Das Blut des Schwarzen Löwen
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Iolan wächst als Findelkind in einem Fischerdorf auf. Am Tag seiner Seeweihe bricht seine Welt zusammen: Cordurische Soldaten brennen das Dorf nieder und schlachten die Fischer ab; jene Soldaten, die sie eigentlich vor Piraten beschützen sollten. Mit einem Quano-Theurgen entkommt Iolan und schwört dem Herrscher Rache. Was er nicht weiß: Der Theurg hat ganz eigene Pläne mit ihm und sagt nicht die Wahrheit, denn in Wirklichkeit ist Iolan der Sohn des Schwarzen Löwen, eben jenes Herrschers von Cordur.
Das Buch erhält 8- von 10 Punkten.
Imperium der Drachen: Das Blut des Schwarzen Löwen legte für mich einen klassischen Fehlstart hin: Den Anfang fand ich einfach nur langweilig und delegierte das Buch daraufhin in die Warteschleife. Als ich später weiterlas, entstand jedoch ein ganz anderes Tempo auf, trotz altem Grundmuster.
Schwacher Anfang
Das Schwächste am gesamten Roman: der Prolog (in Gestalt des ersten Kapitels). So schwach, dass ich erst zu zwei anderen Büchern griff. Denn hier wird ein Reich erobert, ein Tempel gestürmt und die Priesterinnen verfluchen den Herrscher.
Jener "Schwarze Löwe" soll nur Monster als Nachkommen haben. Natürlich hält ihn das nicht davon ab, die Priesterinnen zu töten. Der Fluch ist der zentrale Angelpunkt des Romans und seine Einführung nötig. Aber die finalen Augenblicke eines Feldzugs empfand ich als uninspiriert. Spannung kam für mich nicht auf - trotz Action. Zu Beginn des Folgekapitels wird es sogar noch etwas schlimmer: Bernd Perplies ergeht sich in einer Beschreibung der Hauptstadt, die einem Touristenführer entnommen sein könnte. Diese ist zwar kurz, aber gerade am Anfang ungünstig, zumal der weitere Roman die Welt eher im Hintergrund entfaltet.
Antike Fantasy-Welt
Nach der "Einführung" in die Welt geht es nämlich mit Handlung weiter: Der verfluchte Erbe wird geboren, der Tyrann stimmt widerwillig zu, das Kind zu töten. Zu sehr würde das Volk es wie ein böses Omen deuten. Schon hier fiel mir auf, dass Iurias Agathon, Tyrann von Cordur etwas ungewöhnlich ist. Er zieht selbst in die Schlacht (für Fantasy beinahe normal), muss sich aber mit einem Rat der Bürger auseinandersetzen. Er kann brutal und konsequent sein, wirkt aber nicht wie der typische Schurke, selbst nicht, als er sein Kind zu töten befiehlt.
Sein Reich erinnert mit Namen und Geographie ans Alte Rom: Im Buchinneren gibt es eine Karte, die zu großen Teilen dem Mittelmeer sehr ähnlich sind. Unterschiede gibt es im Westen, aber auch hier kann man die Rassen leicht historischen Völkern zuordnen - ergänzt durch die seltsamen Quano (die sich in meinem Kopf irgendwie als Echsenmenschen festsetzten) und fantasytypische spitze Ohren bei "Wüstenelben".
Diese Ähnlichkeit zum antiken Weltreich ist auch im politischen Gefüge spürbar: ein großes Imperium, Vasallenstaaten, Konflikte mit anderen Reichen. Insgesamt sorgt dies für ein erfrischend anderes Setting als das Quasi-Mittelalter der meisten Fantasy. Ebenfalls gelungen: Nach dem zähen Anfang schmückt Perplies die Welt nicht weiter aus, sondern lässt sie aus der Handlung heraus klarwerden. Denn im Zentrum stehen Iolan und seine Familie - das Imperium und seine politischen Verwicklungen sind nur ferner Hintergrund. Auch die Eigenheiten der Völker, wie die Einheit der Quano mit einer Weltseele, werden nur leicht angesprochen. Mancher wird sich hier mehr wünschen.
Der totgeglaubte Erbe
Ich denke hingegen: Es ist gut, dass Bernd Perplies auf extensive Welterklärung verzichtet und stattdessen auf die Handlung setzt. Der Plot ist einer der ältesten: Das Kind, das getötet werden soll, überlebte natürlich und ein anderer will ihn nun für seine Ziele nutzen. Bernd Perplies geht dabei nicht den einfachen Weg, Iolans Herkunft ihm gleich zu enthüllen. Stattdessen spinnt ein Quano-Theurg eine ganz andere Geschichte zusammen - die mehr und mehr bröckelt während Iolan entdeckt, dass einiges so nicht stimmen kann. Aber warum lügt sein Wohltäter vieler Jahre?
