Die Götter von Asgard
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Kurz & Knapp
- Geradlinig mit flüssigem Stil
- Nordische Mythenwelt nur gestreift
Ray geht es mal wieder übel. Schon wieder hat sie eine Prüfung vermasselt; schon wieder wird sie aus dem Studiengang immatrikuliert. Bleiben nur die Joggingschuhe. An den Ufern der Isar trifft sie Kára, die ihr äußerst verständig zuhört - und sie nach Berlin mitnimmt, wo sie ihren Traum leben kann, Sängerin zu werden. Doch recht schnell wird das Ganze seltsam. Damit sind nicht nur Káras komische Freunde gemeint. Denn Kára behauptet doch allen Ernstes, sie sei gar kein Mensch. Und die Götter wollten Ray töten. Denn sie ist ein goldener Faden im Gewebe der Nornen, soll eine Heldin werden und das Ende der bekannten Götterwelt besiegeln. Und warum sollten ihr dann ausgerechnet einige dieser Götter helfen?
Das Buch erhält 7 von 10 Punkten.
Prophezeite Helden sind wahrlich nichts Neues. Dies und fehlende Tiefe sind die Schwächen des Romans. Liza Grimm erzählt die Heldenwerdung Rays geradlinig und flüssig, ohne echte Hubbel. Die nordische Mythologie schreibt sie ein wenig fort, taucht jedoch nicht sonderlich tief ein. Damit bietet Die Götter von Asgard solide Unterhaltung, die geistig aber nicht fordert und auch keine bleibenden Eindrücke hinterlässt.
Prophezeite Heldin
Prophezeites Heldentum ist nichts Neues in der Fantasy. Das macht aber auch nichts, denn es gehört zur Gattung wie Magier, Schwerter und Götter.
Allerdings weckte der Roman bei mir eine falsche Erwartung. Für mich klang er nach einer Mischung aus moderner Welt und klassischer Heldin, also Urban Fantasy mit einem starken Hauch nordischer Mythologie. Das ist es jedoch nicht. Nach einem Start in München und Berlin erfolgt direkt der Wechsel in die nordischen Mythenwelten und diese sind von unserer getrennt.
Seltsam bleibt für mich am Grundplot: Die Götter glauben, dass Ray genau dann zur Heldin wird, wenn sie einen Eisriesen tötet. Das sagt eine Prophezeiung - die allerdings schon an anderer Stelle ganz unterschiedlich ausgelegt wurde. Dennoch kennen die Götter hier keine Alternative. Seltsam ist dies vor allem, da Ray die ganze Zeit viel heldenhafter ist, als sie es sich selbst zugesteht. Sie sieht sich immer noch als Versagerin, ist sich ihrer Schwächen übermäßig bewusst - und handelt trotzdem. Eigentlich ist genau das heldenhaft: Mutig ist nicht der, der keine Angst hat; sondern der, der vor Furcht fast erstarrt und dennoch handelt.
Dennoch ist Rays Wandlung eine langsame: von Unglauben zu Wut zu Heldenhaftigkeit. In meinen Augen ist sie Letztgenanntes aber schon deutlich, bevor die Asen es anerkennen. Und das ist letztlich besser als durch den "Mord" an einem anderen Wesen plötzlich Held zu sein. Dieser Teil des Gesamtplots ist für mich immer noch seltsam. Und auch ein wenig simpel - darüber muss man bei diesem Roman aber hinwegsehen können.
Nordische Götterwelt: Nur grob gestreift
Und ich kann darüber hinwegsehen. Erzählungen, die auf Sagen, Legenden oder Mythen basieren, müssen in Teilen auch platt sein. Denn es gilt, die Götter und andere Wesen wiederzuerkennen und in jenen Erzählformen ist kein Platz für tiefenpsychologische Charakterisierungen. Eher das Gegenteil. So sind auch in diesem Roman Tyr, Odin, Frigg und Loki wiedererkennbar. Auch andere Wesen wie Zwerge und Eisriesen stammen aus der Vorlage.
Dabei schreibt Liza Grimm die Geschichte Asgards ein Stück fort: Die meisten Götter sind träge geworden. Sie feiern jeden Tag aufs Neue und versuchen Ragnarök möglichst weit aufzuschieben. Im Grunde spielen nur Tyr, Thor, Loki und die Walküre Kára eine Rolle und diese Geschichte kratzt nur an der nordischen Mythologie.
Einfache Figuren
Diesen Platz könnten facettenreichere Figuren einnehmen, doch diese gibt es nicht. Sagenfiguren sind selten tief; in einem modernen Fantasy-Roman dürfen sie jedoch gern individuellere Charakterzüge bekommen. Darauf hat Liza Grimm verzichtet.
Auch die anderen Figuren bleiben einfach: Protagonistin Ray hat die perfekte Schwester, alle sind gemein zu ihr und sie hält sich selbst für eine Versagerin. Die Götter ... sind halt die Götter - trotz kleinerer erfreulicher Twists. In Sachen Figuren hätte es für mich sehr gerne etwas mehr Charakterisierung sein dürfen.
Dies greift direkt darein, dass manche Monster und Gefahren sehr schnell besiegt und überwunden werden. Das lässt sie einfacher erscheinen, als sie es sein wollten, nimmt ihnen Bedrohung und vergibt Chancen zur Entwicklung auch der Charaktere. Und einige der Gefahren wie eine Hexe oder ein Nachtmahr hätten es für mich verdient, mehr Platz zu bekommen.
Stattdessen gibt es Situationskomik und ein loses, schnodderiges Mundwerk der Heldin in spe. Das ist auch ok, hätte aber mehr Tiefe bevorzugt. Den flüssigen Stil zu kritisieren, wäre unfair. Denn zu diesem Herangehen passt er. Aber auch er ist eben immer flüssig und geht ohne Hindernis weiter auf ein Ziel zu, das von Beginn an klar ist.
Lineare Handlung
Nach diesen Ausführungen überrascht es kaum, dass die Handlung sehr linear ist. Die Götter nehmen Ray an die Hand und bringen sie Schritt für Schritt weiter zu ihrem Ziel. Natürlich: Da ist auch Loki, der eigene Pläne hat. Dennoch folgt der Roman dem Schema Gefahr - Lösung - nächste Gefahr - Lösung - nächste Gefahr. Es geht von einem Hindernis zum nächsten.
Das Ende ist ab einem gewissen Punkt eigentlich nur logische Konsequenz und könnte ein Teaser Richtung Fortsetzung mit mehr Mythen sein. Da ich mir eigentlich genau das wünschte, finde ich es selbst merkwürdig sagen zu müssen, dass ausgerechnet das auf mich recht platt und unoriginell wirkte. Aber mal sehen - denn als entspannte Unterhaltung zwischendurch hat mir dieses Buch gut gefallen.
Insgesamt gilt: Sollte man ein Buch suchen, um wirklich in die nordische Sagenwelt abzutauchen, so ist dieses das falsche. Es ist vielmehr ein Buch für zwischendurch, wenn man gar nicht besonders viel über eine intrikate Prophezeiung nachdenken will - und ich gestehe: Ich habe die Prophezeiung an anderer Stelle überinterpretiert. Dafür ist der Roman jedoch zu flach und in der Grundanlage zu vorhersehbar. Im Endeffekt war Die Götter von Asgard nicht so gut, wie ich mir erhoffte. Trotzdem bleibt es ein Buch, das man einfach mal so weglesen kann.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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