Die blutroten Schuhe
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Für die Tänzerin Kati bedeutet das Ballett alles. Wenn die anderen aufhören, trainiert sie weiter, denn nur harte Arbeit führt zum Erfolg. Eines Tages bekommt sie blutrote Schuhe, doch sie landen im Schrank. Glücksbringer! Welch Aberglaube, so etwas braucht Kati nicht. Doch dann zieht sie die Schuhe einmal an. Sie passen wie kein anderes Paar; was zuvor mühsam war, gelingt mit Leichtigkeit. Und um ihr Ziel zu erreichen, würde sie ihre Seele geben. Wie gut, dass es den Pianisten Cristan gibt, der sie vor sich selbst schützt. Doch was Kati nicht weiß: Cristan arbeitet für den Teufel und ausgerechnet er war es, der ihr die Schuhe gab, deren Macht sie nun zu verfallen droht.
Das Buch erhält 7-8 von 10 Punkten.
Mit Die blutroten Schuhe greift Alana Falk einerseits das Motiv des Teufelspaktes auf. Andererseits weist der Titel deutlich auf Andersens Märchen von den roten Schuhen hin. Religion oder rechter Glaube (wie bei Andersen) spielt hier jedoch keine Rolle und wird durch eine persönliche Moral ersetzt. Mehr als diese beiden Ansätze ist der Roman jedoch vom ungewöhnlichen Milieu geprägt und von der Verbissenheit der Hauptfigur.
Lebensträume und Teuflische Versuchung
Es heißt, um eine gute Tänzerin zu werden, muss man alles andere zurückstellen. Kati hat dieses Ziel und dafür ist sie bereit, alles zu opfern. Oder fast alles, denn Kati hat ihre Goldenen Regeln. So sind einige Abende fest für ihre Freunde reserviert und nichts kann sie davon abhalten. Dennoch: Für ihr Ziel, die beste Tänzerin zu werden, würde sie alles geben und reibt sich als "Streberin" geradezu auf.
Für Cristan sind hingegen alle Menschen gleich und wertlos. Seit Jahrhunderten ist er als Seelenfänger für den Teufel persönlich tätig. Seine Meinung ändert sich, als er auf Kati trifft. Klar, da kommt eine Romanze auf, das ist klischeehaft. Aber die hundert Versuchten und Gefallenen sind auch uninteressant. Dass dieser Grundplot nicht innovativ ist, macht aber gar nichts. Denn Alana Falk kombiniert einige Elemente zu etwas Neuem.
Als Erstes ist da natürlich Andersens Märchen von den roten Schuhen. Es spendet den Titel und fügt sich direkt ins Thema Tanzen und Teufel ein. Eine ähnliche Stimmung könnte man attestieren, insgesamt hat das Märchen aber wenig Einfluss auf die Handlung. Zweites Element ist der Teufelspakt, der bei Andersen so nicht vorkam. Das dritte Element ist das ungewöhnlichste: Ich kenne keinen anderen Fantasy-Roman, der im Ballett- und Tanz-Milieu spielt. Theater gibt es öfter. Aber Ballett-Tanz? Das habe ich dann verpasst.
Zwei Perspektiven - Verwirrende Zeitwechsel
Erzählt wird die Geschichte sowohl aus der Perspektive von Kati als auch Cristan. Dabei beschränkt sich die Autorin auf die Nennung der Figur und einen groben Zeitpunkt als Anhalt für den Leser. Hier gibt es wenig zu sagen: Mehrere Perspektivcharaktere sind inzwischen nichts Ungewöhnliches.
Dennoch fällt der Roman durch etwas extrem Ungewöhnliches auf: der Umgang mit der Zeit. Die Perspektivcharaktere erleben nicht nacheinander das Gleiche aus unterschiedlichen Sichtweisen oder wechseln sich chronologisch fortlaufend ab. Vielmehr springen die einzelnen Kapitel in der Zeit um Monate vor und zurück.
Vielleicht war dies als Experiment gedacht; interessant ist die Idee. Der Effekt gefiel mir aber letztendlich nicht: Ich war oft irritiert, blätterte vor und zurück, um herauszubekommen, wo dieser Teil zeitlich hinpasst. Das ist wegen der relativ kurzen Kapitelüberschriften zudem einfach zu überlesen.
Abgesehen vom verwirrenden Zeitfluss sind die zwei Perspektivfiguren jedoch äußerst interessant. Durch die gewählte Ich-Form bekommen sie eine starke Präsenz, die von den wenigen Nebencharakteren dezent ergänzt wird.
