Buch-Cover, Jay Lake: Die Räder der Welt

Die Räder der Welt

Originaltitel: Mainspring [AME]
Autor: Jay Lake
Übersetzer: Marcel Bülles
Genre: Steampunk (Gaslight Fantasy)
Seiten: 362
Erschienen: 04/2012 (Original: 2007)
ISBN: 978-3-404-20656-8
Preis: 12,99 Euro (Softcover)
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Das Sonnensystem ist ein einziges großes Uhrwerk; die Erde bewegt sich mechanisch auf festen Schienen und mit ewiger Mechanik. Doch wirklich ewig ist sie nicht: Eines Nachts erscheint der Messing-Engel Gabriel dem jungen Uhrmacherlehrling Hethor und beauftragt ihn, die Hauptfeder wieder aufzuziehen. Dafür benötigt Hethor den Schlüssel der Ewigen Bedrohung - doch der ist eine pure Legende. Dennoch folgt Hethor diesem Auftrag und wird aus seiner Heimat vertrieben. Nach einem Hilfegesuch beim Gouverneur findet er sich bald an Bord eines Luftschiffes wieder, mehr oder weniger aus dem Gefängnis eines rationalhumanistischen Hexers befreit. Der Kurs? Zur Äquatorialmauer und weiter, ins Land der Chinesen und der Magie...

Das Buch erhält 8 von 10 Punkten.

"Die Räder der Welt" ist Steampunk, der extrem auf mechanische Werke fokussiert ist: Das gesamte Universum läuft sichtbar auf Schienen ab, hochpräzise, genau vorhersagbar und in absoluter Ordnung - und das nicht als Modell sondern als Tatsache. Innerhalb dieses Settings begleitet der Leser den Lehrling Hethor sowohl auf einer Entdeckungsreise und Entwicklungsgeschichte, mit Abstechern in viele anderen Genres.

Zweigeteiltes Setting: Steampunk im Englische Empire...

Am auffälligsten und markantesten sind in diesem Roman nicht die Charaktere sondern das Setting: Das sichtbar mechanische Universum. "Steampunk" als Beschreibung wirkt ein wenig falsch: Dampf gibt es vergleichweise wenig. Auch "Gaslamp Fantasy" würde es nicht. Doch vieles ist für diese Gattung typisch: Die Handlung spielt um 1900; das britische Empire mit Kaiserin Victoria beherrscht die Nordhalbkugel inklusive Amerika; Luftschiffe sind nicht selten modernere Entwicklungen hingegen schon. Das stimmt auch mit der Realgeschichte einigermaßen überein. In nicht-technischer Hinsicht ist der Rationalhumanismus für die Romanwelt prägend, dem auch die Theologen folgen, darunter William of Ghent, der sich als unfassbare Verkörperung von Hethors Widersachern präsentiert, jedoch kein direkter Oberschurke ist.

...sowie Mystizismus und Natur auf der Südhalbkugel

Einen Gegensatz zu dieser rationalen Welt bildet die Südhalbkugel hinter der Kilometer hohen Äquatorialmauer. Zunächst hört der Leser nur Erzählungen und das wenige was Hethor selbst weiß: ein wildes Land, unerforscht - und irgendwo dort sind auch die Chinesen. Es ist ein fremdes Land voll seltsamer Magie und Mystik. Auf seiner Reise gelangt Hethor schließlich dorthin und sieht sowohl "unerforschten Regenwald" als auch Wesen, die eher in die Fantasy passen oder in „Lost World“-Romane. Die Querung der Äquatormauer verpasst dem Roman nach etwa der Hälfte einen markanten Einschnitt, neben dem nun eher "magisch-mystischen" Ton auch in geographischer Hinsicht. Ein Bindeglied bleibt der früh als "Hexer" betitelte William of Ghent, der real nicht existierte aber wie so vieles andere derart authentisch wirkt, dass man es nur allzu gerne glaubt.

Zweite Geige: Charaktere

Charaktere bleiben jedoch zweitrangig - oder vielleicht sogar drittrangig, denn neben den Steampunk-Elementen würzt Jay Lake mit einer großen Bandbreite an Elementen aus verschiedenen Gattungen nach: Philosophie und Theologie klingen immer wieder an; Spuren von alternativer Geschichte tauchen auf; Science-Fiction ist fühlbar und die Forschungsreise in die Südhalbkugel sowie die Queste Hethors gehen Hand in Hand mit seiner Entwicklungsgeschichte, die auch eine Initiation und in gewisser Hinsicht eine Messias-Geschichte ist. William of Ghent steht Hethor entgegen, taucht jedoch nur selten selbst auf, weder als persönlicher Feind noch als Graue Eminenz hinter anderen Kräften. Er ist lediglich durch seine Hethors Zielen entgegen laufenden Ideen ein Antagonist: nicht böse sondern politisch versiert, abgebrüht und mit eigenen Zielen, die nur schwer zu durchschauen sind. Einen überlegen-naturalistischen Gegensatz zu Williams Rationalhumanismus bietet das "Vergessene Volk", das Hethor trifft und das ihn als den "Boten" Gottes bei seiner Suche unterstützt - unbeschwert und selbst den Tod ganz anders sehend als man es kennt.

Spannung gibt es durchgängig, wobei Action-Szenen eher selten sind. Es ist nicht die stete schnelle Handlung oder ein „thrill“, der voran treibt, sondern die Frage nach dem was los ist: War der Engel echt? Gibt es den Schlüssel? Sind die Gerüchte über die Südhalbkugel wahr? Was will William of Ghent? Und so weiter. Der größte Kritikpunkt kann dabei das Ende sein, das ab einem bestimmten Punkt doch deutlich absehbar ist: Himmelfahrtskommando oder Göttliche Rettung? Wobei man am eher schlichten Ende durchaus fragen darf, ob eine deus-ex-machina in einem mechanischen Universum und auf einer gottgegebenen Queste nicht gerade einen passenden Abschluss schafft.

Fazit: "Die Räder der Welt" bieten ungewöhnlichen, zeitlich spät angesiedelten Steampunk, der sich vor allem auf die Mechanik konzentriert. Angereichert ist der Roman mit Elementen aus verschiedenen Genres wie Fantasy, Science-Fiction, Alternativhistorie und auch Theologie und Philosophie. Der Handlung nach ist "Mainspring" (Originaltitel) Entwicklungsroman und Entdeckungsreise. Ein ungewöhnlicher Steampunk-Roman, der aufgrund seines interessanten Weltentwurfs mehr als einen Blick wert ist!

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Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .


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Zitat(e) aus dem Buch

  • Vater unser, der Du bist im Himmel, / Handwerker sei Dein Name, / Dein Reich komm, / Dein Plan geschehe / Wie im Himmel, so auf Erden. / Vergib uns diesen Tag der Abweichung, / Wie auch wir vergeben unseren Abweichlern. / Führe uns nich in die Unvollkommenheit, / Sondern erlöse uns vom Chaos. / Denn Dein Geist ist die Antriebskraft und die Präzision / In Ewigkeit, Amen.

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