Naris. Das Schicksal der Sterne
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Kurz & Knapp
- Vier Handlungen, plus Nebenepisoden
- Gut erzählt
- Am Ende sehr viel auf einmal
Kyndra hat ihre Heimat vor den Einschlägen bewahrt und das verlorene Reich Acre zurückgeholt. Doch das bringt auch Probleme mit sich, denn in Acre herrschte einst ein aggressives Imperium. Um Verbündete zu suchen zieht die Sternengeborene nach Acre - und muss schnell feststellen, dass es dort keineswegs so friedlich zugeht wie erhofft. Und auch in Rairam haben die letzten Einschläge große Schäden hinterlassen. Während Bregenne versucht, die Handelsgilde für einen möglichen Krieg zu wappnen, trifft Kyndra in der Wüstenei der Gestade auf einen seltsamen jungen Mann, der nicht ganz menschlich zu sein scheint.
Das Buch erhält 7-8 von 10 Punkten.
Der zweite Naris-Roman macht mir das Rezensieren schwer. In mancher Hinsicht hat mich der Roman enttäuscht: Ich empfand ihn als zersplittert, in zu viele Perspektiven und Handlungen zerfließend, die sich am Ende zu unmittelbar auflösen. Deshalb legte ich ihn beiseite und nahm in nach fast einem Jahr erneut in die Hand. Auch jetzt bin ich zwiegespalten - wobei Das Schicksal der Sterne keineswegs schlecht ist, aber nicht an den ersten Teil heranreicht.
Mensch bleiben
Am Anfang von Die Legenden von Mond und Sonne führt Kyndra ein normales Leben. Erst im Laufe der Geschichte entdeckt sie ihre Herkunft und verborgene Kräfte. So weit, so Standard und tatsächlich gab es im ersten Teil der Reihe viele bekannte Motive, die aber interessant erzählt wurden. Am Ende des ersten Romans ist Kyndra weit davon entfernt, ihre Kräfte zu beherrschen - im Gegenteil: Kyndra verdrängt ihre Kräfte.
Das hat einen Grund: Je öfter sie auf die Macht der Sterne zugreift, desto mehr von ihrem Menschsein muss Kyndra aufgeben. Und der Wahnsinn Kieriks, des letzten Sterngeborenen, der Acre und Rairam voneinander trennt, ist ihr allzu gut in Erinnerung. Trotzdem ist es einfacher gesagt als getan: Die Sterne locken mit ihrem Lied und auch wenn Kyndra selbst keine Macht wünscht, so würde es die Sternenkraft erlauben, ihre Begleiter zu schützen. Thematisch ähnelt Kyndras Kampf um ihr Menschsein daher leicht der Zwölf Wasser-Reihe, in der die sich die (Un-)Menschlichkeit aber auf ganz andere Art zeigt.
Wiedergefundene Welt
Dabei ist Kyndra nicht auf Macht oder persönlichen Vorteil aus. Vielmehr kann sie den Schutz, den die Sterne bieten, gut gebrauchen: In Acre lauern unmittelbare Gefahren auf sie und ihre Begleiter. Und viele offene Fragen: Existiert das Sartyanische Imperium noch, das einst die Zitadelle der Wirker vernichtete? Kann es Frieden geben? Wie sieht Acre überhaupt aus?
Schnell gerät Kyndras Gruppe zwischen die Rebellen und das ums eigene Bestehen kämpfende Imperium. Doch auch ganz andere Gefahren warten, wie etwa ein Orden, der die Zeit manipuliert und in Medavle einen wertvollen Anker sieht. Und auch Kyndras Kräfte sind nicht ungefährlich, wenn sie sich in den Sternen verliert.
Zersplitterte Handlung
Oben klang es bereits an: Folgte der erste Teil noch einer einzigen Haupthandlung, so teilt sich die Erzählung von Das Schicksal der Sterne recht schnell in mehrere Handlungen: Kyndra erkundet Acre; Bregenne versucht, die Handelsgilde zu mobilisieren - und nebenbei einen verfluchten Panzerhandschuh vom Arm eines Schülers zu entfernen sowie weitere Verbündete zu finden. Nicht ganz mit Zustimmung der anderen Meister. In Acre gibt es zudem noch den imperialen General Hagdon. Und Char, der eine kaum beherrschbare Wut in sich verbirgt. Er wurde von "Ma" großgezogen, über die er selbst nur wenig weiß, und verdient seinen Lebensunterhalt als Sklavenhändler.
