Das Schwarze Buch
bei
Grimoires.de verdient an vermittelten Käufen.
(0) | ||
(0) | ||
(0) | ||
(0) | ||
(0) | ||
(1) |
Herm und Kira machen sich auf den Weg zum Schwarzen Turm. Doch ihre Reise ist nicht einfach: Überall im Land erwachen magische Kreaturen. Ein Orakel offenbart Herm schließlich, wo er den Turm finden kann, doch sein Weg führt durch die Wüste. Dort marschiert seit Kurzem die lange verschwundene Schwarze Garde, ein lang vergessener Schrecken. Zudem ist nicht nur Herms Bruder auf dem Weg zum Turm. Auch sein Bruder und mehrere Geheimbünde haben ein Interesse am wiedererschienenen Schwarzen Mond. Das Zeitalter des Vergessens ist vorüber; das Zeitalter des Erwachens hat begonnen - doch was genau erwacht?
Das Buch erhält 7+ von 10 Punkten.
"Das Schwarze Buch" setzt die Reihe um den Vergessenen Mond direkt fort. Am auffälligsten ist der Wechsel von einer Welt mit eher dezenter Magie zu einer Welt, in der an jeder Ecke Magie vorkommt. Das ist kein Bruch, sondern in der Geschichte sinnvoll. Diese ist konsequent weitererzählt - hat aber auch die gleichen Makel wie der erste Teil.
Vom Einzelschicksal zum Epischen
Der Magier, der leidenschaftlich kocht, ist zurück! Nun gut, dies ist immer noch eine interessante und ungewöhnliche Facette von Herm Pendrak, aber im zweiten Teil der Reihe geht sie eher unter, ist schon bekannt. In "Das Schwarze Buch" wandelt sich die Geschichte von Herms Versuch, ein Magier zu werden, in eine epische Queste. Das kommt nicht überraschend; schon im ersten Band war die größer angelegte Konfrontation sichtbar. Diese bezog sich dabei vor allem auf die zwei Brüder, die in einem persönlichen Showdown am Ende erstmals aufeinandertreffen.
Auch das überrascht kaum, denn Bernd Tannenbaum schreibt sehr geradlinig. Seine Figuren sind im Kern Typen, die er aber interessant ausfüllt. Klassisch und vorhersehbar ist daher auch die Romanze zwischen Herm und Kira. Bei Bernd Tannenbaum wird diese jedoch nicht zentral, sondern geschieht einfach - "funktional" trifft es vielleicht am besten. Denn Selbstzweck wird diese Romanze nicht. Sie wird recht kurz abgehandelt und ist nur eine zusätzliche Motivation Herms im weiteren Romanverlauf. In diesem beschreibt Bernd Tannenbaum kaum. Er treibt die Handlung stets voran, mit einigen Szenenwechseln und neuem Personal. Dabei geht er nicht in Details oder philosophische Tiefen. Das macht die Geschichte einfach und entspannend lesbar.
Überraschender als die Geschichte an sich ist, wie sehr sich die Welt wandelt. Immer mehr Dinge und Wesen aus der Vergangenheit tauchen auf. Das gilt nicht nur für das Schwarze Buch, sondern auch für die Schwarze Garde und die Diener eines lang vergessenen Kaisers. Kurzzeitig nimmt Bernd Tannenbaum die Perspektiven einiger Figuren ein; über andere schweigt er sich hingegen aus. Gelungen sind vielfache Andeutungen, die bereits im ersten Band auftauchten: Man erinnere sich an das Wappen der Pendraks, deren Name anscheinend nicht ganz unbekannt ist in der Welt der Magie ...
Verzicht auf Erklärung
Insgesamt überwiegt jedoch das Stichwort "unklar" - und das ist positiv gemeint! Trotz einiger Perspektivwechsel gibt es keine langwierige Exposition. Der Leser sieht die Figuren bei ihren Handlungen. Wesen wie die Schwarze Garde werden ihm einfach vorgesetzt und kaum erklärt. Wie die Figuren weiß der Leser nicht, was es mit den Wesen oder auch dem alten Kaiser auf sich hat. Allenfalls kann er aus seinen Erfahrungen mit Fantasy Schlüsse ziehen. Besonders angenehm ist dies, wenn man gerade (wie ich) einen Roman mit viel Exposition, Monolog und Hintergrund las. Wer eine komplette und erklärte magisch-mystische Weltgesamtheit will, wird hingegen frustriert.
