Zwölf Wasser - In die Abgründe
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Die Quellen der Menschlichkeit versiegen. Drei Gruppen der Welsen ziehen durch das Land, um die Quellen aufzusuchen. Sie beschützen die mystischen Undae, weise Frauen des Wassers. Doch was können Sie tun in einer Welt in denen das, was einst menschlich machte, verschwindet? In Kwothien wenden sich Väter gegen Söhne; selbst unsterbliche Quellhüter verzweifeln; und unter dem Boden der Erde schwelt ein Dämon des Feuers. Asing, verantwortlich für die Feuerschlacht und das Exil der Welsen, will zurückkehren. Doch was bleibt Felt und den anderen Welsen übrig, als weiterzuziehen - und zu versuchen, sich ihre eigene Menschlichkeit zu bewahren.
Das Buch erhält 7 von 10 Punkten.
12 Wasser war schon im ersten Teil kein sonderlich "schneller" Roman, womit ich nicht die Länge meine. Auch der zweite Teil bietet keine andauernde Action, sondern ist eher bedächtig. Die Charaktere schweigen oft und beschäftigen sich viel mit sich und ihren eigenen Gedanken. Das zieht sich bisweilen.
Weiterhin langsames Tempo - Mehr Fantasy
Im ersten Teil von Zwölf Wasser wies ich bereits auf das eher ruhige Tempo hin. An diesem ändert sich auch im zweiten Teil nichts. Zwar ist die "Vorgeschichte" der Hauptfiguren erzählt, aber dafür werden nun andere Teile der Welt ausgeschmückt. Eine Verbindung zur Handlung gibt es immer, wie die Quelle der Friedfertigkeit in Kwothien und ihre Verbindung zur großen Feuerschlacht. Diese Hintergründe nehmen weniger Platz ein als im ersten Band und sind nicht ohne Reiz. Dennoch bleibt der Roman langsam.
Auch die Teilung in mehrere Handlungen bringt kein zusätzliches Tempo. Cliffhanger sind eher von der milden Sorte und meist erahnt man, wie es weitergeht. Das gilt sowohl für Felt und die anderen Welsen als auch für das Geschehen in Agen und andernorts. Eines hat sich jedoch geändert: "In die Abgründe" wird mehr Fantasy und weniger "realistisch". Diese Beschreibung wählte ich beim ersten Band und sie gilt in gewisser Hinsicht immer noch: Zwölf Wasser hat keine Helden, sondern Verzweifelte. Es geht nicht um Ruhm und Ehre, sondern ums Überleben. Es geht darum, die Menschlichkeit zu bewahren. Die Welsen sind ein Kriegervolk (gewesen), doch gerade der Krieg brachte ihm den Untergang. An anderen Stellen ist der zweite Roman der Zwölf Wasser Reihe jedoch typischerer Fantasy. Gut gegen Böse kristallisiert sich stärker heraus als im ersten Teil - meist durch das Versiegen einer Quelle, nicht weil ein Volk von sich heraus böse wäre. Dazu zählt auch die Gegeneinanderstellung vom "Auserwählten" Felt und Asing.
Dennoch ist Felt kein strahlender Held und wird es auch nicht werden. Er ist ein Denker, ein Grübler. Die Langsamkeit der Hintergrundinformationen wird mit gleichem Tempo ersetzt, nicht nur durch Felts Gedanken und Grübeleien, sondern auch durch die anderer Charaktere. Das ist bisweilen ermüdend und stellenweise sogar langweilig. Wer sich nicht auf (andeutungsweise philosophisch) Gedanken und eigenes Weiterdenken einlassen will, ist bei Zwölf Wasser aber fehl am Platze. Selbst, wenn man dies möchte, können einige Stellen langatmig wirken. Ich bin hier hin und hergerissen. Denn einerseits ist Langatmigkeit nun einmal genau das: langatmig. Andererseits wird die Verzweiflung und Depression in immer gleichen Bahnen gerade so deutlich.
"Zwölf Wasser" ist in jedem Fall nichts für Leser, die Sword & Sorcery suchen. Vielmehr wird es jenen entgegen kommen, die innere Monologe lieben. Dazu trägt auch die hohe Zahl der Perspektiven bei. Neben einer Handvoll Hauptfiguren kommen viele Nebenfiguren zu Wort (oder eher zu Gedanken) - von denen einige aber eher langweilten, statt mit interessanten Hintergründen über das Geschehen anderswo zu brillieren.
