Spellslinger
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Noch keine
Kurz & Knapp
- Interessantes Magiesystem
- Welt nur angedeutet im Hintergrund
Kellen ist Sohn eines Obermagiers im Magiervolk der Jan'Tep. Doch Kellens Magie wird immer schwächer. Als andere schon längst Zugang zu den magischen Mächten gefunden haben, hat Kellen noch kein einziges der magischen Muster auf seiner Haut entfacht. Und die Zeit läuft ihm davon: Wenn er die anstehenden Prüfungen nicht besteht, wird er ein Sha'Tep - ein magieloser Diener der anderen. Kellens scharfer Verstand hilft ihm dabei wenig, denn für die Jan'Tep zählt nur die Magie. Auch nachdem eine Fremde ihm beisteht und die Fürstinnenwitwe Interesse an ihm findet, scheint ein erster Hoffnungsschimmer schnell zu verglimmen. Bald muss Kellen feststellen, dass viele Dinge anders sind, als berichtet.
Das Buch erhält 7- von 10 Punkten.
Karten des Schicksals: Schon der Titel interessierte mich. Sollte es um Tarot gehen, jenes alte Wahrsage-Kartenspiel? Meine Annahmen waren falsch und auch der Rückentext kann nicht wirklich darlegen, wie sich dieser Roman entwickelt. Denn die Geschichte um Kellen entwickelt sich eher ungewohnt, nahm mich einerseits gefangen, ließ mich andererseits aber bis zuletzt etwas ratlos zurück.
Ein Volk von Magiern
Was erwartete ich bei dem Titel Spellslinger - Karten des Schicksals? Magie. Und (magische) Karten im Zentrum.
Magie gibt es - reichlich und mit einem interessanten Magiesystem. Der Leser gerät direkt in eine Gesellschaft aus Magiern, in der Magie für nahezu alles benutzt wird. Dabei ist Magie jedoch nicht überall und unbegrenzt vorhanden. Stattdessen gibt es Oasen, welche die Ausübung der Magie verstärken oder überhaupt erst ermöglichen. Es verschiedene Arten der Magie, die sich ein junger Magier erst aneignen muss: Eisen, Glut, Atem, Blut, Sand, Seide und Schatten, den alle meiden. Die Magie, die jemand beherrscht, zeigt sich dann durch eintätowierte Bänder an den Armen. Das war für mich ein erfrischend anderes System, auch wenn vieles offenbleibt.
Damit hätten wir das Spell im Titel und Spellslinger ist als Zauberwirker nicht gänzlich unbekannt. Was ist mit den Karten? Tatsächlich tauchen Karten auf, die eine gewisse Ähnlichkeit zum Tarot haben, wenn auch stark abgewandelt und auf die Völker der Welt angepasst. Auch werden diese für ähnliche Zwecke benutzt - aber nicht ausschließlich. Außerdem treffen wir auf messerscharfe Wurfkarten und oft benutzte Metaphern im Zusammenhang mit Karten. Aber auch wenn sie immer wieder auftauchen: Mir scheint, dass sie sich übermäßig in den deutschen Titel drängten. Denn am Ende sind sie Karten. Generös kann man durchaus sagen, dass sie helfen, eine andere Perspektive ein- und sein Schicksal anzunehmen. Aber der Reihe nach.
Ungewöhnlicher Held
Im Zentrum steht aber weniger der vollständige Aufbau einer Welt (die im Gegenteil oft nur angedeutet wirkt), sondern der Ich-Erzähler Kellen. In einer Gesellschaft von Magiern ist ausgerechnet er magisch unbegabt. Andernorts würde sein schneller Verstand dies ausgleichen. Doch in der Magokratie der Sha'Tep gilt nichts außer Magie und so wird jede geistige Leistung Kellens als Taschenspielertrick verachtet. Wozu braucht man so etwas? Man hat doch Magie! Das spiegelt sich auch in der Unterklasse der Sha'Tep wieder, die aufgrund mangelnder magischer Fertigkeit zu Dienern wurden. Und genau jenes Schicksal droht Kellen.
