Die verborgene Königin
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Als der Rote Dynan in der Schlacht fällt soll ihm seine erst neunjährige Tochter Anghara auf dem Thron nachfolgen. Doch ihr Halbbruder Sif reißt die Macht an sich. Anghara kann fliehen, aber sie einfach ziehen zu lassen kommt für Sif nicht in Frage: Zwar ist sie noch ein Kind aber auch die rechtmäßige Königin, zumal ein Dokument ihre Krönung bezeugt. Ein Versteckspiel beginnt und wiederholt muss Anghara fliehen, schließlich sogar aus ihrem eigenen Land. Anghara flieht ins Wüstenreich Kheldrin und erfährt, dass ihre Gabe weit mehr als "nur" das zweite Gesicht ist.
Das Buch erhält 7-8 von 10 Punkten.
"Die verborgene Königin" beginnt realistisch: Eine Schlacht, ein Usurpator mit einem halbwegs gerechtfertigtem Thronanspruch, eine Flucht. Die Handlung verzichtet auf Glorifizierung; Magie und Mystik gewinnen hingegen an Bedeutung. Nach rund zwei Dritteln wird auch spätestens klar, dass der Roman nur der Auftakt zu einer Serie ist - was nirgends Erwähnung findet. Zwar nimmt der Roman bekannte Zutaten auf, folgt aber nicht ganz dem Mainstream.
Langsame Handlung, Indirekte Erzählung
Die Handlung des Romans könnte der Beschreibung nach flott sein, voll mit Flucht- und Action-Szenen. Das Gegenteil ist der Fall, die Handlung eher langsam. Actionszenen bleiben aus. Auseinandersetzungen gibt es zwar auch jedoch vergleichsweise selten und dann vom Erzähler berichtend zusammengefasst. Dieser Erzähler hat zudem eine ungewöhnlich große Distanz zum Geschehen und wirkt oft recht unpersönlich: es gibt viel Erzählerbericht, wenig Dialog und wenig das konkret in „Echtzeit“ passiert. Ja, Handlung gibt es und sie schreitet voran: Monate und Jahre vergehen, oftmals gerafft. Unnötige Exposition findet man nicht (einiges kann man zwischen den Zeilen lesen), aber manche Zeitsprünge sind ohne Markierung ein wenig seltsam und unerwartet.
Realismus und Mystik ohne Heldentum
Abgesehen von diesem untypisch distanziertem Erzählstil beginnt "Die verborgene Königin" wie ein eher realistischer Fantasy-Roman mit quasi-mittelalterlicher Welt. Magie in Form des Zweiten Gesichts kommt bald hinzu, bleibt aber auf sehr geringem Niveau: Es fliegen keine Feuerbälle, es gibt keinen magischen Teleport. Später wird die fliehende Königin zwar zu einer Auserwählten der Götter und ihre Magie ist etwas Besonderes – aber auch dann bleiben Feuerbälle und dergleichen aus.
Auch abseits der Magie bleibt der Roman im Vergleich gerade mit epischer oder heroischer Fantasy sehr realistisch: Es gibt kein Heldentum, fast das Gegenteil ist der Fall. Über weite Teile ist die Protagonistin durch (echte oder eingebildete) Schuld getrieben. Ein weiterer Charakter träumt vom typischen Fantasy-Heldentum: er wird brutal desillusioniert, das Ideal des glorreichen Ritters mit ihm zermalmt. Landesweite Pogrome gegen Magiebegabte folgen bald und sind schlichtweg brutal und unmenschlich.
Charaktere und Motivation
Auffällig ist gerade in einem eher realistischen Setting, wie außergewöhnlich Anghara doch ist. Klingt es zunächst wie ein fast mittelalterlicher Roman, so wird Angahra dann doch zur Auserwählten der Götter – auch wenn diese darüber schweigen, was dies eigentlich heißt. Dies fällt aus dem Rahmen, denn ansonsten haben alle Charaktere eine durchaus nachvollziehbare Motivation: Der Ritter-in-spe stammt aus einer Adelsfamilie und will so in die Nähe des Königs gelangen; jener König ordnet Pogrome an – aber nicht aus Bosheit um der Bosheit willen sondern weil er durchaus nachvollziehbare Wut auf das Zweite Gesicht hegt. Logische? Nein, ganz sicher nicht, und dass er sich damit selbst zukünftige Probleme bereitet, erkennt Sif auch sofort.
Problematische Fremdheit: Wüsten-Sprache
Apropos Orakel: Zu einem solchen bricht Anghara auf. Nachdem sie wiederholt von Sif gefunden wird, flieht sie als Schülerin einer Mystikerin ins Wüstenreich Kheldrin. Jene Mystikerin wurde von den Göttern nach Roisinan geschickt ohne dass sie wusste weshalb, aber anscheinend um Angahra zu finden und mit sich zu nehmen. Ein Wüstenorakel zeigt dann bald dass es mit Anghara mehr auf sich hat als eine Königin im Exil
Die Darstellung der Wüste als fremd und ganz anders als das "Flussland" Roisinan gelingt der Autorin, auch die Entbehrungen, Gefahren und die Trockenheit. Arabisch angehauchte Namen tragen zu dieser Fremdartigkeit und dem Gefühl der Wüste (die man mit Arabien und 1001 Nacht schlicht verbindet) bei - stellen aber gleichzeitig ein Problem dar, insbesondere die Eigennamen. Sie klingen fremd und bereiten damit auch Probleme beim Auseinanderhalten mancher Charaktere. Mehrfach war ich nicht sicher wer genau wer ist. Das verursachte keine großen Probleme und an wichtigen Stellen folgte schnell Klarheit, aber mich störte es. Symptomatisch für diese Problematik: 11 Seiten Glossar mit Begriffserklärungen.
"Die verborgene Königin" ist ein eher realistischer low-Magic Roman, dessen Götterwelt jedoch gegen Ende immer relevanter wird. Typische glorreiche Helden gibt es nicht: Verfolgung, Pogrome und Entbehrungen sind vorherrschend. Action-Szeeindnen bleiben ebenfalls aus, was den Roman im Genrevergleich recht langsam macht. Ein Roman neben dem Mainstream für Leser die nicht nur erfolgreiche, strahlende Helden sucht - und auch keine Schurken, die nur böse sind um böse zu sein.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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