Flügel aus Asche
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Adeen arbeitet als Schreiber für die Draquer-Magier der fliegenden Stadt Rashija. Dort gehört er zur untersten Schicht, die man sich vorstellen kann. Er ist ein Mischling. Ein verbotener Mischling. Entsprechend herablassend wird er von den reinblütigen Draquern behandelt. Eines Tages kommt Adeen mit Rebellen in Kontakt. Sofort ist er Feuer und Flamme: Kann er so endlich die Bilder malen, die in Rashija verboten sind? Doch die Auseinandersetzung geht auf Leben und Tod. Der Vogel, der Adeen erscheint, gibt ihm zwar Macht - aber weder Wissen noch Kontrolle.
Das Buch erhält 6-7 von 10 Punkten.
"Flügel aus Asche" zeichnet das bedrückende Bild einer faschistischen Stadt, die "niedere" Menschen unterdrückt. Verschiedentlich hat dieser Debütroman gute Ideen, beispielsweise das Thema Kunst und Farben; leider jedoch werden diese kaum durchgespielt. Das vorherrschende Gefühl ist eine starke nüchterne Distanz zu Figuren und Handlung.
Eine Stadt ohne Farben
Dies fliegende Stadt Rashija wirkt von Beginn an trist und autoritär - sogar faschistisch: Die Draquer sind die höhere Klasse und wertvolleren Menschen, der Herrscher hat mit ihren Blutlinien irgendetwas im Sinn. Adeen hingegen ist Mitglied einer der untersten Klasse. Er kann sich nicht ausleben: Er liebt Bilder; aber Bilder sind in Rashjija verboten. Dies öffnet früh das Thema Farben und Bilder, das sich durch den Roman zieht. Es steht im Zusammenhang mit Kunst für individuelle Freiheit und Entwicklung - etwas, das Rashija unterdrückt, nicht nur bei den unteren Klassen. Leider tritt dieses Thema nur selten hervor und auch der Aschevogel, der im Buchrücken erwähnt wird, hat nur kurze Auftritte.
Mit den Farben hätte mehr gemacht werden können. Aber auch so ist meine Wahrnehmung Rashijas trist und grau, was das autoritäre Feeling ohne "rebellische" Farben" verstärkt. Die Welt - Rashija und der Erdboden - bleiben allerdings nur Hintergrund und werden kaum ausgestaltet. Das gilt auch für die Funktionsweise der Magie. Handlung und Charaktere stehen im Vordergrund. Das Problem: Die Charaktere sind unnahbar; die Handlung passt in einen Absatz. Dabei ist die zu Beginn langsame Entwicklung nicht schlecht - aber der Roman bekommt nie Fahrt, sondern behält eine ungewöhnliche Distanz.
Grau in Grau
Dabei gibt es auch eigene Ideen. Ein Plot a la "Rebellen kämpfen gegen ihre Unterdrücker" ist nicht neu. Häufig findet man hier eine klare Zeichnung von Gut gegen Böse. Nicht so in "Flügel aus Asche"! Die Rebellen sind keine edlen Streiter. Sie denken an ihren eigenen Vorteil. Ihr Anführer geht gar so weit, eine rebellische Draquerin nicht als Person, sondern als Waffe zu sehen. Ambivalente Charaktere herrschen vor. Charaktere, die nicht nur gut sind und konkrete eigene Ziele haben - und sei es nur Freiheit.
Umgekehrt werden auch die faschistischen Herrscher Rashijas nicht ausschließlich schwarz gemalt. Es gibt gemäßigte Stimmen und im Finale auch eine Mischung aus Resignation und Einsicht - bei manchen. Bei den Siegern gibt es auch das Bewusstsein, dass die ehemaligen Herrscher gebraucht werden. (Hat da jemand 1945 gesagt? Leichte Erinnerungen werden durchaus geweckt.) Unter einigen Rebellen ist hingegen der Wunsch nach Rache größer als der Wunsch nach Gerechtigkeit oder einem Ende des Schreckens. Auch dies trägt zu einer realistischeren Welt bei, in der es nicht nur gut und böse gibt.
Wenig überraschend sind die Enthüllungen über den Herrscher Rashijas: das System trägt sich selbst - aber moralisierend wird der Roman (erfreulicherweise!) auch nicht. Dabei ist er jedoch simpel und geradlinig: vorhersehbar. Der flüssige Stil kann hier keine Bonuspunkte sammeln: Herausragend ist er nicht und das niedrige Tempo wird in einem langsamen Roman eher zu einem Manko. Die gelungenen Actionszenen helfen hier nur ein Bisschen.
Farblose Charakter - Hohe Distanz
Die Charaktere bleiben farblos. Es will einfach keine Nähe entstehen. Adeen bleibt mir fremd. Auch die Draquerin Talanna auf Seite der Rebellen kann mir nicht nahekommen. Bei ihr fehlt mir zudem noch die Motivation. Es hilft auch nicht, dass die Hauptfiguren ständig am Rande ihrer Kräfte sind, dann jedoch trotzdem erneut magische Großtaten vollbringen - echter wirken sie hierdurch nicht.
Ironischerweise sind zwei Personen in meiner Erinnerung am klarsten, die recht früh die Handlung verlassen, ein Maler und ein Rebellenführer. Auch deren Motivationen sind vage, der Hintergrund gänzlich unklar. Bei Nebenfiguren wirkt das aber weniger stark als bei den Protagonisten. Die Welt erklären, das braucht man nicht. Wenn hingegen in über 440 Seiten keine Empathie zu den Hauptfiguren entsteht, dann ist das ein echter Mangel - und das ist hier leider der Fall, bis hin zum Finale.
Auch mag man aufgrund des Buchrückens eine falsche Erwartung haben: Der Aschevogel kommt nur selten auf. Und von seinen Kräften wissen zu Beginn weder er noch die Rebellen etwas. Eine gezielte Beschwörung, wie ich es aus dem Rückentext herauslas, gar als aktiv genutzte Waffe, gibt es schlicht nicht. Das Bild des Vogels passt zwar ins Thema der künstlerischen Entfaltung - Adeen malt Vögel - bleibt aber ein zu kleiner Teil, um sich wirklich zu entwickeln.
Mehr als alles andere vermittelt der Roman ein Gefühl von Distanziertheit. Ein farbloses Grau, in dem gelegentlich Farben durchschimmern, kann ein gutes Stilmittel sein. Aber hier schimmert zu wenig: Ich kann mich nicht mit keiner Figur identifizieren und die Geschichte ist insgesamt zu langsam. Das ist besonders schade, da "Flügel aus Asche" auch einige gute Ideen hat.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
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