Dazu gibt es nur einen Weg: Seine Magie freisetzen. Aber dies gelingt Kellen nicht. Als er sich jedoch mit einer Fremden anfreundet, wird die Fürstinnenwitwe auf ihn aufmerksam. Mit seinem wachen Geist soll er für sie die Fremde Daroman, Ferius Perfax, ausspionieren: Wer ist sie; was will sie? Dabei findet Kellen die Daroman durchaus sympathisch. Die beiden helfen sich gegenseitig - was Kellens Ansehen unter den Jan'Tep nur weiter sinken lässt. Dennoch scheint dies seine einzige Möglichkeit sein, doch noch seine Prüfungen zu bestehen.
Das eigene Schicksal entscheiden
Hier ist es schwer, genauer zu werden, ohne zu viel zu verraten. Kellen findet einen Vertrauten oder Handelspartner in der Baumkatze Reichis (für mich ein Highlight), der ihn in den Augen anderer jedoch noch weiter sinken lässt. Schon bei Ferius Perfax klang stets ein gewisser Zynismus und Sarkasmus durch, der insbesondere die Magier belächelte. Mit der Reichis wird dies noch verstärkt, zumal die Baumkatze eine recht egoistische Ader hat. Dennoch wird hier nicht nur genommen, sondern Schuld bezahlt. Und Ferius bringt eine der zentralen Fragen des Romans auf: Was zu tun ist das Richtige?
Möglicherweise sollte man diese Frage als Kern des ganzen Romans. Ferius gibt Kellen den Rat, er solle sich überlegen, was für ein Mann er sein will, und entsprechend handeln. Ein Jan'Tep, natürlich! Aber immer wieder sieht Kellen Dinge, die ihm missfallen. Und selbst die mächtige Fürstinnenwitwe ist nicht, was sie zu sein scheint, hat andere Pläne als den Auftrag, den sie Kellen gab.
Im Endeffekt läuft es darauf hinaus: Kellen muss sein Schicksal selbst bestimmen, auch gegen das, was andere von ihm erwarten. Hier kommen auch die Karten ins Spiel, von denen Ferius ein äußerst ungewöhnliches Set bei sich trägt. Dessen Bedeutung wird erst am Ende klar und dürfte die weiteren Romane beeinflussen.
Welt nur angedeutet
Denn hier sollte ich noch einmal betonen: Karten des Schicksals ist ein Serienauftakt. Das erklärt einige Dinge, insbesondere die Welt, die kaum mehr als angedeutet ist: Die Völker von Daroman, Argosi, Mahdek scheinen ganz weit weg. Das passt einerseits: Kellen kennt nichts anderes als Erzählungen über diese und der Leser ist mit ihm in dieser beschränkten Weltsicht gefangen. Im Laufe der Handlung lernt Kellen andere Sichtweisen kennen und alte infrage zu stellen. Dennoch geht dies kaum über die Jan'Tep hinaus und hier hätte ich gerne mehr über die Welt erfahren.
Dies auch, weil die Jan'Tep in einem zentralen Punkt geradezu unglaubwürdig wirken: Sie verlassen sich NUR auf Magie und für alles andere sind ihre Diener da. Diese Monomanie läuft immerhin nicht einfach so weiter, sondern resultiert in ganz konkreten Problemen. Dennoch finde ich es etwas seltsam, dass es anscheinend lange funktionierte.
Aber weniger die Gesellschaft der Jan'Tep ist Thema als das Individuum Kellen. Er rutscht in eine lange Geschichte von Rache, Macht, Furcht und Unterdrückung; die Geschichte seines Volkes. Vae victis könnte man ebenfalls als eines der zentralen Themen bezeichnen. Und einige der großen Linien kann man als geübter Leser durchaus erahnen. Trotzdem blieb für mich während der Lektüre und auch am Ende die Frage: Wo genau soll das hingehen?
Insgesamt bleibe ich neugierig: Einige Figuren gefallen mir. Aber vieles wirkte auf mich extrem unnahbar - gerade bei einem Ich-Erzähler ungewöhnlich. Typischerweise wäre Kellen der Auserwählte, ist es aber nicht. Vielleicht wird er es noch? Das wäre irgendwie enttäuschend. Denn auch wenn ich derzeit nicht sicher bin, ob ich die Reihe weiterlese, ist Spellslinger: Karten des Schicksals eine deutliche Abwechslung gegenüber vielen anderen Romanen.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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