Buch-Cover, Patrick Rothfuss: Der Name des Windes [Hörbuch]

Der Name des Windes [Hörbuch]

Originaltitel: The Name of the Wind [AME]
Serie: Die Königsmörder-Chronik (#1)
Übersetzer: Hans-Ulrich Möhring
Sprecher/Regie: Stefan Kaminski
Genres: Fantasy; Hörbücher
Spieldauer (Min): 1689
Erschienen: 09/2012 (Original: 2008)
ISBN: 978-3-86717-357-5
Preis: 24,99 Euro (CD)
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Kvothe der Blutlose; Kvothe der Arkane; Kvothe der Königsmörder: Kvothe hat viele Namen. Seit einiger Zeit ist er nun Kote, der Wirt einer abgelegenen Taverne. Seine Ruhe wird gestört als "Dämonen" auftauchen und ein Chronist, der Kvothes Lebensgeschichte niederschreiben will. Zunächst widerwillig stimmt Kvothe unter zwei Bedingungen zu: Es wird alles genau so aufgeschrieben, wie er es erzählt, ohne Änderungen und ohne dichterische Freiheit. Und er erzählt die ganze Geschichte, und das dauert mehrere Tage. Kvothes Geschichte ist lang und ereignisreich: Wie er bei seiner Familie von fahrenden Edema Ruh aufwuchs; wie er in Abenthy einen ersten Lehrmeister der Sympathie fand; wie seine Familie ermordet wurde; wie er mittellos die Universität besuchte; wie er die Musiker-Auszeichnung des Eolian erwarb; wie er zum Helden wurde und eine Stadt niederbrannte; und - natürlich - von einer Frau. Doch all dies sind nur Teile seiner Geschichte – und ist sie schon zu Ende, wenn man sie selbst noch erzählen kann?

Das Buch erhält 9+ von 10 Punkten.

"Der Name des Windes" ist ein Türstopper, zumindest als gedrucktes Buch. Als Hörbuch schlägt sich dies in der Spieldauer wieder: 1689 Minuten, in ungekürzter Lesung. Ungekürzte Lesungen sind eher die Ausnahme, aber dieser Roman hat es verdient, sowohl durch den Sprecher als auch durch die Geschichte selbst, die klassische Fantasy-Elemente nutzt aber eigene Ideen hinzufügt.

Rahmenhandlung: ein "alter" Held

Fantasy ist eine Gattung mit vielen Prologen und Epilogen. Auch "Der Name des Windes" verfügt über diese, eingebunden in eine Rahmenhandlung. In dieser Rahmenhandlung erzählt Kvothe dem Chronisten seine Geschichte. Aber die Rahmenhandlung ist nicht auf Ein- und Ausklang beschränkt: Immer wieder unterbrechen Zwischenspiele Kvothes Erzählung. Auch ist der Rahmen zu Beginn sehr lang und geht weit über den Prolog hinaus. Einerseits, um die Erzählsituation Kvothes einzuführen; andererseits um deutlich zu machen, dass Kvothes Geschichte vermutlich nicht zu Ende ist. Die Rahmenhandlung kann man auch als Zweithandlung sehen, denn sie wird in den Folgebänden vermutlich ausgebaut werden – Kvothes Geschichte endet ziemlich sicher nicht mit seiner Erzählung.

Ungewöhnlich für jemanden, der seine Lebensgeschichte schreibt, ist Kvothe kein alter Held. Seine Geschichte liegt nicht lange zurück, auch wenn man geneigt ist, dies zu vergessen. Die in der Fantasy eher ungewöhnliche Ich-Form in dieser Erzählung bringt dem Leser alles noch näher, wobei man einzig kritisieren mag, dass manche Nebenfigur ein wenig kurz kommt. Dies kann man sicher mit Subjektivität des Erzählers Kvothe erklären, der ansonsten aber objektiv und verlässlich wirkt. Kvothes Ansprüche sind bereits deutlich gemacht: Der Chronist muss drei Tage bleiben oder er bekommt gar keine Geschichte. Dies deutet natürlich auch auf die als Trilogie geplanten Königsmörder-Chroniken. (Der zweite Teil hat im englischen Taschenbuch 1347 Seiten; die deutsche Übersetzung spaltet den zweiten Teil bzw. Tag in zwei Teile.)