In die Abgründe: immer tiefer
Die Gedanken der Protagonisten sind düster und deprimierend. Sie scheinen nur selten frei handeln zu können: Sie werden verschleppt, oder Wege sind versperrt. Und es geht immer tiefer in die Abgründe. Dabei meine ich vor allem die Abgründe der menschlichen Charaktere, die Abgründe der Menschheit und Menschlichkeit. Denn auch diese Interpretation lässt der Titel zu, neben der geographischen: Felt und seine Gruppe ziehen durch ein Labyrinth aus Felsen und Schluchten, Abgründen eben. Aber auch die Abgründe der Menschlichkeit passen. Denn wo es in anderen Trilogien Lichtblicke gibt und die Guten vielleicht zum Gegenschlag ausholen, wird es in Zwölf Wasser nur immer schlechter. Eine Quelle nach der anderen versiegt. Manche Quellhüter sind standhaft, vielleicht sogar schicksalsergeben. Andere können die Last, die auf ihnen liegt, nicht ertragen. Eine Kernfrage ist daher auch: Ist die Liebe sich selbst genug? Auf die Liebe muss man dies nicht beschränken. Kann eine einzige Quelle überdauern, eine einzige Facette der Menschlichkeit genügen, um die Menschheit insgesamt... nicht direkt zu retten, aber eben menschlich bleiben zu lassen?
Besonders deutlich wird dies in der Figur Babu. Vom einfachen Schafhirten wurde er aus seiner Heimat vertreten und formte ein magisches Band mit einem mystischen Vogel (seiner Szasla). Doch Babu ist nicht glücklich. Er hat Albträume, immer stärkere, und sieht keinen Ausweg. Mehr als bei allen anderen Charakteren ist bei ihm die Spirale in Depression und immer mehr Depression sichtbar. Und dann wispert auch noch die Dämonin Asing zu ihm...
Zwischenband: "Ich bin das Tor"
"Du bist das Tor" heißt das letzte Kapitel oder vielmehr der Epilog von "In die Abgründe". Das ist kaum ein Spoiler. Aber dennoch zeigt es auf eine typische Eigenheit mittlerer Trilogie-Bände. Sie sind ein Mittelband, das Bindeglied zwischen dem Auftakt und dem Abschluss. Kritisch gesagt: Eigentlich geht in diesem Roman alles nur weiter, spitzt sich zu, wenig Abschließendes passiert. Dinge entwickeln sich. Das ist notwendig und hier auch gut und interessant umgesetzt - aber dennoch gibt es keine finale Auflösung, der Abschluss fehlt sehr deutlich und stellenweise zieht es sich.
Am Ende des Romans trifft Felt einen Entschluss. Es wird klar, dass der Kampf um die Menschlichkeit sich nicht mehr nur um die Quellen dreht. Denn gleichzeitig nimmt eine andere Figur ihre Rolle als Tor der Dämonen Asing an. Damit deutet sich auch eine sehr persönliche Konfrontation an. Diese wird allerdings erst im abschließenden Band stattfinden - bislang weiß niemand, wer dieser "Dunkle Fürst" ist. Die Enthüllung könnte für einige Figuren schockierend sein - doch bleibt abzuwarten, wie E.L. Greiff ihre Reihe abschließt und das wird die endgültige Messlatte sein.
"In die Abgründe" führt die Zwölf Wasser-Reihe konsequent fort: viele Gedanken, viele innere Monologe und viele Perspektiven für eine komplettere Sicht auf die Welt als wenn man nur einem Helden folgt. Neben dem Positiven und der nach wie vor interessanten Idee, die sich von üblicher Fantasy abhebt, gibt es aber immer noch einige langatmige Passagen. Wer "Zu den Anfängen" mochte, sollte weiterlesen. Wer Action will, der dürfte diesen Band gar nicht erst in der Hand halten. In jedem Fall wird sich die Reihe an der Auflösung im letzten Band messen müssen - um einmal mit etwas Offensichtlichem zu schließen.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
Leseprobe
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Zitat(e) aus dem Buch
- "Schlagt ihn, quält ihn. Aber ihn zu brechen wird euch nicht gelingen. Ihr unterschätzt seinen Willen. Ihr kennt die Welsen nicht, ihr kennt nichts mehr von der Welt, denn ihr seid verblendet."
- "Der Liebe entzweit, hat die Unsterbliche sich selbst gerichtet. Die Brücke ist eingestürzt und das Kostbarste ist unerreichbar geworden. Doch in der Ferne liegt als Trost die Sicherheit."
- "Man kann nicht die Quellhüterin der Wahrhaftigkeit aufsuchen und Diplomatie erwarten. [...] Hier ist alles, wie es ist - es gibt keine Schleier und keinen doppelten Boden, keine Ausflüchte und keine Kompromisse."
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