Buch-Cover, Ben Aaronovitch: Der böse Ort

Der böse Ort

Originaltitel: Broken Homes [EN]
Serie: Peter Grant (#4)
Übersetzer: Christine Blum
Genre: Urban Fantasy
Verlag: dtv
Seiten: 399
Erschienen: 05/2014 (Original: 2013)
ISBN: 978-3-423-21507-7
Preis: 9,95 Euro (Softcover)
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Was haben ein gestohlenes Buch aus der Weißen Bibliothek zu Köln/Weimar und ein Sozialwohnblock namens Skygarden Tower miteinander zu tun? Eigentlich nichts. Police Constable Peter Grant stellt zunächst mehr aus Zufall fest, dass der deutsche Architekt ein Praktizierender war. Interessant wird Skygarden, als der Gesichtslose dem Komplex Aufmerksamkeit schenkt. Was hat es mit Skygarden und den Forschungen des Architekten auf sich?

Das Buch erhält 7-8 von 10 Punkten.

Nach wie vor besticht die Reihe um Police Constable Peter Grant mit echtem London-Flair, bringt inzwischen aber auch einiges, das man bereits Erwartet. Ein Grund dafür ist dass diesmal keine bekannte Touristenattraktion im Mittelpunkt steht, sondern eher das London der Einwohner. Die Bekanntheit des Schauplatzes fehlt und er ist auch nicht exotisch wie der Untergrund. Einen Knalleffekt gibt es erst am Ende, dafür kehren die Flüsse stärker zurück.

London-Flair in Elephant & Castle

Was haben Elefanten uns Burgen mit London zu tun? Nun, nichts, es sei denn es geht um London, denn dort ist es eine prominente Kreuzung und ein Stadtteil - eben dort, wo das Titelbild diesen Vermerk setzt. Elefanten und Burgen haben mit diesem Roman dennoch nichts zu tun, wohl aber das Heygate Estate als zentraler Schauplatz. Bei Ben Aaronovitch heißt es Skygarden-Zentrum, doch die Parallelen sind deutlich.

Touristen werden davon jedoch nicht viel wissen: Heygate Estate kann vereinfacht als problematischer Betonklotz beschrieben werden. Skygarden hat immerhin noch einige schöne alte Bäume in einem eingeschlossenen Park - mitsamt Baumnymphe. Allerdings ist der scheint der Ort das Interesse des gesichtslosen Magiers geweckt zu haben. Nach einigen kleineren Fällen finden die beiden die Spur des Gesichtslosen. Die Verbindung führt über ein magisches Buch zum deutschen Architekten Erik Stromberg und von dort zu seinem Lebenswerk: Skygarden. Für ihre Recherchen quartieren sich Peter und Leslie dort ein. Von der Realität inspirierte die Querälen um die Kündigung der Mieter, deren Widerstand und die Abrisspläne der Verwaltung lässt Aaronovitch einfließen. Das interessiert die paranormalen Ermittler jedoch weniger. Vielmehr interessiert sie die Frage: Was ist an Skygarden so besonderes dass ein Magier es als Lebenswerk betrachtet und ein anderer, der kaum kleckert, daran interessiert ist?

Flüsse, Kleine Krokodile und Industrielle Magie

Von Beginn des Romans an sind Peter Leslie und Nighingale den Little Crocodiles und dem Gesichtslosen auf der Spur. Bis sie das Buch zu Skygarden bringt vergeht einige Zeit mit trister Routinearbeit. Doch dann ist bereits der Titel ominös. Denn das Buch ist eine Abhandlung über die industrielle Nutzung von Magie. Zu einem Wohnblock passt das nicht so richtig - zum Gesichtslosen dafür umso mehr. Sucht er Möglichkeiten für einen magischen Schlag auf großer Ebene? Keine Frage, dass mehr hinter dem Lebensprojekt des Deutschen stecken muss.

Dies herauszufinden, ist im Wesentlichen Recherche. Die Action ist in diesem Roman eher gering: Der Gesichtslose taucht erst im Finale auf und die Rahmenhandlung ist Routinearbeit. Lange Zeit hat das Team des Folly keine echten Anhaltspunkte in ihrem Hauptfall. Symptomatisch aber nicht schlecht: "Der böse Ort" spinnt begonnene Geschichten weiter. Die Forschungen Peters (dachte nur ich sofort an diese bei der Nennung von industrieller Magie?), Leslie, Zach, die Untergründigen und und die Jagd auf die Little Crocodiles. Sogar über Nightingales Jugend und seine Familie erfährt man erstmals etwas.

