Buch-Cover, Ben Aaronovitch: Der Oktobermann

Der Oktobermann

Originaltitel: The October Man [EN]
Serie: Peter Grant
Übersetzer: Christine Blum
Genre: Urban Fantasy
Verlag: dtv
Seiten: 207
Erschienen: 09/2019 (Original: 2019)
ISBN: 978-3-423-21805-4
Preis: 8,95 Euro (Softcover)
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Wertung: 3/5 Grimoires; 7/10 Punkte, Gut

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Kurz & Knapp

  • Austauschbarer Ort und Charaktere
  • Flüssig, unterhaltsam - aber nicht herausragend

Tobias Winter ist das deutsche Gegenstück zu Peter Grant und arbeitet beim BKA in der Abteilung für komplexe und diffuse Angelegenheiten. Sein neuester Fall führt in nach Trier, zu einer als mögliche biologische Gefahr eingestuften Leiche, die in Rekordzeit von Fäule überzogen wurde - Edelfäule, wie sie auch für einige Weinsorten genutzt wird. Schnell findet sich Winter mit seiner Kollegin Vanessa Sommer zwischen Winzern, Weinliebhabern, Kunst sowie der älteren und jüngeren Geschichte wieder. Denn bei einem Todesfall bleibt es nicht - und auch die Göttin der Mosel scheint eine Rolle zu spielen.

Das Buch erhält 7- von 10 Punkten.

Der Oktobermann ist ein echter Aaronovitch, knüpft an die Peter Grant Romane an, setzt aber einen ganz anderen Ton. Viel vom nerdigen Peter fehlt - natürlich, immerhin liegt das in dessen Person. Stattdessen gibt es "deutsche" Sachlichkeit und Professionalismus. Das ist ebenfalls unterhaltsam - aber mit deutlichen Abstrichen.

Deutsche Peter Grant - anderer Ton

Tobi Winter ist ein anderer Charakter als Peter Grant. Das merkt man vor allem daran, dass es deutlich weniger Anspielungen auf Aktuelles und die Nerd-Kultur gibt - vielleicht mochte das auch nicht zu einem "deutschen" Charakter passen.

Statt Nerd-Kultur gibt es Bezüge zur deutschen Historik: von den Römern, vom Wein im Mosel-Tal und bis hin zur Nazi-Vergangenheit und was diese mit den magischen Gegebenheiten taten. Der Hintergrund spielt zwar auf einiges Bekanntes an und "passt", bleibt jedoch blass. Mit wenig ausgetauschten Dingen (der Wein, die Römer) hätte die Geschichte an jedem beliebigen Ort spielen können.

Ach und der Titel? Angeblich soll Oktobermann wohl eine Bezeichnung für einen gut aussehenden Mann sein. Ganz ehrlich: Nie zuvor gehört und bei Recherche auch nur in Zusammenhang mit diesem Buch. Wie beim Ort kann man hier annehmen, dass Aaronovitch nicht so wirklich vertraut mit allem ist. Es fehlt insgesamt Lokalkolorit, das die Geschichte verortet wie die Flüsse in London. Die Blicke in die deutsche Historie leisten dies leider nicht.

Wenig Rückbezug, wenig

An Peter Grant gibt es wenig Anknüpfungspunkte. Man wird mitten hinein geworfen in die Geschichte um Tobi Winter. Dabei wird eine Vertrautheit mit dem Peter-Grant-Universum aber vorausgesetzt und wenig Grundlegendes erklärt, allenfalls kurz. Tobi Winter scheint dabei ein heimlicher Fan von Peter zu sein - aber die Londoner Geschehnisse sind für diese Geschichte egal.

Vereinzelt bringt Aaronovitch eigene deutsche Probleme ins Spiel: wo die Göttin der Mosel abgeblieben ist, vorherige Konflikte zwischen dem BKA und den Flüssen - und natürlich den Praktiken der Nazis. Von Ettersberg hörte man ja bereits durch Nightingale. Allerdings führt keine dieser Erwähnungen zu etwas mehr. Insgesamt wirkt die Zeit in diesem Roman zu kurz um den Schauplatz oder die Figuren zu entwickeln - eines wäre schon ambitioniert. So sind Tobias Winter und Vanessa Sommer (Winter, Sommer ... ja, ja ...) zwar durchaus sympathisch, bleiben aber auch blass.

Wenig Magie

Und die Magie? Ja es gibt Flussgeister und besondere Personen in Deutschland. Aber hier ist alles noch versteckter - wohl auch wegen der Vergangenheit, die mitunter den Umgang mit "besonderen" Leuten diktiert oder verhindert. Zwar ist Tobias Winter Zauberlehrling wie Peter, aber er experimentiert nicht. Dieser gesamte Aspekt fehlt - vielleicht ist in einem Kurzroman aber auch einfach kein Platz. Als Konsequenz wirkt der Roman oft eher wie ein Krimi mit dezentem Magie-Element. Und der Fall ist zwar nicht uninteressant, aber auch nichts Besonderes; durchaus unterhaltsam, aber nicht fesselnd.

Geradliniger Kurzroman

Mangelnden Platz erwähnte ich mehrfach. Es liegt in der Natur eines Kurzromans, dass es nicht viele Ausschweifungen gibt, dass die Handlung einigermaßen konzentriert ist. Das kann man einem solchen Buch schwer vorwerfen. Dennoch: Dieser Roman wirkt einfach geradlinig. Ein Verdächtiger oder Verdachtspunkt nach dem anderen wird abgeklappert; es gibt keine Höhepunkte oder Schlenker. Und dadurch fehlt mir ein Drumrum.

Der Oktobermann ist eine abgeschlossene Geschichte, bleibt in mancher Hinsicht aber ungreifbar. Leser erhaschen zwar einige Blicke auf die Magie und besondere Wesen in Deutschland, aber dies hält sich in Grenzen. Gelegentlich gibt es auch einige abrupte Wechsel, die eine Szene in einer sonst gemächlichen, flüssigen Erzählung kurz halten.

Geht es weiter mit Tobi Winter und Vanessa Sommer? Irgendwie schon. Ich las Der Oktobermann lange nach Erscheinen und kannte schon eine folgende Kurzgeschichte mit Vanessa Sommer. Diese fand ich insgesamt kurzweiliger. Mehr Geschichten aus Deutschland kann ich mir durchaus vorstellen, wünsche mir dafür aber mehr Raum, um sowohl das deutsche Milieu als auch die Figuren besser auszugestalten.

Fazit: Der Oktobermann ist weder schlecht noch überragend. Die Romane mit Peter überzeugten mich mehr, was vor allem daran liegen dürfte, dass weder die Figuren noch Deutschland in diesem Kurzroman die Chance hatten, sich zu etablieren.

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Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

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