Asylon
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Asylon ist die letzte Stadt der Erde. Nach einer Klimakatastrophe, dem "Surge", gibt es außerhalb der automatisierten Verteidigungsringe nur wüstes Land und hungernde Heerscharen. Das zumindest denken die Bewohner Asylons. Erste Zweifel kommen Masterleveller Torn, als er eine Leiche im Minenfeld um die Stadt entdeckt – und die Person war auf dem Weg nach draußen. Aber warum? Auch andere Fragen kommen auf und die bekannten Antworten machen keinen Sinn. Als Torns Frau und sein Sohn verschwinden und er zusätzlich noch seiner Position beraubt wird, findet er sich inmitten eines Geflechts von Intrigen und Mord, das weit über die konkurrierenden Clans Asylons hinaus geht. Neue Antworten könnte der seltsame Ordo Lucis bringen – oder die Welt außerhalb Asylons.
Das Buch erhält 8-9 von 10 Punkten.
"Asylon" erscheint unter dem Label Piper Fantasy – aber diese Zuordnung ist problematisch. "Thriller" passt – sagt aber kaum etwas aus. Zu Beginn seien daher drei klare Punkte festgehalten: 1. Asylon ist spannend. 2. Asylon ist gelungen. Und 3. ist Asylon am treffendsten mit dem Ausdruck zu bezeichnen, den der Autor für einen "Germanisten-Albtraum" hält: eine postapokalyptische Dystopie und damit ein Trendgenre.
Die letzte Stadt der Menschheit
Die letzte Stadt der Menschheit, rund herum nur verheertes Land. Die Technologie der Stadt funktioniert, doch wie lange noch? Das Szenario beginnt düster und nicht unbekannt: so ähnlich kennt man verschiedene Szenarien. Die Gesellschaft Asylons ist hierarchisch organisiert: Clans beherrschen die Stadt. Der Hauptcharakter Torn nimmt die Position eines Masterlevellers ein, was sich am treffendsten mit "Meister-Angleicher" übersetzen lässt. Er und seine Einheit sorgen für eine Balance zwischen den Clans. Im Gegensatz zu regulärer Polizei gehören für sie aber auch Attentate, Sabotage und ähnliches zum offiziell anerkannten Repertoire. Das heißt natürlich nicht, dass diese Arbeit keine Feinde macht…
Asylon als einzige verbleibende Stadt der Menschheit nach einer Klimakatastrophe macht den Roman zu einer postapokalyptischen Dystopie, also einer Geschichte die nach dem Untergang der Welt, wie wir sie kennen, spielt. Viele Elemente rücken den Roman Richtung Science Fiction: Es gibt hochentwickelte Technologie – aber wie lange kann eine einzelne Stadt diese am Laufen halten? Woher sollen Ressourcen kommen? Der Verfall ist in Asylon sichtbar und die Technologie vom heutigen Standpunkt nachvollziehbar – sowohl Klima-Katastrophe als auch private Sicherheitsfirmen im Endspiel kann man aus heute aktuellen Ängsten extrapolieren. Auf Mystik hingegen – die den Roman Richtung Fantasy ziehen würde – verzichtet der Roman: Der "Ordo Lucis" könnte diese Rolle erfüllen ist aber eher weltlich als mystisch eingestellt. Und der "Gote" in voller Rüstung macht aus "Asylon" auch keinen Ritter-Roman.
Spannung: Wechselnde Perspektiven und lange Unklarheit
Dass mit Asylon etwas nicht stimmt, erkennt man schnell. Es gelingt dem Autor jedoch, den Leser lange darüber im Unklaren zu lassen, was genau dies ist. Dazu nutzt er viele Perspektivenwechsel, auch mit den Perspektiven der Schurken, die hier jedoch nichts zur Lösung beitragen. Diese Rollen sind eindeutig verteilt: Torn ist der primäre Protagonist und Rygor wird schnell als sein direkter Gegenspieler etabliert. Zusätzlich zu diesen bekommen viele Nebenfiguren Raum und Perspektive, sei es Torns Frau Yvette oder Rygors Lakaien. Auch dass einige Personen verschiedene Namen tragen, trägt zur Verdeckung des Geschehens bei. Dies ist allerdings ein zwieschneidiges Schwert: Es macht im Rückblick Sinn, aber im zweiten Drittel kommt es doch zu einer recht großen Masse an Tatsachen-Enthüllungen, die zudem recht ungünstig durch Vorlage von Dokumenten erfolgen; und mancher Leser fühlt sich auch persönlich getäuscht, wenn zwei Namen sich mit einem Mal als die gleiche Figur herausstellen.
