Nachtrausch
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Ciaras neueste Praktikantenstelle ist doch recht ungewöhnlich: ein Radiosender, der sich wirklich etwas aus ihr zu machen scheint und in ihrer Vergangenheit nachgeforscht hat, was Ciara eigentlich dazu bewegen sollte, gleich abzusagen. Doch da ist Shane, einer der DJs, dessen Augen Ciara geradezu magisch anziehen. Aber was soll sie von diesem merkwürdigen Sender halten? Shane sieht ja halbwegs normal aus, aber die restlichen DJs wirken wie aus der Zeitmaschine: eine Gothic-Braut mit Punk-Sendung; ein Hippie im Batik-Hemd; und eine Elvis-Kopie, die Rock’n’Roll im Stil der 50er bringt. Die Erklärung? Die DJs sind allesamt Vampire und in ihrem eigenen Jahrzehnt gefangen. Natürlich hält Ciara das für verrückt. Aber andererseits: Ist das nicht genau DIE Werbe-Masche, die der Sender braucht um sich vor der Übernahme zu retten?
Das Buch erhält 8 von 10 Punkten.
Vampir-Romane gibt es jede Menge und der Standard-Vampir ist inzwischen recht abgenutzt. Dass es auch in diesem Roman um Vampire geht, überrascht kaum. Originell sind hingegen einige Elemente mit denen Jeri Smith-Ready ihre Vampiren versieht, und die sie vom „normalen“ Vampir abheben.
Standardvampire und Eigenheiten
Der heutige Vampir hat sich von dessen Urbild klar gewandelt und im Grunde fügt sich auch „Vampire Souls“ diesem modernen Vampirbild: Nach wie vor vertragen sie keine Sonne, trinken Blut, sind übernatürlich stark und haben eine besondere Anziehungskraft. Aber diese Reihe fügt dem Vampir neues Element hinzu: Vampire leben in ihrer eigenen Zeit; ihnen fehlt die Verbindung zur Gegenwart.
Der Job als DJ soll ihnen dazu dienen, diese Verbindung zu schaffen, durch Verlesen aktueller Berichte und dergleichen. Das klingt nach einem ruhigen Job und „Nachtrausch“ ist auch eher ein ruhiger Roman. Thrill und Spannung kommen nur in wenigen Passagen auf, wobei der Roman jedoch nie langweilt. Die Autorin lässt sich jedoch Zeit beim Erzählen und wiederholt einiges, wobei die Musik besonders im ersten Drittel eine besondere Atmosphäre schafft.
Handlungs-Drittel: Auftakt, traditionelle Vampire und Massenradio
Natürlich bleibt das Vampir-Projekt nicht problemfrei. Während sich die Liga zur Kontrolle der Vampire damit begnügt, skeptisch zu sein, hat der uralte Vampir Gideon eine deutlichere Meinung und lässt es Ciara und Co wissen: Nach einem ersten Drittel ohne unmittelbare Bedrohung wird der Roman düster, geht fast schon ins Horror-Genre über. Gideon hat klare Vorstellungen, wie sich Vampire verhalten sollen und übt starken Druck auf den Radiosender aus. Leider bleibt er dabei in der unsympathischen Rolle a la „dunkler Prinz“: seine Motivation ist bestenfalls vage, er ist schlicht der „böse alte Vampir“.
Der mundane Konflikt des Romans, die drohende Übernahme durch den Massensender, wird bereits im ersten Drittel etabliert, schläft aber erst im letzten Drittel durch. Es gilt nun, die Übernahme endgültig abzuwehren, wobei Ciaras Vorgeschichte eine tragende Rolle spielt.
Jedes dieser Drittel färbt den Ton des Romans deutlich: von einer lockeren und witzigen Atmosphäre geht es zu dunklem Horror und abschließend zu wiederum leichterer Ganovengeschichte – der ursprüngliche Witz mitsamt Schlagfertigen Entgegnungen will jedoch (leider) nicht zurückkommen und auch die Musik wirkt zuletzt eher sekundär.
Charaktere: Schwächen, Entwicklung, und Lovestory.
Ganovengeschichte am Ende, wie das? In einem Satz: Die Ich-Erzählerin Ciara ist eine Trickbetrügerin. Um ihr das abzunehmen braucht es allerdings ein bisschen guten Willen, allzu oft wirkt sie naiv und unerfahren. Das mag eine gute Masche für Trickbetrüger sein, aber dieses Verhalten erstreckt sich auch auf ungezwungene Situationen. Mit gutem Willen kann man allerdings eine Begründung finden: Ciara fehlten in ihrem gesamtem leben dauerhafte Sozialkontakte; die Maxim war, schnell zu nehmen was man kann und dann zu verschwinden, bevor es überhaupt bemerkt wird. Dennoch wirken beispielsweise die Zänkereien mit einer ehemaligen Schulkameradin (die natürlich für den Konkurrenten Skywave arbeitet) sehr teeniehaft – und Ciara ist 24. Erfreulich ist jedoch, dass Ciara keine perfekte Heldin ist sondern ihre Schwächen hat.
Nervig jedoch fand ich die nahezu unvermeidliche Love-Story. Hier muss Ciara ihre Bindungsängste überwinden und dauerhaftes Vertrauen zu Shane fassen, der seinerseits beginnt, sich in die Gegenwart einzufügen. Trotz dieser beginnenden Charakterentwicklung bleiben die Figuren jedoch relativ blass, insbesondere die verbleibenden DJs. Gerade diese sind jedoch echte Unikate und hätten viel mehr Raum verdient – zwar spielt ihre Vergangenheit in Teile der Geschichte hinein aber nur in geringem Ausmaß. Gerade in einem Roman, der wenig auf Action setzt hätten diese Figuren mehr Raum erhalten dürfen; einige Wiederholungen hätten für komplettere Vampire gerne entfallen dürfen. Ein solider Vampirroman mit neuem Toch bleibt „Nachtrausch“ trotzdem.
„Nachtrausch“ ist der Auftakt einer Vampir-Reihe mit einem originellen neuen Element, dessen Fokus nicht auf Action und Spannung liegt sondern auf Umfeld und Charaktere, auf deren Entwicklung man jedoch für weitere Bände hoffen muss. Markant sind die zeitgebundenen Vampire und die Verortung in der Musikszene.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
Zitat(e) aus dem Buch
- "Tagwandler. Sonnenkinder. Wie nennt ihr uns hinter unserem Rücken?" "Abendessen."
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