Hörbuch im MP3-Format

Auf der technisch-materiellen Seite kommt "Der Name des Windes" auf 4 CDs daher. Und ich wiederhole mich: als ungekürzte Lesung von 1689 Minuten, also 28 Stunden. Äußerst praktisch: Die Aufnahme ist als MP3-Dateien auf der CD. Dies erleichtert die Übertragung auf MP3-Player und andere Geräte. Ich persönlich finde dies toll, da ich besonders gerne beim Laufen höre und bei klassischen Audio-CDs erst lange konvertieren muss. Ein mögliches Problem haben jedoch alte Abspielgeräte, die MP3s noch nicht erkennen können.

Ein Problem gibt es beim Hören während des Laufsports: Nicht alle Hörbücher sind geeignet. Sie brauchen eine gewisse Spannung, sonst wird das Schritt-Tempo langsamer und langsamer… und man schläft geradezu ein. Dieses Problem hat man beim Namen des Windes zu keiner Zeit, trotz großem Umfang. Der Spannungsbogen des Buches stimmt, in der Lebensgeschichte von Kvothe gibt es langfristige Entwicklungen und immer wieder unterschiedliche Episoden, die das Interesse nie abflauen lassen. Der Sprecher Stefan Kaminski trägt mit seiner überzeugenden Leistung auch dazu bei. Monotonie kommt nie auf, allenfalls die Übersetzung einiger Wörter ließe sich bekritteln, aber das ginge schon ins Kleinliche. Zu erwähnen: Kaminski wählt eine recht anglophone Aussprache von einigen Wörtern, insbesondere Namen. Dies wirkt jedoch angemessen: Wie sonst als sräppi soll man Graf Threppe aussprechen und nicht seltsam klingen – "treppe" wirkt dann doch unfreiwillig komisch? Das gilt auch, weil der "Commonwealth" und andere Eigennamen wir "Lady Lacklass" nur mühsam zu übersetzen wären; und auch die Übersetzung an sich ist erstklassig, selbst die lyrischen Stellen.

Ein frühes Genie ohne Zugang zur Bildung

Zurück zur Geschichte Kvothes: Schon von früher Kindheit an ist Kvothe ein wissbegieriger Junge. Was er anpackt, gelingt ihm. Was er beobachtet versteht er fast wie von selbst, auch ohne einen echten Lehrer, den er lange Zeit nicht hat. Und Kvothe ist interessiert an fast allem. So sagt sein erster Lehrer Abanthy voraus dass Kvothe sehr erfolgreich sein wird, egal was er sich auch entscheidet zu tun. Ein solcher Alleskönner mag einem ein wenig zu viel sein, aber immerhin hat Kvothe von Beginn an eine große Schwäche: Leichtfertigkeit. Dies wird durch seinen Lebenslauf noch verstärkt: Nach dem Tod seiner Familie muss Kvothe sich jahrelang als Bettler durchschlagen und lernt einen gewissen Egoismus und nicht zurückzuweichen, da er sonst immer wieder ausgenutzt würde. Dies bereitet ihm später noch häufig Probleme, insbesondere an der Universität.

Dieser Lebensabschnitt mag "Schulgeschichte" hervorrufen und Assoziationen zu Harry Potter wecken, insbesondere da Kvothe (neben allem anderen) Sympathie studiert, eine Form der Magie, die es Kvothe schon früh besonders angetan hat. Von der klassischen Schule oder Akademie der Fantasy ist dieser Roman jedoch weit entfernt. Statt einfach zugelassen zu sein und vom Rest des Lebens unbeschwert zu Lernen, muss Kvothe sich ständig um die Studiengebühren sorgen, um einen Platz zum Schlafen, um seine Feinde, die ihm weit über schlechte Noten hinaus schaden können. Ja, einige Gemeinsamkeiten finden sich: Der Lehrer, mit dem er von Beginn an verfeindet ist; der Adelspross, der alle tyrannisiert. Insgesamt ist dies jedoch eine realistischere Schule als Harry Potter je aufbieten könnte und statt einem epischem Kampf gegen das Böse (auch wenn dies anklingt) liefet sich Kvothe weit häufiger einen Kampf mit dem "gewöhnlichen" Alltag.

