Totentrickser
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Keule und Streitaxt sind die bevorzugten Werkzeuge von Brom "die Axt" Stahlbart und Bolgur dem Barbarenoger. Die Gnomenmagierin Selphyne setzt mehr auf Frost, Donner und Sarkasmus. Den charmanten Teil (sowie Chirurgie und Diebeskunst) hingegen übernimmt Wichtelmeisterdieb Falfnin. Allerdings ist die derzeitige Situation der Heldengruppe etwas ungewöhnlich, denn die Heldentruppe muss ein neues Zuhause für die Tochter ihres verstorbenen Widersacher Thanathos Totenhand finden. Zwischen den Morddrohungen Nenias und der erprobten Durch-Die-Wand-Methode, gekoppelt mit den nicht unbedingt kindgerechten Wohnorten von Nenias Verwandten gestaltet sich das jedoch schwerer als gedacht.
Das Buch erhält 7 von 10 Punkten.
Nach "Fantastik AG" ist "Totentrickser" das zweite humoristische Fantasy-Buch von Jan Oldenburg. Die Heldengruppe erinnert an typische MMORPG Charaktere und ans Tischrollenspiel. "Totentrickser" geht nicht in die Tiefe, bietet aber bis fast zum Ende flottes, lustiges Vergnügen.
Helden: Gutes Herz aber machen alles kaputt
Gleich zu Beginn stellt Jan Oldenburg die Heldentruppe in einem Raid vor. "Raid" soll dabei durchaus an MMORPGs erinnern, denn die Helden wirken zunächst wie Schablonen typischer Rassen und Klassen: eine Gnomen-Magierin mit Elementarzaubern, ein schleichender Schurke und zwei Haudraufs. Das ist keine Kritik: Gerade in der humoristisch-satirischen Fantasy wird mit Typen gearbeitet - weil gerade durch deren Überzeichnung der Humor entsteht.
Natürlich kann man auch den Vergleich zu Pen and Paper Rollenspielen (Tischrollenspielen) suchen. Von diesen bringen die "Helden" eine ganze Menge Chaos mit. Mit ihren Ideen und Aktionen machen diese Helden genauso viel kaputt, wie sie in Ordnung bringen. Mindestens. Haben sie einfach kein Glück? Teilweise. Allerdings ist auch die Aufgabe eher ungewöhnlich, zumal von einem verstorbenen Gegenspieler.
Untypische Queste: Eine Waise ansiedeln
Vergleicht man die Aufgabe der Helden mit typischen Heldenaufgaben, so gibt es die größte Ähnlichkeit bei der Suche nach einem Artefakt - oder eher nach mehreren Artefakten. Kurz vor seinem Ableben übergibt Thanatos Totenhand den Helden eine Liste mit Verwandten. Bei einem von diesen soll Nenia ein neues Heim erhalten. Als Leser kann man sich hier schon fragen, was sich ein Totenbeschwörer dabei denkt, Helden zu seinen Verwandten zu schicken, die allesamt in nicht allzu rechtschaffenen Bereichen tätig sind. In der Tat zieht sich auch eine sehr ....eindeutige Spur durch die Reisestationen der Helden. Und das nicht nur wegen der stetigen Mord- und Rachedrohungen Nenias.
Das kommt nicht unerwartet: Wären die Helden beim ersten Verwandten erfolgreich, wäre die Geschichte ja zu Ende. Außerdem ist da ja auch noch der Titel: Totentrickser. Das ist nicht nur der selbst gewählte Titel von Thanatos Totenhand. Es ist auch der Buchtitel und beides lässt von Beginn an daran zweifeln, dass es so ist, wie die Helden es sehen. Ein Twist am Ende ist daher kaum überraschend. Dieses Ende fand ich im Vergleich zum Rest des Buches allerdings eher bemüht und konstruiert - vielleicht auch gerade weil der Titel bereits darauf hinweist.
Der letzte Abschnitt des Romans ist der kürzeste und wie die vorhergehenden Kapitel eine Episode: der Besuch beim nächsten Verwandten. Es ist das kürzeste Kapitel und eher ein Auslaufen als ein Finale. Den humoristischen Dreh gibt es auch hier - unerwartet oder neu ist er hingegen nicht. Zudem bremste das vorletzte Kapitel mit steten Rückblicken in die tragische Vergangenheit der Helden die Handlung bereits aus. An sich sind diese eine gute Idee und geben den Helden mehr Persönlichkeit. In diesem Roman verringerten sie das Tempo. Die Rückblenden wirkten wie Fremdkörper, einigermaßen ernstes in einem Roman, der durch schnelle Gags lebt.
