Raphadona
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Liya und Atila wollen dem Seraph Raphadona ihre Kräfte zurückgeben. Dazu müssen sie die Essenzen der Ariach sammeln und verschiedene mystische Orte aufsuchen. Um sie herum verfolgen jedoch mehrere Geheimorden ihre eigenen Pläne vom ewigen Leben bis zu grenzenloser macht - oder auch viel persönlicheren Zielen. Auch die verfeindeten Ariach-Fraktionen greifen ein, als Befürworter oder als Gegner des Plans. Ein nicht zu unterschätzendes Problem: Selbst der große Amizaras erinnert sich nicht mehr an das Ziel des Plans, den er vor unendlich langer Zeit beginnen hat. Steht dort die Vernichtung oder die Erlösung der Ariach? Und welche Rolle spielen die Menschen?
Das Buch Raphadona erhält 8-9 von 10 Punkten.
Raphadona, der dritte und abschließende Teil der Amizaras-Chronik, ist eines jener Bücher, über die man nur schwer schreiben kann. Einerseits möchte man nicht spoilern. Andererseits erfordert eine kleine Seitenbemerkung viel Erklärung. Denn diese Serie und dieses Buch sind weder Mainstream noch taugen sie zum Einstieg: Sie sind ziemlich komplex - und gerade das macht den Reiz aus.
Fortgesetzte Handlung - Nicht zum Einstieg
Die Handlung aus Sarathoas wird in Raphadona direkt fortgesetzt. Wie in den vorherigen Teilen treffen wir auf zwei Handlungsstränge: Liya und Atila in der Gegenwart; eine weitere bekannt Person mit verschiedenen Identitäten in früheren Zeiten.
Als Einstieg taugt dieser dritte Serienteil nicht. Liya, Atila und einige andere Figuren entwickeln sich nicht mehr weiter. Das brauchen sie auch nicht: Sie sind durch die Handlung der vorigen Romane etabliert, ihr Charakter steht fest. Stattdessen reisen sie quer durch die Welt, um die Ariach-Essenzen einzusammeln und den großen Plan des Amizaras zu vollenden. Dabei müssen sie Rätsel lösen, Botschaften entziffern - und sich immer wieder mit ihren Feinden auseinandersetzen, Ariach wie Menschen.
Ein wenig erinnert dies an Mystery im Stile Dan Browns, insbesondere die Action und die Jagden. Allerdings hängt über Raphadona stets ein deutlich phantastischer Flair.
Komplexität: Mystery, Historie, Urban Thrill und SF
Aber auch Verschwörungen und Geheimbünde gibt es genug: die Tharoniter, der Sarastro-Orden, die verschiedenen Gruppierungen der Ariach. Oft ist dabei fraglich, wessen Ziele sich decken oder zumindest nicht behindern.
Die Amizaras-Chronik ist phantastisch, spielt dabei aber oft auf Mythos und Geschichte ab. Das macht den Roman und die Serie zu einer Mischung aus Fiktion und Realität: Neben unserer heutigen Welt und historischen Personen wie Tycho Brahe existieren auch mythische Orte wie Shangri-La - und durch die Agarthi-Kultur weht ein Hauch Science-Fiction herein.
Eine besondere Position nimmt die Bibel ein. Die Ariach ähneln in mancher Hinsicht den Engeln - auch das Banner, das Lesezeichen und Postkarten der Chronik ziert, zitiert die Bibel - sind jedoch keine Boten Gottes, sondern verfolgen eigene Ziele. Neben der Tatsache, dass die Ariach die Menschen beeinflussen, gibt es jedoch kaum Erklärungen zum Geschehen in früheren Zeiten. Anspielungen fließen weniger als harter Kern ein, sondern am Rande. Sie sind für die Leser da, die sie entdecken; andere lesen darüber hinweg. Sie sind also ein schöner Bonus. Gleichzeitig sind sie aber ein Beleg, dass der Mainstream nicht die Zielgruppe ist. Ohne jegliches Wissen in diesem Bereich würde der Roman an Reiz verlieren.
Ist Raphadona also nur eine Häufung von Anspielungen? Keineswegs - Action und Spannung gibt es reichlich; für meinen Geschmack sogar ein wenig zu viel. Dennoch ist der Roman insgesamt eher komplex - auf eine positive Art, aber eben nichts zum schnellen Lesen zwischendurch. Das Buch nebenbei im Zug zu lesen, verbietet sich allein schon aufgrund des Gewichts.