Die zentralen Fragen: Woher nimmt Rygor stets genug Benzin? Warum leiden alle Bewohner Asylons an Amnesie? Wann genau fand diese Klimakatastrophe eigentlich statt? Einige Geschichten sind miteinander schlicht unvereinbar.
Zum Ende des Romans werden immer mehr dieser Fragen aufgeklärt; nicht immer für Torn aber zumindest für den Lesern. Erneut nutzt der Autor hier den Perspektivwechsel zwischen den Figuren, der (da schon früh eingeführt) auch nicht künstlich wirkt - allerdings gibt es durchaus recht viele Enthüllungen. Stattdessen sind die Wechsel Bestandteil eines flüssigen und schnellen Stils. Zu den Perspektivwechseln passt auch die Unterteilung des Romans: Neben größeren Abschnitten und Kapiteln gibt es sehr viele "Unterpunkte" die zum typischen "Nur noch ein Stück weiter!" führen. Vergleichen kann man den Roman in dieser Hinsicht durchaus mit einem Hollywood-Thriller, der einen mitreißt. Allerdings geht dieser Vergleich auch in eine andere Richtung: tiefe Philosophie ist Asylon nicht und auch auf die Klimawandel-Problematik wird nicht eingegangen, wozu sich mancher Autor sicher hätte hinreißen lassen. Stattdessen bleibt der Roman fokussiert auf der Frage, was in Asylon falsch läuft.
Eskalation am Ende
Eine Schwäche des Buchs war für mich das Ende. Eine Eskalation jagt hier die nächste und im Vergleich zur Vorangehenden "Rätsel-Handlung" ist dies fast schon ein Stilbruch. Jenes Rätsel ist zu diesem Zeitpunkt aufgeklärt. (Wirklich neu? Nein – aber das stört selbst dann nicht, wenn man früh auf den richtigen Gedanken kommt.) Statt heimlicher Forschung und Flucht – immer wieder auch mit Action – gibt es im Finale jedoch geradezu eine "Schlacht" mit mehreren (Para-)Militäreinheiten samt neuem Supernapalm. Mehrere Armeen gegen eine Person – das ist dann doch eher übertrieben, worüber auch die Aussage, dass die Jungs "mal Action brauchen" nicht hinwegtäuschen kann.
Die große Verschwörung wird sehr schnell zusammengefasst, der Leser schon seit längerem mit einzelnen Details angefüttert. Recht mau enthüllt der Big Bad alles und im Nachspann werden die Hintermänner zur Rechenschaft gezogen. (Über die weitere Welt erfährt man allerdings nichts.) Um zum Hollywood-Vergleich zurückzukommen: Es wirkt, als sei nach dem Militärfeuerwerk das Budget ausgegangen und es müsse nun schnell abgeschlossen und veröffentlicht werden. Das kann man teilweise auch auf die Figuren ausdehnen, die nie mehr als Typen werden. Ja, Spannung ist bis zuletzt da. Fast - zu Beginn der "Militärschlacht" verlor ich dann doch noch die Lust. Der Beginn von "Asylon" deutlich stärker als das Ende.
Fazit: Asylon ist nicht perfekt, das gilt für die Stadt wie auch den Roman. Dieser bietet jedoch in jedem Fall Spannung für alle Fans von postapokalyptischen Dystopien, die leicht Richtung SF tendieren. Als Schwäche angelastet werden kann "Asylon" das Ende, das ganz anders wirkt als der Rest des Romans und für mich ein wenig unbefriedigend war. Bis dahin hat man jedoch etwa 400 Seiten spannende Unterhaltung gehabt – in vermutlich viel kürzerer Zeit als man erwartet.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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