Dämonenzeit
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Die Inquisitoren sind tot, Lilith ist zwischen die Dimensionen verbannt und Baazlabeth ist neuestes Mitglied des Kleinen Rates. Und er hat alle Hände voll zu tun: es gilt, eine Prophezeiung zu erfüllen und eine Welt in Finsternis zu stürzen. Sieben Sünden sollen Sieben Tugenden gegenüber treten – aber alles was Baazlabeth kriegt sind Jammergestalten, die sich lieber verkriechen und verstecken statt Unheil und Schrecken zu säen, wie es sich gehört. Und die Tugenden? Die lassen sich nicht einmal blicken! Stattdessen marschiert das Heer des Königs auf Brisenburg zu und setzt es unter Belagerung – und auch Amez, Herr des Chaos und der Schatten, ist von Baazlabeths "Fortschritten" wenig angetan.
Das Buch erhält 7 von 10 Punkten.
Wenn sich die personifizierten Sünden und Tugenden treffen, dann kann man mit typischen Figuren rechnen – schließlich sind Sünden und Tugenden extreme Ausprägungen einer Eigenschaft. Als Hochmut treibt Baazlabeth es natürlich auf die Spitze - und ruiniert es ebenso vorhersehbar.
Sünden und eine Prophezeiung
Der Plot ist im Grunde einfach vom Vorgänger weiter gesponnen: Baazlabeth sitzt in Brisenburg fest (die Landkarte im Buch erscheint recht witzlos) und weiß inzwischen von der Prophezeiung und will diese erfüllen. Wo man den Zusammenprall von Gut und Böse erwartet bleibt dieser aber aus: Selbst der Kriegerdämon Baazlabeth "spielt Mensch" und hält sich mit Morden zurück. Die Hauptperspektive ist Baazlabeths, gelegentlich wechselt diese aber zu den anderen Sünden, die überzeugend wirken – und auch durchaus interessante Ideen mit sich bringen. Zwar kommt immer wieder Humor auf, aber das Setting ist düster: Brisenburg ist am verfallen, der Fürst pleite; immer wieder geschehen Morde, Unheilspropheten stehen an jeder Ecke und die Belagerung macht es auch nicht angenehmer, zumal jede Gegenwehr eine Farce ist. Brisenburg steht vor dem Ruin und die Menschen kauern sich zusammen. Vor diesem Hintergrund ist es klar, dass der Humor wie zuvor schon schwarz und zynisch ist.
Aber es gibt eine Prophezeiung. Prophezeiungen sind ja bekanntermaßen rätselhaft und mehrdeutig und erfüllen sich vielleicht auch erst Jahrhunderte später – man weiß es eigentlich erst, wenn es tatsächlich passiert…. Oder man sorgt dafür, dass sie sich erfüllt.
Gut und Böse, Ordnung und Chaos
Das zumindest versucht Baazlabeth, ganz untypisch für einen Dämon der ansonsten schlicht metzelt was auch immer ihm im Weg steht. Schon im Prolog offenbart sich dem Leser jedoch, dass dieser Horde es mit ziemlicher Sicherheit versaut und überhaupt alles falsch versteht: Eine leblose Welt in Finsternis für Amez, den Herrn des Chaos, ziemlich sinnlos. Es ist erfrischend, dass es eben NICHT zur Endschlacht Gut gegen Böse kommt - es geht vielmehr um Ordnung und Chaos. Und sowieso: das selbsternannte Böse ist mit sich selbst genug beschäftigt. Auch ein weiteres Gegensatz-Paar spielt eine zentrale Rolle und fügt sich dezent in die Handlung.
Was ich hier einigermaßen breit trete nimmt im Roman nur wenige Szenen ein und ist ein Aha-Erlebnis, das der Prolog leider zu einem Teil vorweg nimmt. (Der Fairness halber: Würde Amez nicht dort auftreten, würde sein späterer Auftritt sehr abrupt wirken.) Apropos abrupt: Der Zweck einiger Figuren erschöpft sich doch recht schnell und ohne das ihre Rolle vollends klar wird. Aber Baazlabeth weiß eh alles besser
Schwächelnder Abschluss
Dabei erleidet auch der Dämon das (nahezu obligatorische) Schicksal vieler Roman-Charaktere: Die Menschen werden ihm sympathisch, allem voran der Wirt Dumpf, dessen Name ihn gut beschreibt – und auch andere Menschen hat Baazlabeth gern - aber so ein Wort würde er natürlich nicht einmal denken!
Diese Entwicklung ist vorhersehbar und mit ihr ist es auch der Abschluss des Romans, der weniger gelungen ist: Baazlabeth resigniert und entschließt sich, wenigstens noch einmal einen drauf zu machen. Ironischerweise (vorhersehbarerweise? Chaotischerweise?) erfüllt sich gerade dadurch die Prophezeiung – und das hätte von Anfang an geschehe können. Dennoch wirkt dies nicht wie ein deus-ex-machina: Es macht durchaus Sinn, dass es eben nicht so geschah und in ganz anderen Bahnen verlief. (Ansonsten wären die zwei Romane eine eher lasche Kurzgeschichte.) Der Epilog schließlich ist ein wenig trist, führt aber zum Anfang zurück: Ein Dämon, de nach einem Auftrag zwischen die Dimensionen zurückkehrt, wo er alles erschafft, was ist - ein solcher Dämon wird nun einmal kein Held - auch wenn er durchaus dessen Züge annimmt.
Fazit: "Dämonenzeit" schließt den Zweiteiler um Baazabeth und die Sieben Sünden in bekanntem Stil ab: Tiefschwarzer Humor vor dem Hintergrund einer Stadt, die immer weiter zerfällt. Die Perspektive ist die des Dämons und meist amüsant-absurd und konträr zum typischen Fantasy-Heldentum. Das zerfallende Brisenburg lässt den Roman trotzdem eher düster als lustig wirken. Wer "Dämonengold" mochte, darf hier weiterlesen. (Ein Einstieg macht keinen Sinn)
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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