Apropos Komplexität: Es gibt keine ausführliche Zusammenfassung des bisher Geschehenen. Gerade nach einer längeren Lesepause zwischen Band zwei und drei hatte ich dadurch Schwierigkeiten, die Ariach-Fraktionen auseinanderzuhalten. Glossar und "handschriftliche" Notizen halfen mir dabei leider wenig. Oft erklärten die Notizen sogar mehrfach das Gleiche - selten jedoch das, was mir nicht präsent war. An solchen Stellen zeigt sich dann das Problem großer Komplexität.
Liebevolle Gestaltung
Zur Komplexität trägt auch die visuelle Gestaltung bei. Ich wiederhole mich, denn dies galt bereits für Teil eins und zwei. Aber ich wiederhole mich gerne. Ohne ein Wort zu lesen, erkennt man die Besonderheit der Chronik: keine schwarz-weißen Seiten, sondern Blutstropfen, Wasserkleckse, Illustrationen, eingedruckte Schriften. Das Buch erweckt den Eindruck, auf wiederverwertetem Papier gedruckt zu sein, das einiges durchlebt hat.
Das war und bleibt ein Alleinstellungsmerkmal - und kein ganz unproblematisches, denn es hat Probleme bereitet. Der Druck verzögerte sich; eine Lieferung mit Fehldrucken ging zurück. Statt mit Fehlern zu leben, wurden die Einbände neu hergestellt. Herzblut und Liebe stecken in diesem Projekt: Ginge es nur ums Finanzielle, hätte man diese Fehldrucke wohl "notgedrungen" verramscht auf den Markt geschmissen. Das haben die Macher zum Glück nicht getan; denn das hätte das Buch auch nicht verdient.
Übrigens: Im Amizaras-Shop gibt es einige Extras wie Buchständer, Autogrammkarten, einen Schuber und Aschamdons Schwert als metallenes Lesezeichen.
Grand Finale: Ein Ziel, das niemand kennt
Details zur Handlung will ich nicht verraten. Insgesamt wird die Action aufgedreht. Die Entwicklung der Hauptcharaktere ist abgeschlossen. Die Handlung wirkt dadurch manchmal hektischer. Gelegentlich hatte ich den Eindruck, dass einfach alle Fraktionen zusammengeworfen werden und es jetzt auskämpfen sollen - "zwei gehen rein, einer kommt raus". ;)
Einen größeren Twist erhält das Finale durch Amizaras' großen Plan. Den keiner weiß, was eigentlich dessen Ziel ist. Nicht einmal Amizaras selbst der sich, in Atilas Körper gefangen, nur stückchenweise erinnert. Oder zumindest so tut. Die Pläne der anderen sind ebenso wenig durchschaubar - ihr direktes Ziel vielleicht, aber die Konsequenzen und welche Allianzen tatsächlich funktionieren können ... das ist nahezu unentwirrbar und sorgt auch im Finale für die Änderung mancher Priorität und (erzwungener) Loyalität.
Eine Figur bekommt zusätzlich Bühnenzeit. In ihrem Handlungsstrang erfährt man ein wenig mehr über die direkten Hintergründe und auch Liyas Handlungen aus einer weiteren Perspektive. Die Handlungen dieser Figur werden nachvollziehbar - aber nicht ethisch. Das passt auch zum Rest des Romans: Eine wirklich "gute" Figur gibt es einfach nicht, jeder hat Fehler oder Ziele, für die er mindestens zeitweilig über Leichen geht. Mir gefällt das.
After the Fall: Nach dem Ende
Mit Raphadona ist die Amizaras-Chronik zu Ende. Die Geschichte ist abgeschlossen; aber es bleiben offene Fragen: Fragen zum Einfluss der Ariach auf die Menschen in der Vergangenheit; und Fragen, wie es nach dem Ende von Amizaras' Plan weitergeht.
Geht es denn weiter? Ja: auf zwei Ebenen. Ende 2017 soll eine zweite Trilogie erscheinen, welche die Geschichte direkt fortsetzt. Amizaras Diarium-Bände sollen hingegen in mehreren Geschichten in die Vergangenheit blicken und sich um das Wirken der Ariach und di Agarthi-Kultur drehen (Quelle).
Ich bin gespannt, wie diese kürzeren Geschichten - denn so klingen die Diarien zumindest für mich - funktionieren und freue mich jetzt schon. Bis dahin ist Raphadona ein runder Abschluss der Chronik. Wer komplexe, anspruchsvolle Fantasy mit vielen Anspielungen mag, sollte die Amizaras-Chronik nicht verpassen. Meine Empfehlung? Gleich alle drei Bände im Schuber bestellen.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
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