Total verschossen - immer Ärger mit dem Liebesgott
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Kurz & Knapp
- Flott
- Gegenspieler recht unmotiviert böse
Frida ist Scheidungsanwältin mit eigener Kanzlei mit all den üblichen Problemen und den erwartbaren Schlammschlachten. Unüblich hingegen ist der Mann, der eines Tages in ihr Büro gestürmt kommt, sich als Dan vorstellt und Frida erklärt, sie sei auserkoren, die Welt zu retten. Zu schade: Eigentlich wirkte dieser Irre ganz nett. Schon bald stellt Frida jedoch fest, dass Dans Warnungen nicht unberechtigt waren. Die griechischen Götter sitzen weit weg auf dem Olymp, aber Anteros ist seit Jahrtausenden auf der Erde und hegt einen Groll gegen die Menschheit. Und da Frida nun einmal als Retterin prophezeit ist, bleibt ihr ja wohl kaum eine Wahl ...?
Das Buch erhält 7 von 10 Punkten.
Total verschossen war für mich ein Buch zum einfach weglesen: geradlinig, flott, nie sperrig. Allerdings auch vorhersehbar und ohne Tiefe oder besonders erinnerungswürdige Aspekte. Zurück bleibt eine Erinnerung an leicht verdrehte griechische Mythologie - in diesem Fall nicht ganz positiv.
Griechische Mythologie
Griechische Mythologie und urbanes Setting - das sprach mich an. Und auch wenn Titel und Beginn dezent "für Frauen" schreien: Das hat mir noch nie etwas ausgemacht und ist kein Grund für irgendwas. Allerdings wurden meine Erwartungen nur bedingt erfüllt.
Denn einerseits flicht Nicola Mostyn einige Wesen der griechischen Mythologie und auch einige auf interessante Weise ein - unaufgeregt, am Rande und an die Moderne angepasst, nahezu undercover. Mein persönliches Highlight ist Medusa.
Das gesammelte griechische Pantheon ist etwas überraschend aber gar nicht dabei, sondern weilt auf dem fernen Olymp. Nur Anteros ist auf der Erde aktiv. Anteros? Mal ehrlich: Wer kennt den denn?
Ein böser Liebesgott
An jeder Menge kleinen Göttern hat es den Griechen nicht gemangelt. Statt Anteros kennt man heute fast nur seinen Bruder Eros. Anteros hingegen ist von Beginn an der Gegenspieler, der jegliche Liebe vernichten will. Anti-Eros, sozusagen. Nur ist diese Etymologie falsch und eigentlich ist Anteros der Gott der Gegenliebe. Er wurde erschaffen um seinem Bruder Eros (Gott der zeugenden Liebe) einen Gefährten zu geben und ist keineswegs bösartig - höchstens als Rächer der verschmähten Liebe.
Dass er hier zum Gegenspieler wurde, thematisiert die Autorin im Nachwort. Durchaus nachvollziehbar: Diese Menschen nehmen einen einfach nicht wahr und schreiben alles dem eigenen Bruder zu. Da kann man durchaus mal rachsüchtig werden; und zurückhaltend waren die olympischen Götter ohnehin nie. Dennoch überzeugte mich die Autorin mit diesem Spin von Anteros nicht. Er wirkte nicht wie ein ignorierter Gott, sondern wie jemand der böse ist, weil man den für die Geschichte braucht. Eine Motivation vermisste ich.
Dezenter Humor, wenig Tiefe
Auch insgesamt wird der Roman nicht sonderlich tief. Frida wird gleich zu Beginn als abgeklärt mit leicht zynischem Ton eingefügt. Sie ist Scheidungsanwältin, eigenständig und gut im Geschäft. Von Männern erwartet sie Schlechtes, kennt jede Menge dreckiger Trennungsgeschichten. Das ist soweit nachvollziehbar und zum Glück lässt Frida sich nicht andauernd über all das Schlechte. Dass ausgerechnet sie die Liebe auf der Welt retten soll, ist eigentlich ein Aufschlag für Satire und Humor.
Der ist aber nur gelegentlich durch zynische Kommentare präsent. Vielmehr ist dieser Roman Mystery und Supernatural mit einem Schuss Romanze. Natürlich gibt es eine Romanze - wer erwartet bei diesem Titel denn etwas anderes?
Vorhersehbar
Ebendiese Romanze ist so vorhersehbar, wie es das Ende beinahe ist. Bei solchen Büchern macht das aber nicht so viel aus wie bei andern. Ein "solches" Buch bedeutet: simple Unterhaltung; flüssiger Lesestoff ohne Stolperer, ohne besondere Tiefe; Bücher, die man ohne Probleme zur Seite legen kann oder nur ein paar Seiten liest. Und manchmal ist genau das das Richtige.
Zumal die meisten Geschichten bekannt sind und es auf die Ausgestaltung ankommt. Einige Twists bei den mythischen Wesen gefielen mir. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass das meiste eben schon mal da war: moderne Standardinterpretationen; der böse Megakonzern mit einem Gott an der Spitze - und das meiste davon von Beginn an ausgesprochen.
Ein Höhepunkt war für mich die Reise in die Unterwelt. Klar: auch ein Standard, aber interessant - bis auf die Ankunft, die mich dann doch nicht zu fesseln vermochte. Das gilt auch für das absolute Finale des Romans, bei dem es um die ganze Welt geht und das ich insgesamt als ein wenig zu viel (und gleichzeitig vorhersehbar) empfand.
Nerviges Unwissen
Besonders nervig fand ich jedoch einiges an Unwissen der Figuren. Na gut, nicht jeder kennt sich mit griechischer Mythologie aus und Frida ist eine beschränkte Ich-Erzählerin. Dass man Anteros nicht kennt, nie von ihm gehört hat - akzeptiert. Sich aber ernsthaft zu fragen, was für ein Wesen noch mal in diesem griechischen Labyrinth hauste?! Mag sein, dass ich falsche Ansprüche an Allgemeinbildung habe, aber solche Lücken fand ich unglaubwürdig und brachte mich heraus. Betrachtet man den Leser, dürfte er oder so sowieso ein Interesse an griechischer Mythologie haben - darauf wirkt ja auch das Cover hin.
Insgesamt konnte ich mich auch nicht so recht in die Figuren hineinversetzen, weder Menschen noch Götter. Frida und Dan wurden mir nie ganz sympathisch und ihre Handlungen waren zwar durchaus nachvollziehbar aber nie so ganz überzeugend. Ich hätte es begrüßt, wenn einige mythische Figuren und ihre Mythen mehr Platz bekommen hätten. Denn abgesehen von einzelnen Szenen spielen sie keine echte Rolle - und selbst Anteros wirkt nicht wie ein Gott.
Trotzdem Flott
Bei all dem muss ich abschließend dennoch betonen: Total verschossen - immer Ärger mit dem Liebesgott ist ein flotter Roman, dem man einfach so weglesen kann. Er unterhält auch gut. Aber es ist kein Buch, das ich erneut lesen werde. Es gibt keine Rätsel zu entschlüsseln, selbst die zentrale Verschwörung wird zu Beginn offengelegt. Damit gehört das Buch für mich zur Strand- oder Bahnlektüre mit der man größtenteils abschalten kann.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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