Vier große Handlungen mit Perspektivwechseln sind nicht unerträglich viel, zumal die drei Stränge in Acre auch zusammengeführt werden. Allerdings kommen viele Episoden und einige andere Figuren hinzu, die in direktem Zusammenhang mit den Haupthandlungen stehen. Insgesamt lassen sie vieles lange in der Schwebe und wirken wir typische Episoden einer Fantasyreihe: die Rebellen; das zerfallende Imperium; der General, der nicht mehr weiß, wo er steht.
Das ist nicht schlecht, gerade Hagdon ist eine interessante Figur. Und auch die bekannten Protagonisten entwickeln sich dezent und nachvollziehbar weiter. Insgesamt konnte mich der Roman aber nie voll und ganz packen.
Persönliche Motivationen
Die gelungenen Figuren möchte ich explizit hervorheben: Kyndra kämpft gegen ihre Kräfte und hadert mit ihnen. Die Gründe sind sehr nachvollziehbar, spätestens dann, wenn man sieht, was die Sterne mit ihr machen.
Aber auch die anderen Figuren (zumindest einige) entwickeln sich durch Verlust und Schwierigkeit weiter. Während Nediah wieder Zeit mit seiner einstigen Liebe Kait verbringt - deren Motivation und Loyalität immer noch mit einem Fragezeichen versehen werden können - begreift Bregenne, dass sie Nediah mehr vermisst, als sie es für möglich gehalten hatte.
Selbst die Gedanken Medavles schweifen auffallend oft mehrere Jahrhunderte in die Vergangenheit zu einer verlorenen Liebe, die ihm alles bedeutete. Neben Kyndra ist der Yadin vielleicht die potenziell komplexeste Figur: Er ist direkt Schuld an Kyndras Schicksal; der letzte Sterngeborene hat ihn enttäuscht; und die Rückkehr Acres konfrontiert ihn sowohl mit einer schrecklichen Enthüllung als auch neuer Hoffnung. Trotz einer zentralen Rolle bleibt er jedoch sehr im Hintergrund und nicht ganz durchschaubar. Gerade, was seine Rolle angeht, bin ich auf den nächsten Teil gespannt.
Mehrere Romanzen - vergangene und gegenwärtige - werden so angedeutet, aber nicht ins Zentrum gestellt. Gänzlich unromantisch kommt General Hagdon daher - und doch steckt mehr in ihm als ein Karrierist. Und auch Gareth, unfreiwilliger Träger eines verfluchten Panzerhandschuhs, verändert sich durch seine Reise.
Am Ende muss alles geklärt werden
Beim ersten Teil vermerkte ich es als positiv, dass alles abgeschlossen wird und kein größerer Cliffhanger zurückbleibt. Bei diesem zweiten Teil stimmt das nicht ganz: Mehr noch als eine neue Welt vor der Tür zu haben, stehen Kyndra und ihre Gefährten am Ende zwischen mehreren Mächten mit unterschiedlichen Zielen.
Aber auch hier gibt es eine Tendenz, vieles abzuschließen - auf viel zu wenig Seiten gedrängt. Im Finale kommt es für meinen Geschmack zu einigen weltumwerfenden Enthüllungen und Ereignissen zu viel. Auch wenn es nicht ausgesprochen wird: Nach dem, was geschieht, können die Dinge in Acre nicht weitergehen wie bisher. Die Konsequenzen dürften noch nicht einmal klar sein und natürlich bereitet dies die Bühne für den nächsten Roman. Für mich hätte es jedoch ein bisschen weniger sein dürfen.
Was heißt das letztendlich? Das heißt: Das Schicksal der Sterne konnte mich nie komplett fesseln; trotzdem gelang es der Geschichte, mich neugierig zu machen auf den nächsten Teil, wenn auch nicht enthusiastisch. Denn gut geschriebene Fantasy bleibt auch der zweite Teil von Naris, trotz vieler Handlungen und einiger bekannter Motive.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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