Low Fantasy auf unausgetretenen Pfaden

Um an Geld zu kommen greift Kvothe auf seine alte Leidenschaft der Musik auf. Über die Musik lernt er auch seine große Liebe Denna kennen, die jedoch immer wieder verschwindet, unerreichbar scheint, und dann doch wieder auf ihn trifft. Schicksal? Wenn ja, dann ist es auch Kvothes Schicksal, dass er nie wirklich Geld behält. Immer wieder hält er es in Händen, doch immer wieder verliert er es, meist aufgrund seiner eigenen Moralansprüche.

Von Tolkien und anderer High Fantasy ist der Roman dabei weit entfernt. Magie ist selten. Nur zwei Mal in seiner Kindheit kommt Kvothe mit ihr in Kontakt: bei einem Wutausbruch seines Lehrers Abanthy und bei der Ermordung seiner Familie. Rache treibt ihn von da ab an – aber außer seiner geradezu übermenschlichen Lernfähigkeit erinnert kaum etwas an klassische, heroische Helden. Der Rache stehen dringendere Bedürfnisse im Weg, Grundbedürfnisse wie Essen und ein Schlafplatz. Es gibt keine Prophezeiung, kein vorausbestimmtes Ziel außer vielleicht Abanthys Vorhersagung. Viele Facetten könnt man hier erwähnen, insgesamt ist dies jedoch nicht die Geschichte eines strahlenden Helden sondern eines Hochbegabten, der sich trotz niederer Herkunft und Armut durchschlägt.

Wer Held war wird Wirt?

Eine Zeit lang ist Kvothe das, was man einen Helden nennt, wenngleich nie ohne Fehl. Die Rolle gefällt ihm dennoch und glaubt man seinem Lehrling Bast, so ging er in dieser Rolle auf. Wobei: Derzeit ist Bast nicht der Lehrling Kvothes sondern Kotes, des Wirts. Das ist leider ein großer Unterschied, wie Bast am Ende des Romans klar macht: Kvothe ist in der Rolle des Wirtes aufgegangen, ist Kote und tut nicht nur so. Und Bast will nur allzu gern den alten Kvothe zurück haben und sieht durchaus Mittel und Wege. Der Ausspann deutet hier an, dass auch in der "Rahmen"-Handlung noch einiges passieren wird. Ominös ist dabei auch der gewechselte Name, gerade in einem Roman der dem wahren Namen der Dinge in bester Fantasy-Tradition eine besondere Macht zuschreibt. Auch bleiben einige schon früh angedeutete Dinge offen (Vgl. Hörprobe): Wie wurde Kvothe zum Königsmörder? Wie wurde Bast überhaupt sein Lehrling? Und: Wird Kote wieder zu Kvothe oder wartet er nur darauf, zu sterben?

Fazit: 28 Stunden absoluter Hörgenuss. Ein Roman, der traditionelle Fantasy-Elemente in gesundem Maß einsetzt aber auf Prophezeiungen, Questen und auserwählte Helden verzichtet. Zu diesem eher realistischen Modus kommen eigene Ideen und Abwandlungen, die angenehm aus allzu häufigen Plots ausbrechen.

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Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .


Leseprobe

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Zitat(e) aus dem Buch

  • "Worte sind die blassen Schatten vergessener Namen. Und wie Namen Macht innewohnt, wohnt auch Worten Macht inne. Mit Worten kann man im Geist der Menschen Feuer entfachen. Mit Worten kann man selbst dem hartherzigsten Menschen Tränen entlocken. Es gibt sieben Worte, die einen Menschen dazu bringen, dich zu lieben. Und es gibt zehn Worte mit denen man den Willen selbst des stärksten Mannes brechen kann. Aber ein Wort ist weiter nichts als die bildliche Darstellung eines Feuers. Ein Name ist das Feuer selbst."

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