicke bekommt man in die Charaktere, die bisher Hauptfiguren waren. Selten steuern sie eine Perspektive bei, wirken dabei eindimensionaler - und unsympathischer. Das wundert beim Wechsel der Hauptfigur (insbesondere zu dieser!) jedoch nicht. Auf einige Figuren jenseits des Hofs der Nacht gibt es kurze Blicke.
Interessant fand ich einige Andeutungen, dass mancher verhasste Charakter durchaus Gründe für sein Handeln hat, dass das Bekannte nicht die ganze Wahrheit ist und dass Rhys und Co. nicht wirklich gerecht mit ihm umgeht. Hier verspreche ich mir noch einiges Interessantes für künftige Bücher.
Silbernes Feuer ist für mich ein eher untypisches Fantasy-Buch: schwerer und ernster als viele - aber gelungen. Nicht trotz, sondern gerade weil es sich mit Entwicklungen Zeit lässt
Grimoires.de verdient an vermittelten Käufen.
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
Diese Rezension bewerteten 3 positiv und 1 negativ. (3634 Leser bisher.)
Deine Meinung
Sag uns deine Meinung zu Das Reich der Sieben Höfe: Silbernes Feuer