Buch-Cover, Amélie Wen Zhao: Herz aus Blut und Asche

Herz aus Blut und Asche

Originaltitel: Blood Heir [AME]
Serie: Blood Heir (#1)
Übersetzer: Beate Brammertz
Genre: Fantasy
Verlag: Heyne
Seiten: 464
Erschienen: 08/2020 (Original: 2019)
ISBN: 978-3-453-32087-1
Preis: 14,99 Euro (Softcover)
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Wertung: 3/5 Grimoires; 7/10 Punkte, Gut

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Kurz & Knapp

  • Solide Fantasy mit Action-Episoden
  • Bekannt, vorhersehbar
  • Interessante Magie

Im Kyrillischen Kaiserreich ist Magie verboten. Jene mit magischen Kräften werden gejagt - oder in die Dienste der Mächtigen gezwungen. Aber auch Anastacya Mikhailov, die Kronprinzessin des Reichs, verfügt über magische Kräfte - überdies besonders starke und gefährliche. Das nutzt ihr derzeit jedoch wenig, denn des Mordes an ihrem Vater beschuldigt, musste sie fliehen. Seitdem sucht sie den wahren Mörder an ihrem Vater. Dazu ist sie auch bereit, sich mit Ramson Schnellzunge einzulassen, einem der größten Betrüger des Reiches. Natürlich hat dieser eigene Pläne - doch auch Ana lässt sich nicht einfach in ihre Pläne hineinreden.

Das Buch erhält 7 von 10 Punkten.

Herz aus Blut und Asche klang von Beginn an wie ein Buch, das viele bekannte Elemente mit sich bringt. Die Frage ist dann immer: Was macht die Autorin daraus? Amélie Wen Zhao fügt in diesem Serienauftakt eine Portion russisches Flair hinzu, ohne in die slavische Mythologie einzusteigen. Eine im Grunde bekannte und vorhersehbare Geschichte schreibt sie durchaus spannend - aber gerade gegen Ende etwas zu schnell und geradlinig zur Konfrontation.

"Kyrillischer" Hintergrund

Bei Titel und Rückentext des Buches erwartete ich ein kühles, russisch/slawisch angehauchtes Setting. Das wurde nur teilweise erfüllt: Mit der weiten Taiga und einigen Wörtern gibt es zwar Anklänge ans Russische; Slavische Mythologie hingegen fehlt gänzlich. Das gibt ein gewisses Flair von Kälte, Weite und Eis, das mit einer gewissen Düsternis verbunden wird: Die Hauptfiguren haben schreckliches erlebt und das Leben in dieser Welt ist hart, besonders für die magiebegabten Affiniten.

Neben dem Kyrillischen Kaiserreich gibt es nur wenige Ausblicke auf andere Reiche, die vermutlich in der Fortsetzung eine Rolle spielen würden. Aber schon dieses Flair gibt eine Tendenz für den gesamten Roman: Er konnte mich nicht komplett einfangen. Trotz einiger untypischer Ideen vermisste ich etwas.

Ungewöhnliche Magie

Zweiter Punkt, der neben dem Land die Kulisse ausmacht, ist die besondere Magie der Romanwelt. Hier gibt es keine Magier oder Zauberer, sondern Affiniten. Einige Menschen haben eine besondere Begabung, eine Verbindung zu einer bestimmten Sache oder einem Konzept. Kornwirker arbeiten so als Bäcker, Fleischaffiniten in einer Metzgerei.

Nicht alle Affinitäten sind gleich mächtig oder gefragt - und hier kommt auch die Hauptfigur Anastacya ins Spiel, die eine mächtige, beinahe sagenumwobene Affinität besitzt: Blut. Noch heute werden Geschichten um die Bluthexe von Salskoff erzählt um die Bedrohung der Affiniten hervorzuheben - dabei liegen jene Ereignisse noch gar nicht lange zurück.

Denn die Affiniten sind im Kaiserreich keineswegs ob ihrer Fertigkeiten geschätzte Arbeiter. Vielmehr sind sie ausgegrenzt, gejagt und sogar versklavt. Mit ihrer Macht sind die mächtigeren Affiniten den Menschen klar überlegen - und daher auch gefürchtet.

Dass dies nicht überall so ist, erfährt man in kurzen Informationsschnipseln über andere Reiche: Dort werden Affiniten teils sogar verehrt. In diesem Buch spielt dies jedoch keine weitere Rolle.

Bei einem Konzept wie der Affinität könnte man eine stark durch Magie geprägte Gesellschaft vermuten. Stattdessen wirkt das Buch eher wie Low Magic, obwohl immer wieder Affiniten bei teils gewöhnlichen Tätigkeiten wie Backen auftreten und es verschiedentlich Schutzvorrichtungen gegen diese Macht gibt. Damit habe ich kein Problem, zumal ich die Darstellung der Affinitäten durchaus interessant finde, wobei die exakte Funktionsweise allerdings vage bleibt - Fans von "Hard Magic" (also Magie, die expliziten, klaren Regeln folgt) dürften ihre Probleme haben. Mich störte hingegen eher, dass oft zu deutlich gemacht wurde, was moralisch korrekt wäre.