Teufelspakt mit Twist
Kaum experimentell ist der Teufelspakt - ein altes, etabliertes Motiv auch über die Grenzen der Phantastik hinaus. Auch nicht neu ist, dass der Paktierer den Pakt lösen möchte. Und der Teufel wäre nicht der Teufel, wenn er die Bedingung für Cristans Freiheit nicht zu seinen eigenen Gunsten drehen würde: Eine Seele soll der Versuchung widerstehen - doch der Teufel wählt nicht einen neuen Menschen, sondern Kati, die die verzauberten roten Schuhe bereits besitzt. Wenn sie ihre Seele verliert, bevor sieben Jahre um sind, muss Cristan dem Teufel ewig dienen oder selbst seine Seele verlieren.
Cristan ist dabei nicht gleichberechtigte Hauptfigur, sondern zweite Geige. Ja, er ist neben Kati die zweite Perspektivfigur und seine Geschichte ist vielleicht dir größere, aber sein Weg vom Mensch zum Seelenfänger wird hier nicht erzählt. Im Zentrum steht die Tänzerin Kati - aber Kati ist gerade keinen Pakt eingegangen. Sie verfällt stattdessen zunehmend den roten Schuhen, die auf sie wirken wie eine Droge, das Tanzen leicht und mühelos machen - und alles andere unwichtig erscheinen lassen.
Natürlich kommt es zu einer Romanze zwischen Kati und Cristan. Diese ist jedoch nicht von Schnulzerei und Schmalz geprägt, sondern eher von Problemen. Cristan redet Kati die Schuhe vehement aus und erinnert sie an ihre eigenen Regeln. Beide scheinen mehr zu wollen, aber Katis Ziel überlagert alles andere: die beste Tänzerin werden, um jeden Preis.
Erfreulich: Auch auf ein sorgenfreies Ende wie in vielen Märchenadaptionen verzichtet Alana Falk. Das Ende ist bittersüß - mit ein wenig mehr Bitterkeit als Süße. In dieser Hinsicht näher es sich Andersens Märchen an und zeigt, dass Handlungen Konsequenzen haben.
Ungewöhnliches Milieu - Rote Tanzschuhe
Einen großen Teil des Reizes ziehen die Figuren auch aus dem ungewöhnlichen Milieu. Ich kenne keinen anderen Romantic Urban Fantasy Roman, der im Ballett spielt. Ehrlich gesagt weiß ich ziemlich wenig über Ballett oder Tanz. Trotzdem fand ich leichten Zugang: Alana Falk verzichtet auf Fachbegriffe und macht die Leidenschaft fürs Tanzen dennoch greifbar.
Katis Leben abseits des Tanzens blendet die Autorin jedoch aus. Das könnte unrealistisch wirken, immerhin muss doch jeder leben?! Aber hier passt es. Kati will tanzen, um alles in der Welt. Ihrem Ziel, die erste Tänzerin zu werden, ordnet sie alles unter und eine Primaballerina gibt ihre Seele für den Tanz. Daher leuchtet es durchaus ein, dass Kati wenig Privatleben jenseits des Tanzens hat.
Zudem droht die Sache mit der Seele in ihrem Fall ganz wörtlich wahr zu werden. Das langsame Abgleiten stellt sich vor allem dadurch dar, dass das wenige Private noch weiter abnimmt: Tanzen wird zur berauschenden Obsession und zum Weg in den eigenen Abgrund. Möchte man dies, kann man die Geschichte auch als Warnung sehen vor Ambition, die zur Obsession wird, auf derart ausgesprochene Moralitäten verzichtet die Autorin.
Dazit: Das Experiment der Zeitwechsel ist eher verwirrend, das Grundmotiv ist alt, aber alle Standard-Elemente werden durch leichte Veränderungen interessant. Alana Falk zeigt zudem, dass auch unübliche Milieus funktionieren. Ja, gerade dadurch ist dieser Roman eine Besonderheit mit eigenem Reiz.
Der Roman ist auch als eBook (Kindle Edition) für 2,99 Euro erhältlich.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
Leseprobe
Es gibt eine oder mehrere Leseprobe(n) zu diesem Buch:Playlist zu Die blutroten Schuhe (extern)
Zitat(e) aus dem Buch
- Eine Primaballerina gibt ihre Seele für den Tanz.
- Jeder hat einen geheimen Wunsch, diesen einen, brennenden Wunsch tief im Inneren. Manche Wünsche sind einfach, andere kompliziert und wieder andere düster, grausam oder abartig. Aber sie alle haben eines gemeinsam: Sie machen uns zu dem, was wir sind.
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