Moers? Eher zwischen Pratchett und Martinez
Apropos Gags: "Funny Fantasy" ist nicht gleich "Funny Fantasy". Der Verlag bewirbt auf dem Buchrücken mit "Für alle Fans von Walter Moers". Dem kann ich mich so nicht anschließen, auch wenn Moers zumindest die Gemeinsamkeit hat, ein deutscher Autor zu sein. Ich würde Jan Oldenburg vom Stil her eher zwischen Terry Pratchett und A. Lee Martinez ansiedeln. Walter Moers und sein Zamonien sind deutlich literarischer und sprachlich auch geschickter.
Auf Anspielungen zu anderen Büchern oder Texten verzichtet "Totentrickser". Stattdessen spielt der Roman mit Rollenspiel - und Heldentypenklischees. Eine Ausnahme ist der Debütroman des Autors selbst, der ebenfalls in den "Fernen Ländern" spielte. Die "Fantastik AG" wird immer wieder erwähnt, sei es als Hersteller des "originalen" Helm des Eralkes oder allgemein als Ausbeuter billiger Arbeitskraft in Workubosch. Diese Anspielungen bleiben jedoch oberflächlich und erreichen keine ernsthafte gesellschaftskritische Tiefe.
Jan Oldenburg setzt nicht auf gedankenvolle Kritik oder Pointen sondern auf schnellen Humor, der einen Gag abfeuert und dann vergisst. Manche Gags werden natürlich auch weiter fortgeschrieben: Der Barbarenoger liebt zwar seine Keule und deren Einsatz, aber in seiner Familie gibt es einen deutlichen akademischen Hintergrund, sehr zum Erstaunen aller.
Die Qualität von Terry Pratchett erreicht Jan Oldenburg nie. A Lee. Martinez nähert er sich in der Skurrilität mancher Szenarien an. Aufgrund der Kürze der Gags (auch der fortgeschriebenen) wird der Roman nicht langweilig. Die komisch-witzige Unterhaltung mit schnellen Pointen ist ebenso zentral wie die Aufgabe der Helden. Der Stil ist leicht verständlich und flüssig und der Roman gut nebenbei zu lesen. Nachdenken ist allerdings nicht gefragt, und wer im Anspruch etwas im Bereich Moers oder Pratchett erwartet, wird vermutlich enttäuscht.
Episoden
Eine gewisse Mitschuld hieran trägt die Episodenstruktur Sie ist so ausgerichtet, dass es durchgehend Humor ohne Leerlauf und ohne Nachdenken gibt. Das Ziel erfüllt sie. Gleichzeitig fehlt aber etwas. Und dieses Etwas ist das Dazwischen, die Reisen der Helden. Statt eine vollständige Queste zu durchleben werden die Helden von einem Highlight zum nächsten gebeamt. Die Morddrohungen Nenias werden zwar stets wiederholt - aber passieren tut doch nichts und die Nachtelfe ist mehr Gepäckstück als Person.
Durch das Beamen von Episode zu Episode fehlt auch ein Zusammenhang und manchmal ist der Kontrast zwischen diesen sehr stark und sie wollen nicht recht zueinander passen. Um auf den Vergleich mit Pratchett zurückzukommen: Jan Oldenburg macht es sich hier an vielen Stellen einfacher als der englische Großmeister, schafft keine komplette Welt sondern zielt auf schnellen Humor. Zum Zeitpunkt der Lektüre war es genau das, was ich wollte.
Jan Oldenburgs "Totentrickser" bietet eine locker Lektüre mit vielen schnellen Gags. Wer gedankenvolle und zusammenhängende Fantasy sucht, ist hingegen mit Pratchett besser bedient. Für das schnelle Lesen zwischendurch, ohne großes Nachdenken, ist "Totentrickser" hingegen gut geeignet.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
Zitat(e) aus dem Buch
- "Würdet ihr mir bitte den Gefallen tun, und später noch mal wieder vorbeikommen? Ich weiß, ihr hängt sehr an dieser 'Heldengruppe kämpft gegen bösen Totenbeschwörer'-Nummer, aber im Augenblick ist das wirklich sehr ungünstig. Später stehe ich wieder ganz zu eurer Verfügung."
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