Die Meisterin: Der Beginn
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Kurz & Knapp
- Mischt Urban und Historische Fantasy mit Wissen
- Handlung relativ geradlinig
- Plötzliches Ende
Die Heilkundige Geneve Cornelius stammt aus einer Henkersfamilie - und ist mehrere hundert Jahre alt. Doch aus dem Kampf zwischen Gut und Böse hat sie sich immer herausgehalten, auch aus einer Fehde mit der Henkerdynastie der Bugattis. Doch dann wird ihr Bruder ermordet, seine Leiche gebrandmarkt und mit einem Richtschwert getötet: die Bugattis, die der Familie Cornelius endgültig ein Ende bereiten wollen? Währenddessen nehmen die Probleme in Geneves Wahlheimat Leipzig zu und sowohl die Werwölfe als auch die katholische Kirche drängen sie, sich für eine Seite zu entscheiden.
Das Buch erhält 7- von 10 Punkten.
Mit Die Meisterin: Der Beginn erscheint nun als Buch, was zuvor nur als Hörbuch existierte. Das Format merkt man der Geschichte stellenweise an, besonders durch manche Überleitung der Erzählerin. Dennoch präsentiert Markus Heitz einen unterhaltsamen wenn auch recht geradlinigen Fantasy-Thriller. Fans werden Anklänge an alte Figuren schätzen. Mein größtes Problem: das plötzliche Ende.
Zwei Zeitlinien und parallele Handlungen
Die Meisterin hat eine sehr präsente Erzählerin. Ihre Identität ist zu Beginn offen, wird aber recht schnell geklärt. Im Weiteren bleibt sie weitgehend neutral und vermittelt sie zwischen einigen parallelen Handlungen und mehreren Zeitsprüngen. Zwischen diesen schaltet sich die Erzählerin meist direkt ein und leitet über. Ich mag hier falsch liegen, aber dies scheint mir oft ein Relikt des Hörbuch-Ursprungs zu sein. Denn einige Überleitungen à la "doch was dann geschah ..." fand ich gedruckt eher überflüssig bis nervig.
Zurück zu den Handlungen: Nahe unserer Gegenwart beginnt die Geschichte in Leipzig, verlagert sich jedoch schnell nach London, wo Geneve Antworten sucht. In Leipzig folgen wir weiterhin Ereignissen um Werwölfe, Vampire, Wechselbälger und einem Monsignore. In der Vergangenheit erfahren wir, wie Geneves Mutter zur Henkerin wurde, was ihre Aufgaben waren und schließlich auch, wie es zur Fehde mit den Bugattis kam.
Heitz-Leser werden bei Leipzig schon aufgehorcht haben, denn diese Stadt ist nicht unbekannt. Tatsächlich gibt es einige Bezüge: Es wird erwähnt dass Sia (siehe Judastrilogie) die Stadt vor einiger Zeit verlassen hat. Dies erlaubt eine zeitliche Verortung und einen Blick darauf, was ohne die Vampirin geschieht, die alles ein wenig zusammengehalten hat: gestiegene Spannungen und Machtkämpfe.
Henkerswissen
Neben der Handlung vermittelt die Erzählerin auch einiges an historischem Wissen und nähert sich an dieser Stelle dem historischen Roman an. Heitz greift hierzu, wie er im Vorwort schildert, auf eines seiner Prüfungsthemen im Studium zurück: Gerichtsbarkeit der Frühen Neuzeit, insbesondere Henker.
Die Handlung erhält dabei durch die echte Existenz des Übernatürlichen einen Twist zum Fantastischen. Und man könnte bemerken, dass der Stand der Henker nicht sonderlich viel mit dem Geschehen zu tun hat - sieht man vom ritualisierten Mord einmal ab. Das Wissen selbst hat wenig Auswirkung auf die Ereignisse.
Mir gefielen diese Einlassungen; aber sie werden nicht jedermanns Sache sein. Denn zugegeben wirken sie leicht hemmend. Für mich war das Thema an sich interessant. Wer hingegen keinerlei Interesse an Henkern, Folter und Rechtsgeschichte hat, der wird diese Teile wohl als störend wahrnehmen. Denn sicher bremsen sie ein Stück und ziehen die Handlung länger.