Wissensvorsprung für den Leser
Der Leser weiß im Gegensatz zur Hauptfigur schon alles. Er hat von Beginn an einen Wissensvorsprung: über das Imperium, über den Theurgen, vor allem aber über Iolan. Das ist ein zwieschneidiges Schwert, aber Bernd Perplies vermeidet es, an die scharfe Klinge zu fassen.
Denn der Leser weiß so zwar, dass der Fluch auch Kräfte verleiht und dass Iolan auf der falschen Spur ist, den falschen vertraut; aber diese Geschichte ist wie gesagt nicht neu und in Teilen vorhersehbar. Zudem entsteht durch diesen Wissensvorsprung eine andere Art der Spannung: Die Frage ist nicht, was passiert, sondern wann Iolan es endlich herausfindet - und was er tut. Handwerklich gibt es hier nichts auszusetzen.
Leichte Ironie: Gerade Iolans Handlungsstrang ist der langweiligere. Sein Stiefbruder erlebt in meinen Augen Interessanteres. Überhaupt steht Iolan erst am Ende des Romans an dem Punkt, an dem er das Imperium erschüttern kann - und vermutlich wird.
Moral: Grau in Grau
Unüblich: Es gibt nicht den einen Schurken, den Gegner des Helden. Theoretisch wäre dies Iolans Vater, der Tyrann von Cordur. Allerdings ist er nicht unsympathisch: Zwar brutal und entschlossen in seinen politischen Zielen und im Willen zur Macht, aber dabei nicht beliebig. Iolan selbst hat nur Rache als Wunsch - eigentlich nie ein gutes Ziel. Vor allem aber die die Feinde des Tyrannen nicht besser als dieser: Politische Intrigen sind ihr Weg, unschuldige Tote nehmen auch sie in Kauf - etwas das man von Iurias Agathon so nicht sieht.
Dies trägt dazu bei, dass der Herrscher Cordurs im Vergleich sympathisch und geradezu ehrlich wirkt. Meine Sympathie hatte der Schwarze Löwe mehr als die Verschwörer. Beide Seiten sind allerdings von eher grauer als schwarzer oder weißer Moral geprägt: Das Ziel rechtfertigt die Mittel.
Iolan sollte im üblichen Schema der Held sein. Bei dieser Bezeichnung zögere ich jedoch - denn gleichzeitig hat er das Potenzial, das große Problem, die zentrale Bedrohung der Serie zu sein. Zudem geht es mir mit ihm nicht anders als mit den restlichen Figuren: Sie handeln nachvollziehbar, aber keine Figur wuchs mir so recht ans Herz - am ehesten vielleicht noch ein gealterter Theurg, der der viellicht einzige echte Freund des cordurischen Herrschers ist.
Auf der anderen Seite gibt es auch humane Figuren. Sklavenhandel ist in dieser Welt normal. Wer grausame Behandlung erwartet, wird überrascht: Zumindest Haussklaven werden ausnehmend gut behandelt, sind "nur" Eigentum eines anderen. Das ist ein vergleichsweise historisches Bild, zumindest im Bezug auf Sklaven in der Antike, und passt somit gut in Perplies' Welt.
Drachenimperium ohne Drachen
Die geschaffene Welt ... da war doch etwas mit Drachen? Zumindest ich sehe als Serientitel Imperium der Drachen auf dem Cover. Und wo sind diese Drachen? In Dyrrach - dem Reich, das im ersten Kapitel geschleift wurde. Drachen tauchen nicht auf. Das wird zweifellos jene enttäuschen, die einen Roman voller Feuerechsen erwarten. Verdenken kann man es ihnen kaum.
Aber na gut: Die roten Wucherungen und brennend gelben Drachenaugen auf Iolans geben einen Hinweis, in welche Richtung es gehen könnte. Trotzdem ist er im Wesentlichen ein Mensch. Seine Berechtigung muss der Serientitel sich erst noch erkämpfen - in den Folgebänden.
Fazit: Imperium der Drachen ohne Drachen - aber mit interessanter, relativ realistischer High Fantasy und wohldosierter Mystik in einem Setting ähnlich der Antike. Spannung vor allem durch die Frage, wann der "Held" die Lügen endlich aufdeckt.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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