Denn mehr als Erklärungen gibt es neue Rätsel. Wie genau hängen die Pendraks mit der (schwarzen?) Magie zusammen? Was hat eine alte Kaisergarde mit Herm zu tun? Und warum ist Kira zu einem Ort "zurückgekehrt", wenn sie doch niemals zuvor dort war? Wirklich enträtseln kann man diese Fragen nicht. "Das Schwarze Buch" ist nicht philosophisch und auch kein Detektivroman. Die Antworten auf die Fragen sind einfach nicht da. Das könnte stören; hier macht es vielmehr neugierig.
Auch die angedeuteten Geheimbünde des ersten Bandes treten nun direkte auf. Sie agieren nicht mehr durch einzelne Agenten, sondern in größerer Mannzahl - bis hin zur Armee. Sie bilden klare Linien. Auch bei ihnen bleiben die Ziele relativ unklar.
Das größte Rätsel ist immer noch Herms "schwarze" Magie. Typischerweise ist "Schwarze Magie" böse, zerstörerische Magie. In dieser Reihe kommt die Farbe jedoch vom magiegebenden Mond. Und das, was Herm mit ihr anstellt, passt eigentlich nicht auf die typische Idee von böser Magie. Auch jetzt lernt Herm nur wenig über seine Gabe. Damit bleiben auch für den Leser die wichtigsten Fragen offen: Warum wurde der Schwarze Mond versiegelt? Warum fürchtet der Kristallturm Schwarze Magier? Nur weil sie potenziell besonders mächtig zu sein scheinen? Diese Frage ist direkt mit der Vergangenheit der Welt und der Pendraks verbunden, bleibt jedoch für die Folgebände.
Fortsetzung handwerlicher Mängel
In diesen Teilen muss Bernd Tannenbaum einige offen Fragen beantworten. Ihm hilft dabei, dass trotz vieler Figuren alles zusammenzuhängen scheint: Selbst einige Figuren reagieren auf Entwicklungen mit einem "Aber natürlich ... hätte ich doch ahnen können". Außerdem hat er ja einiges an Zeit: "Der vergessene Mond" ist auf sechs Teile angelegt.
Einige Dinge kann Bernd Tannenbaum in Zukunft noch verbessern - handwerkliche Dinge. Diese waren schon im ersten Band sichtbar und setzen sich in "Das Schwarze Buch" fort. Wie in "Die Zeit des Vergessens" gibt es durchgehend kleinere Stilschwächen. Beim Perspektivwechsel zwischen Figuren wiederholt Bernd Tannenbaum oft das, was sie sehen. Das wäre interessant, wenn die Wahrnehmung der Figuren unterschiedlich wäre. Aber hier bestätigen sie einander nur, sehen im Kern immer das Gleiche, haben nur leicht andere Ziele oder Vorkenntnisse, welche die Wiederholung nicht rechtfertigen. "Wie" statt "als" in Vergleichen nutzt der Autor immerhin konsequent. Auch Tippfehler sind nach wie vor häufig. In der handlungsorientierten Erzählung fallen diese zwar weniger auf, als in einer langsameren Erzählung. Aber sie fallen auf.
Insgesamt sind diese Mängel verzeihbar und ich bin gespannt darauf, wie es weitergeht. Große Innovationen der Fantasy erwarte ich nicht, denn "Der Vergessene Mond" ist handlungsorientiert und dabei im Kern geradlinig. Trotzdem überrascht Bernd Tannenbaum durch einige Ereignisse. Unklare Ziele und die langsam auftauchende Vergangenheit machen Lust auf mehr. "Der Vergessene Mond" ist eine Reihe für Leser, die keine vollständige Welt präsentiert bekommen möchten. Stattdessen verstehen sie die Welt und die Ereignisse Schritt für Schritt, gemeinsam mit den Figuren.
Grimoires.de verdient an vermittelten Käufen.
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
Diese Rezension bewerteten 0 positiv und 1 negativ. (4863 Leser bisher.)
Deine Meinung
Sag uns deine Meinung zu Das Schwarze Buch