Geradliniger Fantasy-Thriller
Jene Handlung zeigt viel Standard und Geradliniges: Ein Mord mit mysteriösen Umständen; eine alte Fehde; ein Mann und eine Frau, die Antworten suchen; dunkle Rituale, Magie und Dämonen ... Die Komplexität ist vergleichsweise niedrig.
Die größte Abweichung zum Typischen ist Heitz-Fans bekannt: Werwölfe und Vampire sind hier nicht die alles überragenden Monster. Vielmehr sterben sie mit den richtigen Mitteln recht schnell. Das nimmt ihnen etwas von ihrer Bedrohlichkeit, fügt sich aber in die Welt, die Heitz geschaffen hat und in der schon andere Romane spielen (siehe: Pakt der Dunkelheit).
Ebenfalls typisch ist, dass es kein reines Gut und Böse gibt. Werwölfe und Co tendieren zwar zur dunklen Seite, aber es gibt Ausnahmen. Und mancher Kirchenmann stellt sich nicht als moralisch erhabener Streiter des Guten da, sondern vielmehr als Fanatiker.
(Etwas mehr als) Stockfiguren
Diese Figuren tauchen lediglich in Nebenhandlungen auf. Auch mit anderen Figuren arbeitet der Autor viel mit Standards, gibt ihnen aber markante Eigenheiten mit. Unter den Hauptfiguren ist das vor allem Alessandro Bugatti: Er ist Vatikanpolizist und kann auf einige besondere Befugnisse und Verbindungen zurückgreifen. Typisch italienisch sinnt er vielleicht ein wenig mehr auf Rache als auf Gerechtigkeit, liebt seine Kinder und reichert seine Sprache gern mit Italienisch an. Gerade die Sprache (eigentlich eine Kleinigkeit) machte ihn für mich präsenter.
Nebenfiguren werden kaum tiefer charakterisiert, aber doch ausreichend, um sie bildlich vor Augen zu führen: Ein viel zu junger vom Vatikan (schon wieder der Vatikan?!) entsandte Monsignore, hinter dem mehr steckt als ein heilkundlich interessierter Priester; die Werwölfe von Leipzig; die neu zugezogenen Gestaltwandler. Ihre Pläne dürften den Leser vermutlich auch im zweiten Teil begegnen.
Wenn ich von Figuren spreche, muss ich auch Geneve Cornelius erwähnen: eine Heilkundige, die sich keiner Seite anschließen will - passt, Hippokratischer Eid und so. Etwas ungewöhnlich ist ihre Familie von Henkern, aber auch das macht Sinn. Noch ungewöhnlicher ist ihr Alter von mehreren Jahrhunderten. Dabei gefiel mir, dass Geneves Tinkturen nicht nur das Leben verlängern, sondern auch unschöne Nebeneffekte haben. Andererseits fand ich diese Hauptfigur ein wenig schwach: Einerseits wird sie ehrfürchtig als Meisterin angesprochen und ihr Wort gilt; andererseits zieht sie sich stark auf ihre Neutralität zurück und scheint mit der Welt wenig zu tun haben zu wollen. Diese Einstellung bröckelt aber am Ende des Romans.
Ende recht plötzlich
Genau dieses Ende bereitet mir am meisten Probleme. Denn plötzlich geht alles schnell: Nach wilder Hatz durch die Welt werden die Feinde gestellt; schnell ins Flugzeug; weitere Person abgehakt; Welt gerettet, Höllenwesen besiegt, Ende.
Ich dachte zuerst, ich habe beim leicht ermüdeten Lesen einige Seiten einfach nicht registriert und blätterte zurück. Das war aber nicht der Fall - tatsächlich ist es ruckzuck zu Ende. Das bleibt für mich ein Makel an dieser Erzählung.
Die Meisterin: Der Beginn ist für mich nicht der beste Heitz. Es bleibt eine Empfehlung insbesondere für Leser mit Affinität zu historischen Romanen und Rechtsgeschichte. Die Anknüpfungspunkte an frühere Bücher sind nett, aber nicht genug um allein dadurch zur Zwangslektüre zu werden. (Das sollen sie auch gar nicht.) Letztendlich freue ich mich auf den zweiten Teil, denn trotz des Hau-Ruck-Endes hat dieses Buch mich gut unterhalten.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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