Bekannte Geschichte

Denn die eigentliche Geschichte ist ebenso bekannt wie schnell erzählt: Die Thronerbin muss aus dem Palast fliehen, da ihr ein Mord vorgeworfen wird. Nach langer Flucht sichert sie sich die Hilfe eines Kriminellen. Gegenseitiges Belauern, Kennenlernen, Pläneschmieden; dabei eine gewisse romantische Spannung, die hier jedoch nicht im Vordergrund steht. Es werden gemeinsame Feinde und größere Zusammenhänge und Intrigen entdeckt.

Insgesamt ist das sehr geradlinig mit nur scheinbar abschweifenden Episoden, die alle in eine Richtung führen: den Kaiserpalast in Salskoff. Die Geschichte ist dabei handwerklich ordentlich erzählt. Wer Action und Intrigen sucht, bekommt hier einen soliden Fantasy-Roman, allerdings ohne echte Innovationen. Es war eben alles schon mal so da, die Wesentlichen Entwicklungen sind vorhersehbar. Es reiht sich Episode an Episode - und für sich scheint fast jede verzichtbar. Weder das Setting noch die Handlung konnten mich so gefangen nehmen.

An den Entscheidungen gemessen

Verbindend gibt es dennoch ein Thema oder Motto: Wiederholt wird betont, dass nichts von sich aus gut oder böse ist, weder Affiniten noch Menschen. Es sind nicht die angeborenen Fähigkeiten oder die Zuschreibung anderer Menschen. Es ist nicht einmal das, was man erreicht, sondern die eigenen Entscheidungen: was man tun will; was man erreichen will.

Es sind unsere Entscheidungen, die uns ausmachen.
Für einige Figuren wird dieses Motto auch zum Prüfstein ihres Handelns - längst nicht nur die Hauptfiguren, auch in einigen Randcharakteren scheinen diese Überlegungen geweckt. Denn manche Randfigur verhält sich nicht so, wie man es konsequenterweise erwarten würde: Möglicherweise haben auch sie angefangen, über ihre Rollen nachzudenken. Die Handlung zusammenhaltend verbindend wirkte dieses Thema auf mich aber nicht - teils eher bemüht moralisierend.

Umgekehrt sieht man auch Figuren, die ihre Entscheidungen und ihr Handeln durch ihre Ziele rechtfertigen. Schade ist, dass diese oft direkt mit Rache verbunden sind, und somit direkt ins Negative gerückt werden, denn manches Ziel wäre für sich durchaus ehrenwert.

Für die Hauptfiguren gibt es noch Blicke in die Vergangenheit. Hier sieht man, welche Ereignisse Ana und Ramson prägten. Aber auch hier gibt es wenig Überraschungen mit Vorgeschichten in einem bekannten Muster. Erneut kann ich nur sagen: Nicht schlecht erzählt, aber auch nichts, das mich fesselte - und im Generellen eben bekannt.

Zügig zum Ende

Dieses Bekannte und Geradlinige hält sich bis zum Ende. Wird zunächst auch Zeit auf das Motto und Vergangenheitsepisoden verwendet, zieht es schließlich stark zum Schluss. Bei mir verursachte das ein Hauruck-Gefühl: Es war klar, dass es zu einer großen Konfrontation kommen muss. Aber ohne Auflösung.

Hier wird der Seriencharakter deutlich: Eine Episode ist abgeschlossen, es gibt Ausblick auf das, was kommt. In diesem Fall empfand ich das Ende jedoch als unrund und gehetzt. Manches wird nur kurz geschildert, nicht miterlebt.

Am Ende bleibt damit eine Welt mit interessanter Magie und einem angenehm andersartigen Setting, insgesamt relativ klarem Gut und Böse aber einigen Grautönen. Herz aus Blut und Asche ist eine solide aber bekannte Fantasygeschichte mit angereihten, actionreichen Episoden. Leider ist sie auch vorhersehbar und die eigenen Ideen reichten nicht, mich zu fesseln. Das ist schade; interessant fand ich einiges. Der nächste Teil muss hier nachlegen.

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Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .


Zitat(e) aus dem Buch

  • Es sind unsere Entscheidungen, die uns ausmachen
  • Das hier ist keines von den Märchen, die du in deiner Kindheit gelesen hast, wo der Held am Ende immer triumphiert. Du wirst viele Schlachten schlagen müssen, und alle wirst du nicht gewinnen.
  • Meine Handlungen sind Opfer, die zu erbringen ich bereit bin, um einer besseren Welt den Weg zu bahnen, Kleine Tigerin."

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