Aber auch die Flüsse kehren verstärkt zurück und halten einen Jahrmarkt ab. Besonders die Nymphe Sky aus ihrem Umfeld erhält einen interessanten Twist. Insgesamt bleiben die Flüsse Londons jedoch Hintergrundfüllung - gelungene Füllung, nur damit dies nicht missverstanden wird!

Vermehrt gibt es Andeutungen zur internationalen Magie und zu Praktizierenden aus anderen Ländern. Das ändert aber nichts daran, dass der Roman in einem abgegrenzten London spielt. Es gibt kurze Exkursionen aus der Stadt, aber London ist der zentrale Ort. Das verhindert eine Zersplitterung und hält die Serie lokal. Die Stadt ist erneut exzellent und liebenswürdig dargestellt, auch was kleine Details angeht. Dabei bleibt Aaronovitch sehr nah an der Realität: Dies ist kein magisch verzerrtes

Geek-Humor und Deadpan

Allerdings muss man kein Londoner sein, um diesen Roman zu genießen. Denn wie zuvor nutzt Ben Aaronovitch den Geek-Humor des Hauptcharakters. Anspielungen gehen in die verschiedensten Richtungen, beispielsweise mit dem Voigt-Kampff-Test, den ich wie ein anderer Charakter nachschlagen musste - am gleichen Ort wie dieser. Auch das an allem interessierte und amüsantes Geplauder des Hauptcharakters ("Was denn?") muss Nightingale mehr als einmal abwürgen: Fokus, Peter, zurück zur Sache!

Jener Nightingale rückt trotz erster Erzählungen über seine Familie mehr in den Hintergrund. Wichtiger werden hingegen Peter und Leslie, Beverly Brook und Zach. Die Figuren sind oft sehr direkt, was mehr als einmal in trockenem "Deadpan"-Humor mündet. Mangelnde Unterhaltsamkeit kann man Conmstable Peter Grant keinesfalls vorwerfen!

Finden und Reagieren - Etwas fehlt

Trotzdem: Etwas fehlt mir. Vielleicht ist das der Fall, weil das Zentralgeschehen nicht von Anfang an zentral und klar ist. Vieles in diesem vierten Roman ist Recherchearbeit. Das Buch braucht lange, um in Fahrt zu kommen. Dann geschieht alles recht schnell und Peters Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt. Er handelt nicht selbst, er reagiert vielmehr. Dabei hat er nicht einmal Optionen: Zwar mag der Weg nicht ideal sein, aber s gibt gar keine Anderen.

Dabei möchte ich nicht sagen, dass es die alten weitergesponnen Handlungen stören. Sie sind gut, passend und bauen logisch auf dem vorigen Geschehen auf. Auch wenn einige nur kurz auftauchen, erinnern sie daran, dass die Untergründigen nicht einfach am Ende ihres Buches verschwinden. Trotzdem: Etwas fehlt mir und ich kann es nicht direkt benennen. Ich vermute, es ist eine Kombination aus dem langsamen Start, dem hauptsächlichen Reagieren und der Tatsache, dass Skygarden / Heygate Estate für einen Nicht-Londoner ohne Konnotationen daherkommt. Vielleicht liegt es auch daran, dass gegen Ende alles ziemlich schnell passiert. Oder an dem massiven Twist im Finale.

Das ändert aber nichts daran, dass auch der vierte "Flüsse von London"-Roman gut ist und der nächste gedanklich schon vorgemerkt ist.

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Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .


Leseprobe

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Der böse Ort (extern)

Zitat(e) aus dem Buch

  • Der Kaffee kam. Der Espresso war tatsächlich exzellent und hatte ein unverzügliche Wirkung, in etwa wie ein aromatischer elektrischer Zaun.
  • Dann bemerkte ich einen gelben Klebezettel, der auf den Boden unter dem Behälter gefallen war. Ich hob ihn auf und las: Diese Vorrichtung ist gesichert. Bitte nicht daran herumspielen;wer sich und andere in die Luft sprengt, läuft Gefahr, sich dauerhaft unbeliebt zu machen.

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