Wien, Stadt der Vampire
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Im Jahr 2090 brach ein Krieg zwischen Menschen und Vampiren aus und zerrte auch andere übernatürliche Wesen ins Licht der Öffentlichkeit. Mehr als ein Jahrhundert später sind die Folgen des Krieges trotz friedvoller Co-Existenz sichtbar: Ressourcen sind verbraucht, High-Tech ist wieder rar. Lilith Avant-Garde ist eine Halb-Vampirin und Archäologin für magische Artefakte. Als der neue König von Wien ist sie überzeugt, dass er geheime Gründe dafür hat – wie könnte es anders sein? Immerhin ist Lilith die Tochter eines der mächtigsten Vampire überhaupt. Dennoch nimmt sie die Einladung an und findet sich bald in die Angelegenheiten des neuen Königs verwickelt inklusive illegaler Werwolf-Kämpfe
Das Buch erhält 8 von 10 Punkten.
"Wien, Stadt der Vampire" ist der kurzweilige und Auftakt zur "New-Steampunk-Age"-Reihe von Fay Winterberg – und mit seinen 110 Seiten am ehesten als Kurzroman zu beschreiben. Die Geschichte selbst ist kaum neu, bietet jedoch ein neues Szenario mit viktorianischer Mode und einer Knappheit natürlicher Ressourcen ohne wirkliche Not.
Alte Story...
Die Handlung ist schnell zusammengefasst (s.o.) und nicht neu. Vampire und andere Wesen an der Öffentlichkeit kennt man spätestens seit "True Blood". Eine Einladung zu einem Vampir-Ball deutet Richtung Romanze. Die Tochter eines der mächtigsten Vampire Europas wird fast zwangsläufig in Intrigen verstrickt. Natürlich steckt Lilith auch bald in all dem drin, aber trotz bekannter Grundhandlung gibt es Eigenes im Detail. Wie für Serien üblich gibt es Hinweise auf weitere Entwicklung: die generelle Gesellschaft von Menschen, Vampiren und anderen Wesen; Liliths persönliche Geschichte als Halb-Vampirin und ihre Beziehung zum König von Wien. Vieles "flutscht" in der Geschichte auch, eben weil man es im Grunde kennt: einige Erklärungen kann sich die Autorin so sparen. Andere liefert sie hingegen nach und ein nicht kleiner Teil der Geschichte entfällt auch auf die Vorstellung verschiedener Figuren. Tiefgang bietet der Roman keinen. Auch die Bemerkungen über den Krieg laden nicht zum Reflektieren ein. Stattdessen bietet der Roman kurzweilige Unterhaltung mit vielen bekanntenElementen und einem neuen Hintergrund.
...Neuer Hintergrund
Dieser Hintergrund kann zuerst ebenfalls bekannt wirken: ein Krieg hat die Ressourcen der Welt verbraucht, die Technologie ist zurückgefallen. Fay Winterberg präsentiert aber keine "post-apokalyptische", verseuchte oder zerstörte Welt mit Mutanten und ähnlichem. Stattdessen leben Menschen und übernatürliche Wesen einigermaßen friedlich zusammen. Die Erde ist nicht verheert – Ressourcen sind lediglich rar und werden wenn möglich gespart. Das Leben wurde langsamer. Das ist nachvollziehbar – etwas weniger nachvollziehbar ist, warum gerade Kleidung und Technik der viktorianischen Zeit wieder auftauchen. Klar, Luftschiffe sind selten und verbrauchen weniger als unsere heutigen Transportmittel. Dass Lilith ein eigenes Auto hat wird zudem als Ausnahme herausgestellt und sinnvoll begründet, aber das "viktorianische" Setting muss man hinnehmen. Wobei das natürlich nicht schadet: die viktorianische Mode hat immer einen Reiz ausgeübt und die interne wie externe Bezeichnung als "New Steampunk Age" trifft es auf den Kopf. Die Gesellschaft in diesem Roman ist nicht post-apokalyptisch sondern Neu-Viktorianisch (inklusive prunkvoller Bälle und Kleider). Schmuck nimmt oft die Form mechanischer Gegenstände an; über Mechanik hinausgehende Technologie ist rar. Science-Fiction-Elemente gibt es nicht: Es ist ein Hintergrund von in die Zukunft transportierter Vergangenheit.
Minimale Holperer in flüssiger Handlung
Sicherlich ist besonders der Hintergrund (Mode und Gesellschaft von 1900 im Jahr 2200) das besondere Merkmal des Romans. Man kann dies durchaus ein wenig unterrepräsentiert finden, wenn man nur deswegen zu diese Werk greift: viktorianische Elemente (und auch Mode anderer vergangener Stile) tauchen immer wieder auf, sind aber nicht zentral für die Handlung sondern bieten Hintergrundtextur. Stellenweise kann man aber auch den Eindruck eines Zuviels finden - eine schwere Balance, zumal die Handlung eben nicht intrikat it dem Setting verknüpft ist sondern nur in diesem spielt. Leicht unglücklich empfand ich die Rückblende am Anfang (in Form eines Vortrags), die den Krieg erklärt ohne dass die eigentliche Geschichte beginnt; es bleibt aber die einzige längere Exposition und ist keineswegs trocken. Seltsam war auch die recht exakte Datierung eines Ereignisses gefolgt von späterer Rätselei um andere Ereignisse, die sich jedoch von diesem ableiten lassen. Das stört aber nicht sonderlich, sofern man sich nicht davon irritieren lässt, denn diese Stolperer sind Randbemerkungen, die für die Handlung nicht zentral sind. Das könnte man wie gesagt auch für das Setting behaupten. Nervig sind hingegen doch recht viele 1-Buchstaben-Fehler, die schlicht irritieren. Gelungen sind kleine, persönliche Merkmale, wie Liliths Zylinder-Fetisch, der ganz offensichtlich als ungewöhnlich in Erinnerung bleibt. Apropos Lilith: Ihr bild auf dem Titel wirkt für mich eher wie eine Elfe. Nun ja. Ihr Aussehen ist ansonsten jedoch sehr durchdacht und Fay Winterberg schafft es sogar, dass ich einmal auf eine pure Beschreibung warte: Liliths Ballkleid. Letztlich leidet der Kurzroman auch an dem KURZ. Erst am Ende wird eine Action-Handlung aufgebaut aber dann endet der Roman; hier und an mancher anderen Stelle hätte etwas mehr nicht geschadet. Sicher deutet dies in die Zukunft der Reihe, auf die ich durchaus Lust habe, aber im Rückblick ist im Grunde sehr wenig passiert: Einiges wird angesprochen, kaum etwas wird länger entwickelt.
"Wien, Stadt der Vampire" ist ein kurzer Roman oder ein längerer Kurzroman vor ungewöhnlichem Hintergrund; die Handlung hingegen ist eher konventionell. Für Steampunk-Leser und Vampir-Fans, die leichte Lektüre suchen.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
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